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Das Reigate-Rätsel

Das Reigate-Rätsel

Titel: Das Reigate-Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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allein im Rhododendronbusch.
    Es war eine schöne, milde Nacht, aber die Wache war trotzdem ein bißchen mühsam. Natürlich machte sich da zunächst einmal die Aufregung breit, die ein Jäger fühlt, wenn er neben dem Strom liegt und auf das große Wild wartet. Es hat aber lange gedauert, Watson, sehr lange. Es dauerte fast so lange wie damals, Watson, als wir zusammen in jenem tödlichen Zimmer hockten und warteten. Damals haben wir das kleine Problem um das gesprenkelte Band gelöst. Die Turmuhr in Woking schlägt die Viertelstunden an. Nun, ich dachte, daß zwischendurch die Turmuhr stehengeblieben war, so langsam verging die Zeit. Aber schließlich, so um zwei Uhr herum, hörte ich einen vorsichtigen Laut. Ein Schlüssel drehte sich im Schloß, und ein Riegel wurde zurückgeschoben. Einen Augenblick später wurde die Tür des Seiteneingangs geöffnet, und Mr. Joseph Harrison trat hinaus in den Mondschein.«
    »Joseph!« stieß Phelps hervor.
    »Er trug keine Kopfbedeckung, aber um seine Schultern war ein schwarzer Umhang gelegt, mit dem er im Augenblick, falls etwas schiefgehen sollte, sein Gesicht bedecken konnte. Im Schatten der Wand schlich er auf Zehenspitzen dahin. Als er das Fenster erreicht hatte, schob er ein langes Messer durch den Spalt in das Schiebefenster und löste so den Riegel von innen. Dann öffnete er das Fenster und schob das Messer in eine Spalte in den Laden, schob die Stange hoch, mit dem der Laden gesichert war, und bald war auch dieses bewältigt. Von der Stelle aus, wo ich lag, hatte ich einen guten Überblick über das Zimmer. Ich konnte jede seiner Bewegungen verfolgen. Er zündete die zwei Kerzen auf dem Kamin an, und dann schob er in der Nähe der Tür den Teppich zurück. Schließlic h bückte er sich und hob eine breitere Holzplanke heraus. Ein solches Stück wird meistens so gelegt, daß ein Klempner an die Gasleitung heran kann. Hier jedenfalls lag das T-Stück, das die Küche mit Gas versorgt. Aus diesem Versteck zog er diesen kleinen Papierzylinder, legte die Holzplanke wieder zurück, arrangierte den Teppich neu, blies die Kerze aus und lief direkt in meine Arme, denn ich wartete am Fenster auf ihn.
    Nun, dieser Master Joseph ist gewalttätiger und bösartiger, als ich es erwartet hatte. Er stürzte sich mit dem Messer auf mich. Ich mußte ihn zweimal greifen und bekam einen Schnitt auf der Hand ab, bis ich ihn überwältigt hatte. Als ich mit ihm fertig war, konnte er nur noch auf einem Auge sehen, aber aus diesem Auge sprühte Mordlust. Aber er hatte dann doch Verstand ge nug, mir die Papiere zu übergeben. Als ich die Papiere hatte, ließ ich den Mann laufen. Aber am nächsten Morgen habe ich alle Einzelheiten an Forbes telegraphiert. Wenn er schnell genug ist, seinen Vogel zu fangen, dann hat er Glück gehabt. Aber ich habe so meinen Verdacht, daß er das Nest leer findet, und das ist vielleicht für das Innenministerium auch besser so. Ich nehme an, daß weder Lord Holdhurst noch Mr. Percy Phelps daran gelegen sein wird, wenn diese Geschichte vor Gericht kommt. «
    »Mein Gott«, rief unser Klient atemlos, »wollen Sie wirklich sagen, daß während all dieser zehn Wochen Schmerzen und Krankheit und Kummer die Papiere die ganze Zeit bei mir im Zimmer gewesen sind?«
    »Genauso war es.«
    »Und Joseph, Joseph ein Verbrecher und ein Dieb.«
    »Hm, ja. Ich denke, Josephs Charakter ist komplizierter und schwieriger, als jemand, der sich von äußeren Erscheinungen leiten läßt, annehmen könnte. Er hat, wie ich heute morgen aus ihm herausbekam, ziemlich viel durch Spekulatione n an der Börse verloren. Er war bereit, alles zu tun, um seine geldliche Lage auzubessern. Er ist der absolute Egoist. Weder das Glück seiner Schwester noch Ihr guter Ruf interessierten ihn, als er seine Chance sah. «
    Percy Phelps sank in seinen Sessel zur ück.
    »In meinem Kopf schwirrt es«, stöhnte er. »Ihre Worte machen mich schwindelig.«
    »Die Hauptschwierigkeiten in Ihrem Fall lagen darin«; sagte Holmes auf seine belehrende Weise,
    »daß zu viele Hinweise vorhanden waren. Das Wichtige wurde von Unwichtigem zugedeckt.
    Von allen Fakten, die uns präsentiert wurden, brauchten wir uns nur diejenigen herauszupicken, die wirklich wichtig waren, und diese zu einem Ganzen zusammenzufügen, um so eine bemerkenswerte Kette von Ereignissen zu bekommen. Ich habe Joseph schon im Verdacht gehabt, als Sie erwähnten, daß Sie mit ihm gemeinsam hatten heimfahren wollen. Schließlich war es doch

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