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Das Reliquiar

Das Reliquiar

Titel: Das Reliquiar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Seymour
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Wissenschaftler, auch wenn seine Verdienste nicht immer die gebührende Anerkennung finden. Es gibt Leute, die die Bedeutung seiner Forschungen nicht erkennen und ihn für kaum mehr als einen Scharlatan halten.«
    »Kann ich mir vorstellen«, erwiderte Elena und lächelte. »Die vielen zwielichtigen Gestalten auf diesem Gebiet bringen all diejenigen in Misskredit, die sich ernsthaft mit solchen Phänomenen beschäftigen. Hinzu kommt das Misstrauen der akademischen Welt und der Presse. Wie soll man auch nicht schmunzeln, wenn sich eine Hausfrau in Trance für Messalina hält?«
    Nicholas warf ihr einen Blick zu. »Bist du auch skeptisch?«
    »Keine Ahnung. Ich fürchte, ich weiß nicht genug, um mir ein Urteil erlauben zu können. Dein Professor Walton ist sicher ein seriöser und kompetenter Wissenschaftler,
aber ich bezweifle, dass es wirklich möglich ist, in der Zeit zurückzukehren und die eigene Vergangenheit noch einmal zu erleben. Und wenn es doch möglich wäre … Würde es nicht Folgen für die Gegenwart haben? Welche Auswirkungen ergäben sich aus dem Wiedererwachen eines Urbewusstseins im Denken und Empfinden einer Person, die sich so einem Experiment unterzieht? Besteht nicht das Risiko, den Kontakt zur Realität zu verlieren?«
    »Normalerweise vergisst der Patient das in der Vergangenheit Erlebte oder hält es für eine Art Traum. Und die gesammelten Daten bleiben anonym, wenn sie veröffentlicht werden.Alles geschieht mit größtem Respekt dem Patienten gegenüber und mit Rücksicht auf seine geistige und körperliche Gesundheit.«
    »Du machst mich neugierig.«
    »Das freut mich«, sagte Nicholas. »Wenn du möchtest, stelle ich dich dem Professor vor.Vielleicht gibt er dir die Möglichkeit, an einer Sitzung teilzunehmen.«
    »Ja«, erwiderte Elena. »Das würde mir gefallen.«

Brondolo (Chioggia), 27. Juni 1204
    Der Tag begann vielversprechend.
    Die Stürme der vergangenen Woche waren nur noch eine Erinnerung, und die Sonne schien über dem ruhigen Meer. Sanfter Wind kräuselte die Wasseroberfläche.
    Das Boot schaukelte auf den Wellen, während Antonio und seine beiden Söhne die Netze vorbereiteten. Sie warfen einige Köder ins Meer, warteten und aßen etwas. Anschließend brachten sie das größte ihrer Netze aus.
An dieser Stelle war das Meer voller Fische, und schon nach kurzer Zeit konnten sie das Netz, gefüllt mit silbrigen, zuckenden Leibern, wieder an Bord ziehen. Rasch leerten sie es und ließen es dann erneut ins Wasser.
    Auf diese Weise arbeiteten sie den ganzen Morgen und legten gegen Mittag eine Pause ein.Als das Boot fast bis zum Rand mit Fischen gefüllt war, beschloss Antonio zufrieden, früher als sonst heimzukehren. Zum letzten Mal holten sie das Netz ein und fanden zwischen den Sardinen, Sardellen und Makrelen ein glänzendes Objekt. Auf den ersten Blick war zu erkennen, dass es sich um einen wertvollen Gegenstand handelte, und Antonio und seine beiden Söhne rissen die Augen auf.
    Antonio streckte die Hand nach dem Objekt aus. »Seht nur!«, rief er und bewunderte das Funkeln der Edelsteine. Aber es regte sich auch Sorge in ihm. Wieso hatte dieses heilige Objekt auf dem Meeresboden gelegen, und warum war es ausgerechnet in sein Netz geraten?
    »Wie viel könnte das wert sein?«, fragte Angelo.
    »Bestimmt eine Menge«, erwiderte Antonio, nahm einen Lappen und trocknete den Gegenstand ab.Voller Ehrfurcht hielt er das goldene Kreuz in seiner großen, schwieligen Hand.
    »Was machen wir damit?«, fragte Luigi, der andere Sohn.
    »Keine Ahnung«, murmelte der Fischer.
    »Wir könnten es für viel Geld verkaufen«, schlug Angelo vor.
    Sein Vater richtete einen scharfen Blick auf ihn. »Das wäre eine Todsünde! Ein Sakrileg!«

    »Irgendetwas müssen wir damit machen«, sagte der Junge. »Behalten können wir es nicht. Wenn Gott gewollt hat, dass wir es finden, so hatte Er bestimmt einen Grund dafür, oder?«
    »Ich muss darüber nachdenken. Sei still und rudere. Wir kehren heim.«
     
    Gilbertos Augen wurden groß. »Wo hast du das her?«
    »Aus dem Meer«, sagte Antonio. »Es steckte im Netz.« Das Kreuz hatte ihm mehrere Tage und Nächte lang keine Ruhe gelassen, und schließlich war er auf den Gedanken gekommen, sich an den Priester zu wenden. Immerhin handelte es sich um ein heiliges Objekt, und au ßerdem hoffte er, dass ihm ein Mann der Kirche den besten Rat geben konnte. Angelo bestand auf einem Verkauf, aber die Vorstellung, ein religiöses Symbol zu verschachern, widerte

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