Das Runenschwert (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)
hatte.
6. Von Wölfen und Rohlingen
er Geruch des gebratenen Kaninchens ließ Erinn erungen in An’luin hochsteigen. Wenn er die Augen schloss, konnte er sich in seinen Sümpfen sehen, selbst vor dem Feuer an der Hütte sitzend. Ein einfaches Leben, und doch im Sinne von N’tor, der das Töten anderer Menschen nur im Notfalle guthieß. Wieder einmal wurde die Illusion durch das laute Brüllen einer der Nordmänner durchbrochen. Steinn brüstete sich damit die meisten Männer in seinem Leben getötet zu haben, obwohl An’luin ziemlich genau beobachtet hatte, dass er beim Ausnehmen des Kaninchens schon mit Übelkeit gekämpft hatte.
Die Wolfinger waren an einem unbewohnten Küstenabschnitt an Land gegangen. Starkir und seine Männer wollten am Tage vor der „großen Schlacht“ noch einmal an Land gehen, um sich mit richt igem Fleisch zu stärken. Diese Sitte war Starkirs Mannen zu eigen. Hjete hatte Starkir wohl von der Wichtigkeit einer kräftigenden Ernährung überzeugt, bevor man einen Kampf zu kämpfen hatte. Trotz des unerwarteten Genusses des Fleisches konnte An’luin sich nicht entspannen. Er wusste, dass die Männer erwarteten, dass sich hinter den nächsten größeren Landzungen irgendwann die Zinnen einer Stadt auftun würden. Er konnte nicht dagegen ankämpfen sich vorzustellen was die Norr mit ihm machen würden, wenn sie feststellten, dass diese Stadt nicht existierte. Sie würden ihn mit großer Sicherheit ihren seltsam blutrünstigen Göttern opfern, stellte er sich vor. Diese Menschen, in deren Hand er sich befand, glaubten daran, dass sie, wenn sei im Kampf fielen, in eine Halle kämen, wo sie mit ihren Göttern Tag und Nacht Met saufen könnten. Obwohl dies für An’luin keine Vorstellung war, die Entzücken auslöste, so schien es die Männer doch zu motivieren im Kampf zu sterben. Er schaute auf Fischauges Narbe und überlegte sich, ob dieser sich auch wünschte lieber gestorben zu sein, anstatt hässlich wie ein Fisch durch die Gegend zu laufen. Dann dachte er an seine Mutter. Sie müsste inzwischen wieder zur Hütte gekommen sein und würde An’luin nicht vorfinden. Er wusste, dass sie sich Sorgen machen würde und er wünschte sich, dass er ihr auf irgendeine Art mitteilen konnte, dass er lebte (noch) und dass es ihm verhältnismäßig gut ging. Er würde heute Abend für Ganjan, den Vermittler, singen. Ganjan sorgte dafür, dass jedes Wesen jedes andere Wesen erkannte und respektierte. Ob er dafür beten sollte, dass die Wolfinger eine Stadt finden würden, wusste er nicht. Er würde Leid über unzählige Menschen bringen.
Er schaute zum kleinen Nod herüber. Nod saß ihm gegenüber an der Feuerstelle und beobachtete ihn. An’luin beschloss ihn anzuspr echen. Er ging hinüber.
„Du bist Nod, nicht wahr?“
Das Sommersprossengesicht blickte ihn an. Obwohl Nod ein junges Gesicht hatte, war irgendetwas an ihm, das ihn alt erscheinen ließ. Er nickte. „Willst Du mit mir zusammen singen, heute Nacht?“ Nod blickte An’luin kurz an und schüttelte dann den Kopf. An’luin kam sich blöd vor. Er hatte eigentlich das Gefühl gehabt, dass sie beide etwas verband, doch dieses Gefühl war spätestens jetzt verloren gegangen. Er wollte sich gerade erheben um zu gehen, da zog Nod an seinem Ärmel.
„Versuche nicht zu fliehen, heute Nacht.“
„Was meinst du?“
„Die anderen sind zu blöde und zu gierig es zu erkennen, aber ich weiß genau, dass du gelogen hast.“ An’luin schluckte. „Aber wenn du fliehst, dann machen sie Hackfleisch aus dir. Vielleicht hast du Glück und da oben ist irgendwo eine kleine Siedlung, dann kannst du dich herausreden.“
An’luin wusste nicht, was er erwidern sollte. Er wollte nicht zug eben, dass die Stadt erfunden war, aber auf der anderen Seite schien es auch sinnlos Nod etwas vorzumachen. Er wechselte das Thema.
„Hast du auch schon einmal versucht zu fliehen?“
Schmatzend schüttelte Nod mit dem Kopf.
„Aber, ich meine, willst Du nicht weg von diesen Rohlingen?“
Nun blickte Nod herüber und fixierte An’luin mit seinem Blick. „Rohlinge. Was verstehst du schon von Rohlingen?“
An’luin wurde wütend. Dieses kleine Kindergesicht wollte ihm gr oße Lebensweisheiten auftischen. Doch auf der anderen Seite hatte Nod irgendwie Recht. Was wusste er schon von Rohlingen? Hatte er außer dem rauhen Wetter in den Sümpfen und den feilschenden Marktfrauen in Cal’l irgendetwas Schlimmes erlebt? Er hatte von Wolfingern und Drakingern
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