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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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helfen», sagte ich, doch im nächsten Moment hielten wir an, und ein Lakai mit Perücke öffnete schwungvoll den Kutschenschlag. Ich schaffte es, dem Mann in eine riesige, kathedralenartige Eingangshalle zu folgen, wo mir von der plötzlichen Düsterkeit schwindelig wurde. Diese Reifröcke störten mich, denn ich war es einfach nicht gewohnt, zwei verdammte große Körbe mit mir herumzuschleppen, die links und rechts an meiner Taille hingen und ständig gegen Türrahmen und Geländer stießen. Dennoch schaffte ich es mit einiger Mühe die Treppe hinauf und holte ein paarmal heftig Atem, weil die Angst mich zu überwältigen drohte, ehe ich in den Salon des Conte geführt wurde. Er wartete am anderen Ende des Raums auf mich: ein faltiger alter Mann in einem Goldmantel und mit bebänderten Schuhen. Auf seinem Gesicht klebte ein öliges Grinsen, während er mir entgegensah.
    Der Lakai hielt Mr. Loveday zurück, also war ich jetzt mit ihm allein. Ich glaube, diese wenigen Schritte quer über den blank schimmernden Fliesenboden in dem schwankenden Kleid waren die schlimmsten in meinem ganzen Leben. Ich konnte den Count – oder Conte, wie man in Italien sagt – am anderen Ende des goldenen Raums sehen, wo er seine verwelkten Arme nach mir ausstreckte – um was zu tun? Meine Hände zu schütteln? Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. Endlich erreichte ich ihn, und er hob meine Hand an seine Lippen. Sein Kuss war feucht und schnüffelig wie der von einem Ferkel. Ich verspürte den großen Wunsch, mir den Speichel am Rock abzuwischen, konnte aber widerstehen.
    «Carinna», sagte er mit einer Stimme, so üppig wie Butter. «Setzt Euch, setzt Euch. Liebes Mädchen, was für eine Freude, Euch anzuschauen. Nehmt Ihr auch eine kleine Erfrischung?» Er hob ein silbernes Glöckchen und klingelte. Der Lakai erschien und verschwand sogleich mit einer Verneigung. Der Conte war zwar alt, aber er hatte ein Gesicht so lebhaft wie das eines Tölpels, während seine Knopfaugen über meinen gesamten Körper glitten.
    «Eure Exzellenz. Ihr seid zu freundlich.» Ich neigte den Kopf leicht. Himmel, unter seinem prüfenden Blick wurde mir so heiß wie vor einem geschürten Ofen. Meine Gesichtsfarbe näherte sich bestimmt verdächtig der meines rosa Kleids. Darum holte ich aus dem Täschchen meinen Fächer, aber ich war zu nervös, um dieses komplizierte Ding zu benutzen.
    «Darf ich Euch helfen?» Er begann, daran herumzufummeln, und die ganze Zeit drängte er sich viel zu dicht an mich und drückte mit seiner verschwitzten Hand die meine.
    «Ach, ist auch egal.» Ich wollte den Fächer wegstecken. Erst danach fiel mir ein, dass ich anständig reden sollte. «Also, vielen Dank, Sir.»
    «Nicht ‹Sir›», neckte er mich. «Solange Ihr hier seid, betrachtet mich stellvertretend als Euren geliebten Onkel.» Er nestelte am Fächer, der sich endlich öffnete. Ich fächelte mir frische Luft zu. «Also,
carissima
, fast glaube ich, Euch schon zu kennen. Nur hat Quentin mir nie erzählt, dass Ihr ein so … wunderschönes und anmutiges Geschöpf seid. Nun, ich weiß ja, dass Ihr Damen mit Euren Fächern eine Geheimsprache pflegt. Wie genau lautet die Botschaft, die Ihr gerade so eifrig signalisiert?»
    Sofort hörte ich auf zu fächeln. «Freude», erklärte ich dann fröhlich. «Weil wir uns endlich kennenlernen.» Ich ließ den Fächer sinken, als hätte ich mich daran verbrannt, und faltete sittsam die Hände.
    Ein Diener servierte auf einem Tischchen Kaffee. Es gab eine Silberkanne, in ein weißes Tuch gewickelt, ein Tablett mit papierdünnem Porzellangeschirr. Herr im Himmel, war das mein erster Test? Wollte er sehen, ob ich elegant Kaffee servieren konnte? Doch dann machte natürlich der Diener weiter, und ich musste nur dasitzen wie eine Zinnfigur und abwarten.
    «Ah, die arabische Frucht», rief der Conte. «Liebt Ihr nicht auch dieses belebende Göttergetränk?» Er ließ sich ausgiebig über den Kaffee aus, weshalb ich derweil die goldgerahmten Malereien bestaunte, die jeden Zentimeter der Wände und der Decke verhängten. Zumeist zeigten sie nackte Körper, dicke Dirnen und haarige Männer. Ich nickte und trank geziert den Kaffee. Er war so stark, dass mir der Mund davon fast austrocknete. Für einen ordentlichen Tee wäre ich hingegen jederzeit zu haben gewesen.
    «Findet Ihr nicht auch, dass er die Nerven stimuliert?», fragte mein Gastgeber und nickte beifällig. «Ach, Carinna. Es ist mir so eine Freude, Euch bei mir

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