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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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«Eure leidende Dienerin täte gut daran, von meinem Wein mit Nattern zu trinken. Es ist ein überaus heilsames Mittel. Renzo, richte eine Flasche davon für Ihre Ladyschaft her.»
    Zu meiner Überraschung nickte der Koch nur mürrisch. Ich fragte mich, ob er uns überhaupt zuhörte.
    Der Conte grinste schon wieder. «Ah, unser Renzo hier spricht auch ein paar Worte Englisch. Ich habe ihn mit einem ordentlichen Bestechungsgeld dem Duke of Clathemore abgejagt. Da habe ich dir einen Gefallen getan, was, Renzo? Jetzt musst du nicht mehr diese Bratspieße und das Puddingzeug machen.»
    Der Koch blickte auf und grinste schief. Die beiden waren es wohl gewohnt, die englische Kochkunst schlechtzureden. Ich drehte ungeduldig eine Runde in der Küche und entdeckte dabei eine Reihe erfinderischer Maschinen. Aber bevor ich mich nach ihrem Verwendungszweck erkundigen konnte, hörte ich den unerträglichen Koch mit der Stimme eines Schuljungen spotten: «… englische Küche. Ich musste erst lernen, wie man das Fleisch anbrennen lässt.»
    Dieser Angeber! Der Conte rief mich zu sich, damit ich in einen großen Metallbottich schaute. Darin herrschte ein widerliches Gewimmel sich windender Schlangen, die darum kämpften, ihrem Gefängnis zu entkommen.
    «Fürchtet Ihr Euch auch nicht vor meinen üppigen Tierchen, liebe Carinna?», fragte der Conte und gackerte laut.
    «Ich mich fürchten? Nein, ich bin enttäuscht», erwiderte ich gewitzt. «Das hält Euer Koch also für gutes Essen?»
    Der Rüpel von einem Koch maß mich mit einem prüfenden Blick. In meinen Augen war er der schlimmste Laffe, der mir je über den Weg gelaufen war.
    «Renzo! Du vergisst auch nicht, heute Abend meine Nattern zu servieren?», fragte der Conte, ehe wir gingen.
    «Ich denke an nichts anderes, Eure Exzellenz», erklärte der Koch mit frischer Energie. «Ihr werdet sie nie köstlicher zu speisen bekommen.»
    Und was war mit mir? Würden mir die glitschigen Schlangen auch schmecken? Doch ohne den Schlüssel blieb mir nichts weiter übrig, als sie zu probieren.
     
    Unser
intimes
Abendessen, wie der Conte es nannte, wurde in einem fensterlosen Gemach serviert, das sich dank einer Vielzahl aus buntem Wachs geformter Blumen den Anschein geben wollte, ein Garten zu sein. Zu meinem Missfallen schickte der Conte Mr. Loveday fort, als dieser auftauchte.
    «Diener sind ja wirklich eine Plage. Wir brauchen keine Zeugen», sagte er. «Sagt, gefällt Euch mein neustes Spielzeug?»
    Er zeigte auf seinen Speiseaufzug, den er «stummer Diener» nannte, eine Art Fensteröffnung mit einem sich drehenden Regal darin. Ich lächelte nur einfältig, denn ich fand es eine Beleidigung für alle Diener, die immerhin reden konnten. Als er ein silbernes Glöckchen läutete, verschwand das hineingestellte Tablett in dem Fenster an einem Seil im Keller des Hauses, nur um Minuten später mit Speisen beladen wieder aufzutauchen.
    Es bereitete mir viel Verdruss, am Tisch gerade zu sitzen, nicht mit offenem Mund zu kauen, mich geziert zu verhalten und mich an all das zu halten, was ich im
Schatzbuch der Köchin
gelesen hatte. Der Tisch war üppig gedeckt: goldenes Besteck, brennende Kerzen und scharfsinnig konstruierte Metallkisten, in denen versteckt weitere Kerzen brannten, um die Speisen, die darauf standen, warm zu halten. Himmel, ich wollte sogar gerade einen Schluck Wasser aus meinem Kelch nehmen, als der Conte in seinem Kelch die Finger benetzte und sie anschließend an einer Serviette abtrocknete.
    Jetzt brauchte es nicht mehr lange, bis ich erfuhr, welches Thema dieses Menü hatte. Als erster Gang wurden Austern serviert, noch nicht aus der Schale gelöst. Dazu wurde Champagner kredenzt, und das Prickeln stieg mir in die Nase. Mein Gegenüber machte unanständige Witze über den kalten Kuss einer Auster und darüber, wie nackt sie doch in der Schale lag. Er leckte sich den salzigen Saft von den Lippen und erbot sich, bei mir dasselbe zu tun. Der alte Einfaltspinsel! Im Anschluss daran gab es Schildkrötensuppe in einer großen Terrine, die wie ein nacktes Mädchen geformt war, dann wurde Stör serviert. Es hätte inzwischen so ziemlich jeder Idiot mitbekommen, dass dieses Bankett vor allem eine verführerische Wirkung auf mich haben sollte. Was übrigens absoluter Blödsinn war, denn ich hatte mich noch nie keuscher verhalten.
    «Und nun zur Krönung die Nattern», sagte der Conte und langte bei den runden, rosigen Fleischstücken ordentlich zu.
    «Nattern?», fragte ich und

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