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Das Reliquiar

Das Reliquiar

Titel: Das Reliquiar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Seymour
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Halunke sein, aber er versteht es zweifellos, die Interessen der Serenissima zu wahren. Während Eures Kampfes gegen den Tod sind schreckliche Dinge geschehen, die nie mehr vergessen werden können. Von dieser unermesslichen Tragödie wird sich Konstantinopel nicht erholen.«

Syrische Wüste, 27. September 2006
    Mit dem Einbruch der Nacht hörte der Sandsturm schließlich ganz auf.
    Die Geiseln waren mit ihren Kräften am Ende, hofften aber auf baldige Rettung. Ihre Situation hatte sich verschlechtert, nachdem der Generator ausgeschaltet worden oder durch einen Defekt ausgefallen war – sie saßen im Dunkeln, und die Luft wurde immer stickiger. Seit einem Tag hatten sie nichts zu essen oder zu trinken bekommen und litten an Dehydration. Tiefe Stille folgte dem Zischen des Windes und dem Knistern des Sandes.
    Draußen war es so finster, dass man nicht einmal das nächste aus Fertigteilen errichtete Gebäude sehen konnte, wie Elena feststellte, als sie aus dem kleinen Rechteck des Fensters spähte. Mit einem leisen Seufzen wischte
sie sich den Schweiß von der Stirn und strich das feuchte Haar zur Seite, lehnte sich dann an die Wand und sank neben Dino zu Boden. Die anderen beiden konnte Elena nicht sehen, nahm aber an, dass sie schliefen – sie schwiegen schon seit einer ganzen Weile. Durst plagte sie, doch sie versuchte, nicht daran zu denken. Sie fragte sich längst nicht mehr, was die Männer machten, die sie gefangen genommen hatten. Sie hielt es für sinnlos, sich mit Fragen zu quälen, die nicht beantwortet werden konnten.
    Dino berührte sie am Arm. »Warum versuchst du nicht, ein bisschen zu schlafen?«
    »Ich bin zu nervös.«
    »Das bin ich auch. Und zornig. Man hat uns versichert, dass die Arbeiter zuverlässig sind. Aber sieh nur, was sie angestellt haben!«
    »Es war dumm von uns, allen einfach so zu glauben.«
    »Wir arbeiten nicht zum ersten Mal im Nahen Osten, aber so etwas ist noch nie passiert.«
    »Bisher nicht, doch das Risiko ist immer groß. Diesmal haben die anderen gewonnen, aber wenn sie glauben, dass die Sache damit erledigt ist, liegen sie falsch.« Elena rieb sich die müden Augen. »Wenn ich daran denke, dass wir kurz vor einer sensationellen Entdeckung standen … Ist dir eigentlich klar, was für eine Gelegenheit uns entgangen ist? Wir waren dabei, ein Fundstück ans Licht zu bringen, das fast ebenso legendär ist wie die Bundeslade, wenn auch weitaus weniger bekannt. Ich werde keine Ruhe finden, bis ich nicht bewiesen habe, dass der Löwenthron existiert und hier unter dem Sand begraben liegt.«

    »Derzeit geht es mir vor allem darum, meine Haut heil nach Hause zu bringen«, sagte Dino.
    »Dagegen habe ich nichts.« Elena lächelte im Dunkeln. »Wir kommen hier lebend raus, das garantiere ich dir.«
    »Glaubst du an Gott?«, fragte Dino plötzlich.
    »Ja«, antwortete Elena. »Ich bin keine Frömmlerin, aber ich komme aus einer Familie mit festen religiösen Prinzipien. Nach dem Tod meiner Eltern bin ich auf ein Schwesterninternat gegangen, und das hat meinen Glauben gefestigt. Der Glaube an Gott hat mir in vielen Fällen geholfen.«
    »Auch jetzt, nehme ich an.«
    »Gerade jetzt.«
    »Und das macht dich so stark?«
    »Wenn du mit ›stark‹ meinst, auch in schwierigen Momenten nicht zu verzagen... Ja, dann bin ich wohl stark. Aber ich bin nicht aus Stahl, wie manche Leute meinen. Zum Beispiel... Du weißt doch, dass ich recht gut reiten kann, nicht wahr?«
    »Keine falsche Bescheidenheit. Du hast praktisch alles gewonnen, was man gewinnen kann.«
    Elena lächelte. »Nun, gerade bei den Reitwettkämpfen habe ich gelernt, meine Emotionen unter Kontrolle zu halten. Das muss man, wenn man gewinnen will. Notwendig sind Konzentration und starke Nerven, abgesehen natürlich von einer guten Vorbereitung. Der Sport hat mich viel gelehrt, aber ich muss zugeben: Diese Arbeit stellt mich sehr auf die Probe. Man weiß nie, was passieren kann, auch wenn man alles selbst organisiert hat.«
    »Ist das nicht auch bei einem Wettkampf so?«

    »Bei einem Wettkampf kann man sich schlimmstenfalls verletzen. Bei dieser Arbeit hingegen kann alles passieren; und dazu gehört eben auch, dass man von einigen Fanatikern als Geisel genommen wird.«
    »Glaubst du, sie haben ein Lösegeld für uns gefordert?«, fragte Dino.
    »Keinen blassen Schimmer«, sagte Elena. »Wann kommt endlich Hilfe? Wir warten seit einer Ewigkeit.«
    Sie hörten, wie sich die anderen beiden bewegten und näher kamen. Sandro fluchte,

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