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Das Schlitzohr

Das Schlitzohr

Titel: Das Schlitzohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Schöchle
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tote
Katze. Wir freuten uns sehr darüber und wollten sie in Eugens Zimmer aufhängen,
damit es dort recht schön stinkt. Wir rückten deshalb den Schrank von der Wand,
schlugen einen Nagel in seine Rückseite, hängten die Katze daran auf und
rückten den Schrank wieder an seinen Platz. Das ging sehr gut, denn hinter dem
Schrank liefen Heizrohre vorbei, so daß ein Zwischenraum vorhanden war. Nun
gingen wir jeden Tag ein- bis zweimal in »Eugens Bude«, wie wir sein Zimmer
nannten, und nahmen eine Geruchsprobe. Aber zu unserer Enttäuschung stellte
sich der Geruch nicht ein. Als wir den Schrank wegrückten, mußten wir
feststellen, daß der Kadaver durch die trockene Luft der Dampfheizungsrohre
total eingetrocknet war. Es nützte auch nichts, als wir den Kadaver einen Tag
ins Wasser legten, er trocknete einfach wieder ein. Da kam uns eine Idee. Wir kauften
einen Bückling, nahmen die Schublade am Fußende von Eugens Schlaftruhe heraus,
nagelten den Bückling auf die Rückseite, und schon nach zwei Tagen war der
gewünschte penetrante Gestank in Eugens Bude. Er suchte zwar überall nach der
Ursache, aber die Schublade zog er nicht heraus, wie wir richtig vermutet
hatten. Entschieden angenehmer empfand diesen Geruch wohl eine Maus, die
irgendwie ins Zimmer gekommen war und den Bückling auffraß. Eugen begegnete
ihr, als er eines morgens um fünf Uhr die Schublade aufzog, um seine
Schuhwichse herauszuholen. Es gab zwar wieder ein Verhör, aber an der Maus
waren wir wirklich unschuldig.
    Am meisten Spaß machte uns die
Geschichte mit der Feder. Dazu muß ich zuerst eine Ortsbeschreibung liefern.
Durch das ganze Haus ging damals ein breiter Gang, und damit es nicht zieht,
waren vorne, hinten und in der Mitte je ein Glasabschluß. Da die Türen dieser
Abschlüsse immer offenstanden und es deshalb trotzdem zog, ließ mein Vater an
dem mittleren Abschluß eine Feder als Türschließer anbringen, die schön
vernickelt war und in dem dunklen Gang hell blitzte. Wenn nun ein Gast des
Kutscherstübles ein menschliches Rühren hatte, mußte er durch den mittleren
Glasabschluß zum WC. Auf dem Rückweg sah er nun die Feder blitzen und hielt sie
für einen Türdrücker. Wir erkannten bald die Möglichkeit und schmierten die
Feder dick mit Senf ein. Es gab damals in Bayern zweierlei Senf, den grauen
deutschen Senf und den französischen, der seiner Farbe und Konsistenz
entsprechend den Namen »Kindlesdreck« führte. Den französischen Senf strichen
wir auf die Feder, und wenn nun ein ahnungsloser Bauer den stillen Ort
aufsuchte und auf dem Rückweg die Feder erwischte, glaubte er, die Feder wäre
frisch geölt und wischte sich die Hand an der Hose ab. Wenn er dann wieder in
das Kutscherstüble zurückkam, freuten sich alle Anwesenden, denn sie wußten ja,
wo er herkam, aber keiner wußte, daß es nur Senf war, den er an der Hose hatte.
    In Philipp hatte ich aber auch einen
guten Verbündeten bei größeren Schwierigkeiten, wie zum Beispiel dann, wenn ich
in der Schule einen Arrest erhielt. Die Benachrichtigung dafür kam durch die
Post. Philipp, der die Post holen mußte, brachte sie an diesen Tagen meinem
Vater erst, wenn er alle Hände voll zu tun hatte. Damit war schon einiges
erreicht, aber der Zettel war noch lange nicht unterschrieben. Wir warteten
zwei bis drei Tage. Abends, etwa eine Stunde nachdem ich ins Bett gegangen war,
benutzte Philipp die Gelegenheit, meinem Vater mitzuteilen, daß ich am
folgenden Morgen unbedingt die unterschriebene Arrestmitteilung in die Schule
mitbringen müsse. Mein Vater unterschrieb sie mit der Absicht, am nächsten Tag
mit mir ein ernstes Wort zu reden. Aber unsere Rechnung ging auf, im Drange der
Geschäfte hatte er es meist vergessen, zumal ich an diesem Tag wohlweislich
vermied, die Aufmerksamkeit auf mich zu lenken.
    Die Angelegenheit wurde erst dann
gefährlich, wenn meine Mutter von meinen Missetaten Wind bekam. Es kam dann
meist zu einem, wie ich es nannte, »Familienkarusell«, und das ging so vor
sich: Mein Vater griff zum Meerrohr, legte mich über das Knie und zog mir eine
über den Hintern, darauf stieß ich einen Schrei aus und bedeckte diesen
Körperteil mit den Händen. Deshalb landete der nächste Hieb auf ihnen. Das war
für mich Grund, ein Fortissimo an Schmerzgebrüll auszustoßen und schleunigst
meine Hände aus der Gefahrenzone zu bringen. Dieser Schrei war zuviel für ein
Mutterherz. Wild entschlossen stürzte sich deshalb meine Mutter auf ihren
Sprößling, um ihn vor

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