Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend
ging zu der Haltebucht, wo der Bus bereitstand. »Verrecken sollen sie, die gottverdammten Scheiß Japse!« rief er.
Endlich hatte Becker seine Fahrkarte. Ich begleitete ihn zum Bus. Dort musste er wieder
anstehen.
»Hast du noch einen guten Rat für mich?« fragte er.
»Nein.«
Langsam rückte die Reihe in den Bus vor. Das Mädchen weinte und redete hastig und leise auf den Soldaten ein.
Dann war Becker an der Tür. Ich boxte ihn an die Schulter. »Du bist der Beste, den ich je gekannt habe.« »Danke, Hank …« »Mach’s gut…«
Ich ging weg. Mit einem Mal waren die Straßen voll von Autos. Die Leute fuhren unbeherrscht, schrien sich gegenseitig an, fuhren bei Rot durch. Ich ging zurück zur Main Street. Amerika war im Krieg. Ich sah in meine Brieftasche: Ich hatte noch einen Dollar. Ich zählte mein Kleingeld: 67 Cents.
Ich ging die Main Street entlang. Für die Animierdamen würde heute nicht viel abfallen. Plötzlich stand ich wieder vor der Penny Arcade. Es war niemand drin. Ich sah nur den Inhaber, der in seiner erhöhten Kabine stand. Ich ging hinein. Es herrschte dämmriges Licht in der Flipperdiele, und es stank nach Pisse.
Ich ging durch die Reihen, an den ramponierten Spielautomaten entlang. Sie nannten es »Penny Arcade«, doch die meisten Spiele kosteten fünf Cents und manche sogar zehn. Ich blieb vor dem Box-Automaten stehen. Der hatte mir immer am besten gefallen. Zwei kleine Männer aus Eisen standen in einem Glaskasten, jeder mit einem Knopf am Kinn. An jeder Seite ragten zwei Handgriffe heraus, die Abzugshebel hatten wie Pistolengriffe. Wenn man die Hebel betätigte, schnellten die Arme des Boxers hoch und schlugen wilde Aufwärtshaken. Man konnte den Boxer vor und zurück bewegen, nach rechts und links. Wenn man den Knopf am Kinn des Gegners traf, fiel er nach hinten um und war k.o. Ich erinnerte mich, wie ich als Junge nach dem k.o.-Sieg von Max Schmeling über Joe Louis auf die Straße gerannt war und meinen Spielkameraden zugerufen hatte: »Hey, Max Schmeling hat Joe Louis k.o. geschlagen!« Keiner hatte etwas gesagt. Wortlos waren sie weggegangen und hatten die Köpfe hängen lassen.
Für das Boxerspiel musste man zu zweit sein. Und mit dem Abartigen, dem der Laden
gehörte, wollte ich nicht spielen. Doch dann sah ich einen kleinen Mexikaner von acht oder
neun Jahren den Mittelgang herunterkommen. Er wirkte nett und intelligent, der Kleine.
»Hey, Kid.«
»Ja, Mister?«
»Willst du ‘ne Runde an dem Boxkasten mit mir spielen?«
»Für umsonst?«
»Klar. Ich bezahle. Such dir ‘n Boxer aus.«
Er lief um den Kasten und spähte durchs Glas. Er schien mit großem Ernst bei der Sache zu
sein. Schließlich sagte er: »Okay, ich nehm den mit der roten Hose. Der sieht mir am besten
aus.«
»Na schön.«
Der Junge stellte sich auf seine Seite und besah sich seinen Boxer durch die Glasscheibe.
Dann schaute er zu mir hoch.
»Mister, wissen Sie nicht, dass Krieg ist?«
»Doch.«
Wir standen da. »Sie müssen Geld einwerfen«, sagte er.
»Was machst du hier drin?« fragte ich ihn. »Warum bist du nicht in der Schule?« »Heut’ ist doch Sonntag.«
Ich warf zehn Cents ein. Der Junge drückte auf seine Abzugshebel, ich auf meine. Er hatte eine schlechte Wahl getroffen. Der linke Arm seines Boxers war beschädigt und kam nur noch halb hoch. Damit konnte er niemals den Knopf am Kinn meines Mannes treffen. Er konnte nur mit der Rechten schlagen. Ich beschloss, mir Zeit zu lassen. Mein Boxer trug eine blaue Hose. Ich bewegte ihn vor und zurück und ließ ihn plötzlich Ausfälle machen. Der Mexikanerjunge war fabelhaft.
Er versuchte es immer wieder. Er ließ den linken Abzugshebel los und betätigte nur noch den für den rechten Arm. Ich ließ meinen Blauen beidhändig schlagend nach vorn preschen und eine schnelle Entscheidung suchen. Doch der Junge pumpte unentwegt den rechten Arm des Roten. Plötzlich fiel der Blaue um, als habe ihn der Blitz getroffen. Er machte ein schepperndes Geräusch.
»Ich hab Sie, Mister«, sagte der Junge. »Du hast gewonnen«, sagte ich. Der Junge war begeistert. Immer wieder sah er den Blauen an, der platt auf dem Arsch lag. »Wollen Sie nochmal, Mister?« Ich zögerte, ohne recht zu wissen, warum. »Ist Ihr Geld schon alle, Mister?« »Oh … nein.«
»Okay, dann boxen wir doch!« Ich warf noch einmal zehn Cents ein, und der Blaue kam mit einem Satz auf die Beine. Der Junge drückte auf seinen rechten Abzugshebel, und der rechte Arm des Roten pumpte und pumpte.
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