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Das Schicksal der Zwerge

Das Schicksal der Zwerge

Titel: Das Schicksal der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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dem Grund des Sees neues Ackerland geworden und dazu nicht immer besonders fruchtbares. Nicht ganz so verheerend verhielt es sich mit Seenstolz.
    Rodario erkannte, dass die Insel wie auf einem steinernen Stiel geschätzte sechzig Schritt über dem See schwebte. Die Form erinnerte an eine aufknospende Tulpe auf ihrem Stängel.
    Er zählte sieben große Kähne, drei Schiffe und achtzehn kleinere Boote, die unterhalb von Seenstolz an einem hölzernen Landungssteg festgemacht hatten; der Steg war mit dicken Ketten und Stangen an der Insel befestigt worden, und eine äußerst luftige Wendeltreppe führte von dort hinauf zu den bewohnten Gebieten. Vorrichtungen für Lastenwinden und Aufzüge erkannte er ebenfalls. Die Bewohner des Eilands hatten sich mit den Gegebenheiten abgefunden und das Beste daraus gemacht. »Man möchte meinen, dass die Insel jederzeit abknicken und in den See stürzen könnte«, sagte er zu Loytan, und dieser nickte.
    »Ja, das möchte man. Aber der Felspfeiler, auf dem sie ruht, ist aus Vulkangestein. Den bringt nichts zum Einsturz.« Der Mann trieb sein Pferd an, den Sandhügel hinabzuschreiten, was mehr ein Rutschen war, und Rodario folgte ihm. »Die Menschen von Seenstolz hatten Glück: Sie durften wenigstens Fischer bleiben.«
    Sie versammelten sich vor dem flachen Kahn, und der Fährmann trat aus dem kleinen Haus zu ihnen hinaus auf den Steg. Ein bodenlanges, weites Gewand aus dunkelblauem Stoff verhüllte seine Gestalt und ließ die Muskeln an den Schultern erahnen; um den Hals trug er das weiße Halstuch seiner Zunft. Lederarmbänder gaben den Handgelenken bei der schweren Arbeit sichere Stütze. Er erkannte Coira sofort und verneigte sich. »Es ist mir eine Ehre, Euch wieder zurück zu Eurem Palast bringen zu dürfen«, sagte er voller Respekt und bat sie auf das Boot. Wie immer wollte sie für die Dienste zahlen, und wie immer wurde abgelehnt. Sie lächelte ihn an. »Wenn Orks auftauchen sollten, die nach uns suchen ...« »Werde ich sagen, ich hätte Euch nicht gesehen«, sagte der Mann. »Und mein Boot wird ein Leck haben, das ist sicher.«
    Coira stieg ab und streichelte den Hals ihres Pferdes. »Begebt Euch nicht in Gefahr. Setzt sie meinetwegen über, wenn sie unbedingt wollen, doch ich denke, sie werden es nicht wagen. Die Insel ist mein unangefochtenes Reich. Sie wissen, dass sie es dort nicht mit mir aufnehmen können.«
    Rodario und Loytan schwangen sich ebenfalls aus dem Sattel und hielten die Tiere an den Zügeln, während der Fährmann das Segel hisste und die Überfahrt begann. Dabei musste er gegen den Wind kreuzen, was dazu führte, dass sie sich dem Steg in einem Bogen näherten. Somit wurden die gewaltigen, rostigen Eisenwände sichtbar, die scheinbar sinnlos ein Stück östlich und unterhalb der Insel aus dem Wasser ragten. Rodario war es nicht entgangen, und er reckte den Hals, um mehr sehen zu können. »Was hat denn diese Konstruktion zu bedeuten? Wellenbrecher zum Schutz der Insel?« »Nein. Es sind Spundwände.« Coira wies den Fährmann an, den Kurs zu ändern und darauf zuzuhalten.
    »Spundwände? Was, bei Elria, sind denn Spundwände?«
    »Die Abstützung eines Schachtes. Er ist unser erstes Ziel, und Ihr werdet die einmalige Gelegenheit erhalten, ein Wunder der zwergischen Ingenieurskunst zu sehen«, erklärte sie. »Die Fünften haben es auf Bitten meiner Urgroßmutter errichtet.«
    »Ein Schacht. Mitten im See. Aber... warum denn das? Und wie tief reicht er hinab?« Er war so begeistert von dem Bauwerk, dass er an den Bug schritt. Der Wind wehte durch seine braunen Haare und spielte mit dem Fransenbärtchen.
    Das Boot hielt nun direkt darauf zu, und er sah die zwergischen Runen in den Wänden. Eine Eisenplatte war vier Schritte lang und einen Schritt dick; jeweils zehn von ihnen standen auf einer Seite nebeneinander, mannsdicke Stahlbänder spannten sich quer um sie herum und sicherten sie vor dem Auseinanderbrechen. Muscheln und Algen hatten sich an der Außenseite festgesetzt, und es roch in ihrer unmittelbaren Nähe metallisch. »Das ist ja ...« Rodario wusste kein Wort, welches dieses Wunder treffend fasste. »Der Grund liegt etwa zweihundertelf Schritt unter dem Kiel des Bootes, auf dem Ihr steht«, sagte Coira, die sich über die kindliche Freude des Mannes amüsierte. Sie nahm den Schleier, um die wehenden Haare zu einem Pferdschwanz zu binden. »So tief reichen die Eisenwände hinab. Ihr könntet trockenen Fußes auf dem Boden hin und her laufen, aber

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