Das Ritterdrama von Schreckenstein
gelegt. Lustlos und gelangweilt, wie zuvor, warteten sie auf das nächste feststehende Ereignis, aufs Abendessen. Sie fühlten sich einfach am wohlsten, wenn sie alle zusammensaßen.
Wer vom Tisch aufstand, um in der Küche nachzuholen und die Ohren spitzte, konnte an diesem Abend an allen Tischen immer wieder dieselbe Redewendung hören. „Man müsste... Man müsste...“
Es lag etwas in der Luft.
Beni ging auch wieder ans Schwarze Brett, läutete mit der Kuhglocke und sagte an: „Damit die lange Diskussion kürzlich nicht umsonst war, ist hier angeregt worden, man müsste alles ausprobieren, was die einzelnen Gruppen vorgeschlagen haben. Das Nichtstun kennen wir schon. Wie war’s mit einer Feuerwehrübung?“
„Jaaaaaaa!“ schallte es so begeistert durch den Esssaal, dass Beni sekundenlang wie ein hypnotisiertes Eichhörnchen dastand. Dabei hatte er seine Sache wirklich gut gemacht. Nach dem Essen waren die Ritter wie ausgewechselt. Wieder einmal verließ keiner den Saal. Alle redeten durcheinander, was da genauer zu machen sei, welchen Schwerpunkt die Übung haben sollte, denn da gibt es ja Möglichkeiten. Vom Spritzen über Schlauchentrollen, Leiterakrobatik, bis zur Verkürzung der Arbeitsphasen und der Anmarschzeiten. Schließlich machte Stephan den Vorschlag, dem alle sofort zustimmten. „Rettung aus dem ersten Stock. Falls mal der Ausgang blockiert ist.“
„Wir könnten eine Rutsche bauen“, spann Ottokar den Gedanken weiter. „Als neues Gerät, das man dann nur holen braucht. Sonst könnte es in der Lehrergarage stehen. Da ist Platz genug.“
Die technisch und zeichnerisch begabten Ritter begaben sich darauf in ihre Zimmer, um sich Modelle auszudenken, die am nächsten Morgen miteinander verglichen werden sollten. „Möglichst eine Rutsche mit Rädern oder Rollen!“ sagte Ottokar noch.
Andere Ritter durchkämmten mit Taschenlampen die ganze Burg auf der Suche nach geeignetem Baumaterial.
In der ehemaligen Burgküche, längst zum Duschraum umgebaut, zur Zeit außer Gebrauch, meinte Emil: „Wenn wir nicht so laut wären, war’s wie ein Streich.“
„Mann, ja!“ antwortete Walter. „Streichfieber ist, glaub ich, noch ansteckender als Dschungelkrankheiten!“
„Übrigens...“, unterbrach ihn Beni, „Heini ist richtig krank geworden. Der Rex hat’s mir gesagt. Nach meinem Anruf bei der Zeitung.“
„Ach du Schreck!“ sagte Ralph. „Deswegen sind wir ja hier.“
An diesem Abend versammelte sich die Redaktion ‘der Schulzeitung Wappenschild in ihrem Büro. Chefredakteur Mücke hatte Andi, Strehlau und Hans-Jürgen zusammengerufen. „Wir sollten die Entwicklung hier für die Chronik festhalten!“ sagte er.
„Genau“, antwortete der Dichter. „Erst die Nichtstuwelle und jetzt plötzlich wieder der alte Schwung.“
„Sowie’s um was für die Gemeinschaft geht!“ fügte Strehlau hinzu. „Und Beni dürfen wir nicht vergessen!“ erinnerte Andi. „Der macht seine Sache nicht schlecht.“
„Der Wechsel war gut“, bestätigte Hans-Jürgen. „Sonst wäre alles geblieben, wie’s war. So haben wir überhaupt erst gemerkt, wie das ist, eine Gemeinschaft, die nichts tut.“
„Schreib das mal!“ riet ihm Mücke.
„Wir sollten eine ganze Nummer über die Quarantäne machen“, schlug Andi vor. „Im nächsten Trimester, wenn wir Abstand haben...“
Alle Redakteure zeigten sich einverstanden. Die Schulzeitung war für sie so etwas wie eine Fieberkurve des Geschehens. Sie hielt die Augenblicke fest, das erleichterte spätere Rückschlüsse. Jetzt aber war das Trachten der Ritter nach vorn gerichtet, endlich wieder. Das zeigte sich beim Frühstück. Mehr als eine Stunde früher fanden sich die Ritter im Esssaal ein. Es gab wieder ferienmässige Mengen. Dem Käse hatte sich Speck zugesellt.
„Schmeckt nach meiner Mutter!“ mutmaßte Dampfwalze.
Klaus verstand ihn absichtlich falsch. „Dann muss ich mir auch eine Scheibe von der Dame abschneiden.“
Die Ritter waren erfindungsreich gewesen. Acht verschiedene Modelle lagen vor. Das von Pummel und Eugen wurde einstimmig angenommen. Die beiden Oberbastler hatten eine Rutsche auf Rädern gezeichnet, die aus den vorhandenen Stahlrohren für Gerüst- oder Tribünenbau im Handumdrehen zusammengeschraubt werden konnte. Das bewiesen die beiden gleich nach dem Frühstück. Noch vor dem Mittagessen stand das Gestell auf zwei Achsen, die mit alten Karrenrädern bestückt waren; eine Achse war sogar drehbar. Die Rutsche selbst
Weitere Kostenlose Bücher