Das Reich der Dunkelelfen - Weltennebel
denn er hat Ehre bewiesen, was auch immer er in der Vergangenheit getan hat.«
Erleichtert ließ sich Darian wieder auf den Boden sinken und legte seinen Kopf auf Mias Oberschenkel. Es dauerte nicht lange, dann wurden seine Atemzüge tiefer, und er fiel in einen erschöpften, entspannten Schlaf.
Aramia war vollkommen ausgelaugt, aber unendlich erleichtert, Darian wohlbehalten wiedergefunden zu haben. Ohne ihn konnte sie sich ein Leben nicht vorstellen, der ganze Kampf um Albany wäre ihr sinnlos erschienen, hätte sie Darian nicht an ihrer Seite gewusst. Nach einer Weile bemerkte sie, wie ihr Vater sie prüfend beobachtete.
»Was ist?«
»Er bedeutet dir sehr viel, nicht wahr? Atorian hat mir erzählt, dass er und sein Bruder die Erben von Northcliff sind.«
Überrascht sah Aramia auf. Sie wunderte sich, dass Atorian so offen gesprochen hatte, und noch dazu einem Dunkelelfen gegenüber. Andererseits musste sie sich eingestehen, dass es sie nicht störte, denn auch sie begann langsam Vertrauen zu Zir’Avan zu fassen. Er hatte ihnen mehrfach geholfen, sogar sein Reich verlassen, um sie zu begleiten, und auch wenn ein Rest von Misstrauen gegenüber seiner Rasse blieb, glaubte sie nun zumindest, dass er ihnen keinen Schaden zufügen wollte. Das Bild, welches während vieler Sommer und Winter in ihrem Kopf entstanden war, hatte sich besonders während der letzten Wochen, die sie mit ihrem Vater verbracht hatte, stark geändert.
»Zir’Avan, du hast eine Enkeltochter«, erklärte sie aus einem plötzlichen Impuls heraus.
Zir’Avans Gesicht drückte große Überraschung aus. »Du hast ein Kind? Wo ist es, und wer ist der Vater?«
»Darian.« Liebevoll streichelte sie dem Schlafenden über die zerkratzte Wange. Anschließend erzählte sie von Leána und dass sie Ray’Avans Worten zufolge eine Portalfinderin sein musste. Die sonst so beherrschten und oft ausdruckslosen Züge Zir’Avans zeigten nun große Überraschung, und nachdem Aramia geendet hatte, umarmte er sie vorsichtig.
»Aramia, dein Vertrauen ehrt mich.«
Zwei Tage später trafen sie auf einen Suchtrupp vom Lager am Rannocsee. Atorian schloss seinen noch immer mehr tot als lebendig aussehenden Bruder erleichtert in die Arme, und auch Torgal, Nassàr und die anderen brachten ihre Freude zum Ausdruck. Edur verlangte von Darian andauernd, er solle mehr essen, und Nordhalan konnte kaum fassen, wie knapp die beiden Brüder dem Tod entgangen waren. Zir’Avan gegenüber verhielten sich alle sehr vorsichtig und misstrauisch, aber da Aramia für ihren Vater bürgte, behandelten sie ihn zumindest nicht feindselig.
Als Nordhalan erfuhr, dass Zir’Avan ein Alchemist war, hegte er die Hoffnung, dass er als dritter Zauberer fungieren konnte, um dabei zu helfen, das Portal am Stein von Alahant zu schließen, wie Merradann es ihnen geraten hatte. Doch Zir’Avan wandte ein, er sei kein sehr starker Magier, seine Kunst sei der Krieg, und die Herrscherfamilie habe ihn nur dazu überredet, als Alchemist zu arbeiten, da diese sehr rar waren im Unterreich. Dennoch entschlossen sie sich, es zu versuchen.
Tagilis, der von seiner Verletzung wieder vollständig genesen war, versprach, mit dem Geist von Veliah Kontakt aufzunehmen. Sie konnte Lilith bitten, Leána von der Nebelinsel aufs Festland zu bringen, damit sie bei der Suche nach dem Drachenportal helfen konnte.
»Vielleicht kann sie durch ihr geheimes Tor direkt aufs Festland zu Cadman, dem Wolfsvater, reisen«, schlug Mia vor. »Dort können wir sie abholen.«
»Das ist eine gute Idee.« Darian blickte nach Westen, wo die Sonne gerade glutrot über den Bergen unterging. Was würde dieser Sommer wohl bringen? Obwohl er sich sehr freute, Leána bald wiederzusehen, fühlte er auch, wie Furcht seine Kehle zuschnürte. Sollte Merlin Recht behalten, dann lag das Schicksal ganz Albanys in den Händen eines kleinen Mädchens. Und auch er selbst und seine Freunde würden ihren Teil zur Rettung ihres Volkes beitragen müssen. Würden sie dieser Aufgabe gewachsen sein? Würde es ihnen gelingen, Samukal zu bezwingen, das Portal von Alahant zu schließen und die Drachen zurückzuholen? Zu viele Fragen lagen ihm auf der Seele. Unwillkürlich griff er an die schmale Kette an seinem Hals. Auch wenn der silbrige Staub ihm im Unterreich keine Hilfe gewesen war, so musste er doch eine Bedeutung haben.
Die Lösung kommt mit dem Frühlingswind, hatten die Elfen zu Nordhalan gesagt, aber ob dem so war, würde sich erst noch zeigen
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