Das Reich des Lichts
tun.“
„Und was willst du sie fragen?“
„Das kann ich nicht sagen, Herr“, flüsterte der Spitzel. „Das ist mein großes Geheimnis.“
„Gut, dann will ich nicht weiter in dich dringen. Im Grunde ist es mir auch egal. Du und ich, wir haben nur den einen Wunsch: zu töten! Und wir werden unseren Traum verwirklichen.“
„Es ist kein Traum, Herr. Es ist ein immer wiederkehrender Albdruck.“
„Ja, du hast recht. Rache ist eine Sucht. Solange man sie nicht gestillt hat, vergiftet sie einem das Blut … Aber jetzt sag mir endlich, wer die Rädelsführer sind. Nenn mir ihre Namen!“
***
„ W AS IST LOS?“, fragte Arturo beunruhigt, als er seine Freunde miteinander tuscheln hörte.
„Soldaten versperren uns den Weg“, erklärte Crispín. „Eine ganze Hundertschaft schwer bewaffneter Soldaten!“
„Wer sind sie?“
„Es sind die Männer meines Mannes“, antwortete Astrid, „mit ihm an der Spitze. Er will sich rächen!“
„Aber … er lag doch im Sterben, als wir ihn verlassen haben“, stammelte Crispín ungläubig.
„Rugiano ist kein normaler Mensch. Er hat mehrere Leben. Finstere Mächte stehen ihm zur Seite.“
„Das ist unmöglich“, mischte Amedia sich ein. „Wenn du von einem Dolch durchbohrt wirst, stirbst du. Und wenn du stirbst, bist du tot. Alles andere ist Legende. Tote sind tot und erwachen nicht wieder zum Leben.“
Arturo lachte in sich hinein. Er kannte jene finsteren Mächte und das, wozu sie fähig waren, nur zu genau. Auch wusste er, dass nicht alle, die von einem Dolch durchbohrt wurden, auch wirklich tot waren. Er selbst hatte das am eigenen Leib erfahren, als Graf Morfidio ihn in der Schwarzen Grotte erstochen hatte. Deswegen klangen Amedias Worte in seinen Ohren naiv.
„Rugiano nährt sich von Blut“, erklärte Astrid weiter. „Er wird einige seiner Männer geopfert haben und wieder zu Kräften gekommen sein. Jetzt ist er lebendiger denn je!“
„Und ich dachte, all diese Geschichten über Auferstehung und Unsterblichkeit seien nichts als Ammenmärchen“, meinte Dédalus.
„Wegen solcher ‚Ammenmärchen‘ wollte man mich töten“, erwiderte Horacles. „Mein Blut sollte dem König geopfert werden. Was Astrid erzählt, ist wahr. Rugiano lebt vom Blut der anderen. Und das der Alchemisten bekommt ihm besser als alles andere.“
„Er hat einen seiner Säuberungstrupps dabei“, sagte Astrid, als sie Ritter Borgón erkannte, „seine grausamsten Krieger.“
Arturo zückte sein alchemistisches Schwert und sagte: „Egal, wer es ist, wir werden diese Schlucht durchqueren, und niemand kann uns daran hindern. Seid ihr bereit?“
„Ja, Herr!“, rief Crispín. „Meine Keule und ich warten auf deinen Befehl.“
„Es sind viele“, warnte Königin Astrid die Freunde.
Arturo nahm die Gesichtsmaske ab und öffnete seinen Waffenrock.
„Ich versichere Ihnen, meine Dame, auch wir sind viele. Uns steht eine ganze Armee zur Verfügung … Adragón!“, rief er. „Mach dich bereit!“
Adragón löste sich von Arturos Stirn, und die Buchstaben folgten seinem Beispiel. In vorbildlicher Militärformation gaben sie der Gruppe Geleitschutz, bereit, sich dem Feind, der am Eingang der Schlucht auf sie wartete, entgegenzuwerfen. Dieser felsige Hohlweg war der einzige Zugang zum Tal der Drei Vulkane, in dem sich Arquitamius angeblich aufhielt.
„Was ist das denn?“, fragte Astrid verwundert, obwohl sie Adragón ja bereits kennengelernt hatte. „Was ist das für eine schwarze Magie, die du da praktizierst?“
„Das ist keine schwarze Magie, meine Dame“, antwortete Arturo. „Das ist die Macht der Buchstaben, die mir der Große Drache verliehen hat. Es hat nichts mit Hexerei zu tun.“
Astrid und Horacles waren fasziniert von dem fantastischen Kriegsheer, das die Alchemie hervorgebracht hatte. Auch Amedia und Dédalus staunten.
„Arquitamius hat mir von dieser seltsamen Macht erzählt“, sagte Horacles. „Aber sie ist größer und stärker, als ich es mir vorgestellt hatte.“
„Jetzt ist nicht die Zeit, zu reden“, mahnte Arturo, „sondern zu handeln. Macht euch zum Kampf bereit!“
Ermutigt von der beeindruckenden Anwesenheit der fliegenden Verbündeten und den kühnen Worten des blinden Ritters, nahmen alle ihre Waffen in die Hand.
„Achtung! … Vorwärts! Mit Adragón!“
König Rugiano, der sich wieder vollständig von seinen Verletzungen erholt hatte, kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Diese Verrückten wagten es, sich seinen hundert
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