Das Rennen zum Mars
noch eine andere Möglichkeit.«
Viktor zuckte die Achseln. »Zumal jemand auf Julia aufpassen muß.«
Julias Herz schlug höher. Auf einmal traten ihr Tränen in die Augen und flossen die Wangen hinunter. Sie senkte den Kopf und wischte sie verstohlen mit der Serviette weg. Am liebsten wäre sie aufgesprungen, zu ihm hinübergerannt und hätte ihn umarmt, doch sie beherrschte sich und blieb an ihrem Platz.
Sie würde wirklich hierbleiben. Für weitere zwei Jahre!
Bis zu diesem Augenblick war die Vorstellung ihr abwegig und irreal erschienen.
»In Ordnung. Noch Fragen?« Marc ließ den Blick über die Anwesenden schweifen. Sie nickten zustimmend. »Dann rufen wir die Erde an.«
Die anderen gingen in die Kommunikationszentrale. Julia und Viktor blieben zurück. Sie ergriff seine Hand und drückte sie an ihre Wange. Es war ein so gutes Gefühl, ihn zu berühren.
»Bist du dir wirklich sicher, daß du das tun willst? Ich hatte nicht die Absicht, dich zu nötigen …«
»Du wolltest damals nicht ohne mich zum Mars fliegen. Wie sagst du immer? Nun kommt die Revanche.«
»Ist das der einzige Grund? Liegt dir wirklich nichts am Mars?«
Er zuckte die Achseln. »Der sibirische Winter ist auch nicht viel wärmer«, sagte er dann mit einem Lächeln. »Wir gehören einfach zusammen, ob in Sibirien, der Arktis oder auf dem Mars.«
Sie schaute ihn an. »Ich hätte auch nicht ohne dich zurückbleiben wollen.« Dann spürte sie, daß ihr schon wieder Tränen über die Wangen liefen.
Für eine Weile sagten sie beide nichts.
»Es ist beschlossene Sache. Wir bleiben.«
Sie nickte. »Mars City.«
»Nun kommt der schwierige Teil. Wir müssen die Erde überzeugen.«
»Glaubst du denn, die Sache eben wäre einfach gewesen?« Sie schneuzte sich.
»Nein. Es war nicht einfach. Trotzdem wird es mit der Erde schwieriger werden. Du wirst schon sehen.«
* * *
Viktor sollte recht behalten. Axelrod verlangte nämlich, daß ›seine‹ Besatzung die Atomrakete beschlagnahmte, um dem Konsortium den Sieg in die Scheuer zu fahren. Sein Aufgebot an Anwälten würde dahingehend argumentieren, daß der Vorgang mit der Bergung eines Schiffs auf hoher See zu vergleichen sei, sagte er.
Als die Besatzung dieses Ansinnen ablehnte, geriet er in Rage.
Claudine machte Airbus Meldung, worauf Axelrod der Mars-Piraterie bezichtigt wurde. Airbus argumentierte, das genaue Gegenteil sei der Fall und das Konsortium habe verloren.
Legionen von Anwälten rüsteten sich für den Papierkrieg.
Die fünf Astronauten wußten nicht mehr, wo ihnen der Kopf stand. Bei einem ausgiebigen Abendessen erörterten sie die Lage. Julia vertrat vehement die Ansicht, man solle alle ›Erd-Lösungen‹, bei denen es nur einen Sieger gab, fahren lassen und statt dessen die
›Mars-Lösung‹ favorisieren. Andererseits war es auch nicht möglich, die Wünsche der Erde völlig zu ignorieren. Schließlich waren sie darauf angewiesen, daß irgend jemand eine Rettungs-Mission organisierte.
Sie versprachen Axelrod, den Rettungsflug auf Aspekte zu durchforsten, von denen er profitieren würde.
»Fortsetzung des Dramas«, sagte Marc trocken. »Das kann er dann vermarkten.«
Schließlich bewogen sie sowohl Axelrod als auch Airbus zu der Einsicht, daß weder die Konsortiums-Besatzung noch Claudine die Atomrakete allein zu fliegen vermochten. Es würde keinen Sieger, sondern nur Verlierer geben. Axelrod und Airbus mußten eine einvernehmliche Lösung finden.
In einer spektakulären TriVid-Botschaft, die als Appell an die Weltöffentlichkeit gedacht war, präsentierten die fünf in einem gemeinsamen Auftritt der Erde ihre Lösung und erklärten, der wahre Mars-Preis bestünde in der Kooperation.
Sie übertrugen eine kleine Zeremonie, in der sie die Atomrakete auf ›The Spirit of Ares‹ umtauften. Sie füllten Viktors Wodkaflasche mit Schmelzwasser von den Pingos und ließen sie am Rumpf der Rakete zerschellen. Es schien zu funktionieren.
Doch das Tüpfelchen auf dem i fehlte noch. Über ihren Vater, der einzigen Strecke, die Axelrod nicht ›kreativ zu redigieren‹ vermochte, setzte Julia sich mit dem Mars-Vertragsgremium in Verbindung und legte ihm den Kompromiß in allen Einzelheiten dar: Der Rückflug war eine echte Gemeinschaftsaktion.
Während der nächsten zwei Tage saßen sie auf glühenden Kohlen.
Dann erklärte eine UN-Sonderkommission sich bereit, sich an der Finanzierung der Rettungsmission zu beteiligen.
Wieder einmal hatte Viktor recht behalten: was auf
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