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Das Rennen zum Mars

Das Rennen zum Mars

Titel: Das Rennen zum Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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Steinpyramiden waren fast fertig, und nachdem Raoul den letzten Stein aufgetürmt hatte, senkten sie die in weiße Fallschirmseide gewickelten Leichen in die Erde. Sie sahen zu, wie der Hecktieflöffel rötlichen Sand über die ersten Menschen häufte, die auf einer fremden Welt begraben wurden.
    Als er fertig war, reichte Raoul Claudine zwei flache Steine, von denen sie jeweils einen auf die Spitze der Pyramiden legte. Sie wirkte wie betäubt hinter dem Helmvisier. Wahrscheinlich war ihr auch kalt. Frierend und unter Schock. Als sie aufstand, glitt die Sonne hinter den scharf konturierten Horizont. Eine Windhose wirbelte über die Dünen im Norden. Der Mars folgte seinem endlosen Rhythmus.
    Sie traten zurück und brachten den Steinkreis wieder in Ordnung.
    Marc legte Claudine die Hand auf die Schulter. »Komm, wir genehmigen uns eine heiße Schokolade.«
    »Ich könnte auch etwas vertragen«, sagte Viktor. »Ist die richtige Zeit zum Kaffeetrinken.«
    * * *
    Sie kehrten ins Habitat zurück, spülten den Staub von den Anzügen und hüllten sich in warme Kleidung. Dann gingen sie in den Gemeinschaftsraum und versammelten sich am runden Metalltisch.
    Raoul und Marc waren schon dort und füllten fünf Tassen mit dampfender heißer Schokolade. Sie alle wußten, was nun kommen würde.
    Julia genoß den leckeren, süßen Kakao. Wie oft hatten sie schon hier gesessen und gegessen, gearbeitet, geredet und gestritten – sogar sich geliebt, wenn Raoul und Marc mit dem Rover unterwegs waren, erinnerte sie sich mit einem leisen Schuldgefühl. Schlagartig wurde sie sich bewußt, daß das alles bald ein Ende haben würde, daß sie die längste Zeit hiergewesen waren. Zumal es eh nicht mehr wie früher war, wo Claudine nun das ›fünfte Rad am Wagen‹ war.
    Bald würden sie nur noch von der Erinnerung an diese grandiose Erfahrung zehren.
    Viktor starrte auf den Dampf, der träge aus der Tasse aufstieg.
    »Was geschieht nun?«, fragte er und stieß ein kurzes bellendes Lachen aus. »Der Mars steckt mal wieder voller Überraschungen.«
    »Richtig, was geschieht nun?«, sagte Marc mit feierlichem Gesichtsausdruck.
    Claudine schüttelte den Kopf. »Ich werde mit euch zurückfliegen müssen. Der Preis ist natürlich passe. Airbus hat verloren.« Sie sprach langsam und versuchte, den Akzent zu unterdrücken.
    Sie wechselten Blicke, während das Schweigen sich in die Länge zog.
    Raoul zog mit der Faust imaginäre Kreise auf dem Tisch – er machte einen ernsten, sogar grimmigen Eindruck. Julia merkte, daß er das Versagen des ERV als persönliche Niederlage betrachtete und daß es ihm peinlich war, sich zu Wort zu melden.
    Claudine saß steif da.
    Julia versuchte, die Schwere von Claudines Schock einzuschätzen.
    Sie schien sich der Situation nicht recht bewußt zu sein. Hatte sie etwa vergessen, daß das ERV nicht flugfähig war?
    »Unterm Strich sieht es so aus«, sagte Viktor bedächtig, »daß wir nicht zu starten imstande sind und daß Sie nicht in der Lage sind, die Nuklearrakete allein zu fliegen. Beide Missionen stecken fest.«
    »Genau«, sagte Marc mit Galgenhumor. »Ein echtes Mars-Patt.«
    Es trat wieder eine Pause ein. Die am Tisch sitzenden Astronauten musterten sich gegenseitig: abgerissene Figuren allesamt.
    Dann hatte sie einen Geistesblitz. »Nein, kein Patt, sondern eine Lösung . Wir müssen die Kräfte bündeln.«
    Viktor schaute zwar skeptisch, aber er nahm die Vorlage trotzdem an: »Ja, das liegt auf der Hand. Doch wie sollen wir das anstellen?«
    »Es muß mindestens einer von uns hierbleiben«, sagte Julia.
    »Was?«
    »Nein.«
    Mit einer Handbewegung tat sie die Unmutsäußerungen ab. »Das ist die einzige Möglichkeit, und wir alle wissen das. Wir fünf haben keinen Platz in den Transportmitteln, die uns zur Verfügung stehen.«
    »Was ist mit der Verpflegung?« fragte Claudine besorgt.
    »Wir haben mehr als genug Proviant – das ERV ist mit Vorräten für sechs Personen und für einen siebenmonatigen Rückflug bestückt. Außerdem befinden sich noch Rationen für zwei weitere Personen in der Atom … im Airbus-Schiff.«
    »Gerdas und Chens«, warf Claudine ein.
    »Richtig. Und ihre restliche Ausrüstung haben wir auch noch. Verhungern werden wir also nicht.«
    »Also haben wir Proviant für zweiundvierzig Mannmonate in eurem ERV und für vierundzwanzig Mannmonate in meinem Schiff«, sagte Claudine bedächtig. »Das reicht allemal für drei Leute.«
    »Du sagtest doch, eine Person müßte hierbleiben«,

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