Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Reigate-Rätsel

Das Reigate-Rätsel

Titel: Das Reigate-Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
neugierig und Phelps in einem finsteren, depressiven Zustand.
    »Mrs. Hudson hat sich selber übertroffen«, sagte Holmes und deckte den Deckel von einer Schüssel mit Curry-Huhn ab. »Ihre Kochkunst ist zwar begrenzt, aber als Schottin weiß sie genau, wie ein Mensch frühstücken sollte. Was haben Sie da, Watson? «
    »Eier und Schinken.«
    »Gut! Und was nehmen Sie, Mr. Phelps, Curryhuhn oder Eier? Oder wollen Sie sich selber bedienen?«
    »Danke, ich kann nichts essen.«
    »Ach was, probieren Sie die Schüssel, die vor Ihnen steht.«
    »Danke, ich möchte lieber nichts essen.«
    »Auch gut«, sagte Holmes mit einem schelmischen Augenzwinkern. »Aber vielleicht sind Sie so gut und tun mir eine Portion auf?«
    Phelps hob den Deckel von der Schüssel ab. Aber im gleichen Augenblick stieß er einen Schrei aus und starrte mit weißem Gesicht auf die Schüssel vor sich. Mitten auf der Platte lag, zu einem kleinen Zylinder zusammengerollt, ein graublaues Papier. Er griff danach, verschlang es mit den Augen, sprang auf und tanzte gleich darauf wie ein Verrückter im Zimmer herum. Er drückte das Papier an seine Brust und schrie und jubelte vor Vergnügen. Dann sank er schlaff und erschöpft in einen Sessel. Die Freude war zuviel für ihn gewesen. Wir mußten ihm Brandy einflößen, um eine Ohnmacht zu verhindern.
    »Na, na!« sagte Holmes und klopfte ihm beruhigend auf die Schultern. »Es war wohl doch ein bißchen schlimm von mir, es Ihnen in einer solchen Plötzlichkeit beizubringen. Aber Watson wird Ihnen verraten, daß ich kleinen dramatischen Aufführungen nie ganz widerstehen kann.«
    Phelps griff nach seiner Hand und küßte sie.
    »Gott segne Sie!« rief er. »Sie haben meine Ehre gerettet.«
    »Na ja, meine eigene stand ebenfalls auf dem Spiel, wissen Sie. Für mich ist es genauso schlimm, in einem Fall zu versagen, wie für Sie, einen Auftrag zu verderben.«
    Phelps verstaute sein kostbares Dokument in der innersten Tasche seiner Jacke.
    »Ich möchte zwar Ihr Frühstück nicht noch länger unterbrechen, aber ich sterbe vor Neugier zu erfahren, wie alles gekommen ist.«
    Sherlock Holmes trank eine Tasse Kaffee und wandte seine Aufmerksamkeit dann dem Schinken und den Eiern zu. Dann stand er auf, zündete eine Pfeife an und machte es sich in seinem Sessel gemütlich.
    »Ich werde Ihnen jetzt berichten, was ich zuerst tat und wie ich dazu kam, zu tun, was ich hinterher tat«, sagte er. »Nachdem ich Sie am Bahnhof verlassen hatte, unternahm ich einen herrlichen Spaziergang zu einem hübschen Surrey-Dörfchen, Ripley genannt. In einem Gasthof habe ich Tee getrunken, und weil ich ein vorsichtiger Mann bin, habe ich mir noch eine Flasche mit Tee füllen lassen und diese und einen Packen Butterbrote in meinen Taschen verstaut. Bis zum Abend blieb ich in dem Dörfchen. Dann machte ich mich wieder auf den Weg nach Woking.
    Als die Sonne unterging, befand ich mich auf der Straße, >Briarbrae< ge-genüber. Na ja, dort habe ich dann gewartet, bis die Straße ganz frei war, zu sehr befahren ist sie ja sowieso nicht.
    Und dann bin ich über den Zaun geklettert und so auf Ihr Grundstück gelangt.«
    »Aber das Tor war doch sicherlich offen!« stieß Phelps hervor.
    »Ja. Aber in solchen Sachen habe ich einen ganz besonderen Geschmack. Ich hatte mir diesen Platz ausgewählt, wo die drei Föhren stehen. In ihrem Schutz kletterte ich hinüber, denn ich wollte völlig sicher sein, daß niemand vom Haus aus mich beobachten konnte. Zwischen den Büschen kroch ich auf allen vieren - voran. Schauen Sie doch bloß mal, wie die Knie meiner Hose aussehen! Ich arbeitete mich also so voran, bis ich zu einem dichten Rhododendrongebüsch kam, direkt vor Ihrem Schlafzimmerfenster. Dort hockte ich mich nieder und wartete der Dinge, die kommen würden.
    Die Läden in Ihrem Zimmer waren noch nicht verschlossen. Miss Harrison saß am Tisch und las.
    Um Viertel nach zehn Uhr klappte sie das Buch zu, befestigte die Läden und zog sich zurück. Ich hörte, wie sie die Tür schloß. Ich bin völlig sicher, auch gehört zu haben, wie sie den Schlüssel im Schloß umdrehte.«
    »Den Schlüssel?!« rief Phelps fragend.
    »Ja. Ich hatte Miss Harrison Anweisung gegeben, die Tür von außen zu schließen und den Schlüssel mit sich ins Bett zu nehmen. Sie hat meine Anweisungen pünktlich und genau ausgeführt. Ohne ihre Hilfe wäre das kostbare Papier jetzt nicht in Ihrer Tasche. Sie ging dann fort, das Licht war verlöscht, und ich hockte einsam und

Weitere Kostenlose Bücher