Das Schapdetten-Virus - Kriminalroman
rumärgern.«
Dadurch, dass Security Check einen ganzen Monat lahmgelegt war, hatte sich die Geschäftslage natürlich nicht verbessert. Auf der anderen Seite war die Virus-Affäre durch alle Medien gegangen, was der Agentur, als erfreulicher Nebeneffekt, jede Menge PR einbrachte. Im Moment standen die Kunden Schlange, besser gesagt, konnte Aische gar nicht so schnell den Hörer abnehmen, wie potenzielle Auftraggeber anriefen.
Auf einer neuerlichen Betriebsversammlung hatte Sigi verkündet, dass sich Security Check wieder aus dem Geschäft mit Wachdiensten zurückziehen würde. Es lägen genügend Aufträge vor, um die Detektei auszulasten, außerdem seien die gemachten Erfahrungen insgesamt eher unerfreulich gewesen. In einem Nebensatz erwähnte sie, dass sich besonders viele Anrufer nach mir erkundigen würden. Die Art und Weise, wie ich die Hälfte der im Münsterland versammelten Polizeikräfte zwei Tage lang an der Nase herumgeführt habe, sei der Agentur enorm zugutegekommen.
Gelassen lächelnd nahm ich das Lob entgegen. Max von Liebstock-Blumenberg konnte es sich nicht verkneifen, eine Bemerkung über unverschämtes Glück, das auch den Mittelmäßigen gelegentlich ereile, vom Stapel zu lassen. Souverän schweigend ließ ich die Tirade des Zwergs an meinem neu gewonnenen Renommee abprallen, was ihn nur noch mehr aufregte.
Anschließend nutzte ich meine Position, um Sigi ein paar freie Tage abzuringen, an denen ich mich mit Sarah beschäftigte und tätige Wiedergutmachung für die begangene Vernachlässigung leistete. Doch auch das war inzwischen vorbei, die tägliche Knochenmühle der Detektivarbeit hatte mich zurück.
Ich erzählte Franka von meinem Plan, mich selbstständig zu machen und eine eigene Detektei zu gründen.
»Brauchst du dann nicht freie Mitarbeiter? Ich meine, du kannst doch nicht alles selber machen, und während des Studiums muss ich mir sowieso den einen oder anderen Nebenjob suchen.«
Ich lutschte ein Stück Mokkaeis. »Das kann gefährlich werden.«
»Gefährlicher als das, was wir erlebt haben?«
Ich grinste. »Stimmt. Du hast ja Erfahrung mit kriminellen Aktivitäten. Sobald es so weit ist, werde ich an dich denken.«
Ein Motorradfahrer kurvte um die Kreuzkirche und hielt vor der Pizzeria, die sich schräg gegenüber der Eisdiele befand. Franka hatte ihn ebenfalls bemerkt und winkte kurz hinüber.
»Ich dachte, du hättest Christoph in die Wüste geschickt«, sagte ich enttäuscht.
»Hab ich ja auch. Das ist Mark-Stefan, mein neuer Freund.«
»Und schon wieder ein Motorradfahrer.«
»Ja, Motorradfahren find ich geil.« Sie lächelte stolz. »Er ist so schrecklich eifersüchtig. Ich hab ihm gesagt, er soll am Buddenturm warten.«
»Dabei hat er gar keinen Grund, auf einen Greis wie mich eifersüchtig zu sein.«
»Wer weiß.« Sie zeigte kurz ihre Zunge. »Auch Greise haben ihre Qualitäten.«
»Wenn es darum geht, den Enkeln an langen Winterabenden vor dem Kaminfeuer Geschichten vorzulesen.«
Sie stand auf, kam um den Tisch herum und gab mir einen Kuss auf die Wange. »Ich höre mir gern Geschichten am Kaminfeuer an.« Dann ging sie über die Straße und schwang sich auf den Soziussitz hinter Mark-Stefan, der mit röhrender Verachtung davondüste.
Ich sah ihr nach und schwelgte in Gedanken, die nicht unbedingt jugendfrei waren. Mario tauchte auf und sprach plötzlich wieder akzentfrei deutsch. Nachdem ich bezahlt hatte, schlenderte ich langsam über den Platz. Das halbe Kreuzviertel saß mal wieder auf der Straße. Karin Tietze-Ludwig, eine Studienrätin, die zwei Etagen über mir wohnte, bedachte mich mit einem halb spöttischen, halb abgeklärten Blick aus Augen, die trotz aller Cremes und Gurkenpackungen von zarten Faltenkränzen umgeben waren.
»War das deine neue Freundin oder eine Tochter aus früherer Ehe?«
Ich blieb stehen. »Was ist eigentlich aus dem jungen Mann geworden, mit dem ich dich vor zwei Monaten an der Promenade gesehen habe?«
Sie wurde blass.
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