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Das Schicksal der Zwerge

Das Schicksal der Zwerge

Titel: Das Schicksal der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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seiner Vertrauten, deren Panzerung von einer sehr scharfen Waffe durchschlagen worden war, wie er an den sauberen Schnitträndern erkannte. Sie passten keinesfalls zu Mandibelbissen.
    Boindil schaute nach Tungdil, an dessen Gürtel Blutdürster baumelte. »Niemals«, murmelte er und eilte zu den Verwundeten, um sie zum Sieg zu beglückwünschen. Die leisen Zweifel vereinten sich unterwegs zu einem Chor, um sich Gehör zu verschaffen. Sie schafften es immerhin, dass er sich gegen seinen festen Vorsatz dennoch vornahm, dem Gelehrten auf der Reise ein paar Fragen zu stellen.

    Das Geborgene Land, das einstige Königinnenreich Weyurn, Seenstolz, 6491. Sonnenzyklus, Winter.
    Coira hatte es nicht für möglich gehalten, doch es war ihnen gelungen, ihren Verfolgern durch eine List zu entkommen: Sie hatte drei Pferde erstanden, sie mit Gewichten beladen und eine Zeit lang mit der Gruppe geführt. Nach einem halben Umlauf Reise durch einen Bach hatte Coira die zusätzlichen Tiere frei gelassen, während sie weiter nach Seenstolz ritten. Das hatte die Häscher abgelenkt. Fürs Erste. Aber ihr Name landete auf der Liste der Menschen, für deren Kopf man in Weyurn sehr viele Münzen erhielt, wenn man ihn abgetrennt einem Lohasbrander überreichte. Das machte die restlichen Meilen ihrer Reise nicht leichter.
    Sie sah neben sich, wo Rodario sich tapfer auf dem Pferderücken hielt. Viermal hatten sie anhalten und warten müssen, bis er nach einem Sturz wieder aufgestiegen war.
    »Nicht mehr lange, und wir sind in Sicherheit«, munterte sie ihn auf. »Seht Ihr die Insel? Es ist eine der wenigen, die es überhaupt noch im Land meiner Mutter gibt. Dazu müssen wir mit dem Boot fahren.«
    Ein erschrockener Laut kam über seine Lippen. »Tiefes Wasser? Ich kann nicht schwimmen!«
    »Früher konnte das in Weyurn mal jedes Kind«, meinte Loytan und schnalzte tadelnd mit der Zunge.
    »Das muss schon lange her sein. Ich schätze, etwa zweihundert Zyklen? Und außerdem bin ich nicht aus Weyurn«, gab Rodario spitz zurück. »Ich hatte eben kein Bedürfnis, mich mit den Wellen anzulegen. Zum Baden reicht mir ein Bach, und über Flüsse gibt es Brücken und Fähren.«
    »In dem Fall weder noch«, lachte Coira. »Es ist nur eine kurze Fahrt. Doch wenn es Euch möglich sein sollte, übers Wasser zu gehen, nur zu.«
    »Sehr drollig, Prinzessin«, sagte Rodario beleidigt, und keiner konnte sagen, ob er es vortäuschte oder wirklich war.
    Sie ritten eine spärlich bewachsene Düne hinauf, deren Gräser sich im kühlen Seewind hin und her wiegten. Reif war an den Stängeln gefroren und ließ sie gläsern wirken, sie rieben aneinander und knirschten leise; die Sonne verlieh ihnen einen schimmernden Glanz.
    »Oh, welch eine Schönheit!«, sagte Rodario verzückt. »Man möchte Papier und Feder zücken und darüber schreiben!«
    Loytan stöhnte auf. »Wenn es genauso schlecht ist wie das, was Ihr auf dem Markt von Euch gegeben habt, lasst beides stecken. Es wäre Vergeudung des Materials.« Coira warf ihm einen bösen Blick zu, sagte jedoch nichts.
    Rodarios Augen verengten sich, als er den Mann anschaute. »Ihr werdet Euch eines Umlaufs gehörig wundern, was ich alles bewerkstelligen kann, Graf«, prophezeite er. »Und ich wette, dass Ihr Euch bei mir entschuldigen werdet.«
    Bei diesen Worten lag etwas in den Blicken des Schauspielers, das Loytan stutzig machte. Mannhaftigkeit? Wahrscheinlich war es eine Einbildung. »Und womöglich rettet Ihr mir auch noch das Leben und ehelicht die Prinzessin?« Er lachte ihn schallend aus, und Möwen schreckten durch den ungewohnten Laut vom Ufer in die Höhe. »Warum nicht?« Der Schauspieler grinste Coira an und riebsich über das verfranselte Kinnbärtchen. »Findet Ihr mich zu abstoßend, oder darf ich davon träumen, an Eurer Seite ...«
    Sie hob warnend den Finger. »Ihr werdet anmaßend, Rodario der Siebte! Bedenkt, mit wem Ihr sprecht.« Sie lenkte ihr Pferd die Düne hinab und hielt auf eine Anlegestelle zu, an der ein Boot mit einem kleinen gerefften Segel vertäut lag.
    Rodario sah zur Insel, die eine geschätzte Meile vom Ufer entfernt lag. Insel war jedoch nicht wirklich der treffende Ausdruck.
    Seit der Wasserspiegel der weyurnschen Seen Zyklus für Zyklus gefallen war, ragten etliche Eilande weit über die Oberfläche hinaus, andere lagen sogar ganz trocken. Die Bewohner hatten Aufzüge und Treppen errichten müssen, um von ihren Inseln hinabzukommen. Aus Fischern waren notgedrungen Bauern und aus

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