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Das Schloß

Das Schloß

Titel: Das Schloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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freilich möglich. Ganz offen an der Oberfläche liegt es ja nicht, was ich über ihn gesagt habe, es läßt sich auch anders deuten. Aber verleumden? Verleumden könnte doch nur den Zweck haben, damit gegen Deine Liebe zu ihm anzukämpfen. Wäre es nötig und wäre Verleumdung ein geeignetes Mittel, ich würde nicht zögern ihn zu verleumden. Niemand könnte mich deshalb verurteilen, er ist durch seine Auftraggeber in solchem Vorteil mir gegenüber, daß ich, ganz allein auf mich angewiesen, auch ein wenig verleumden dürfte. Es wäre ein verhältnismäßig unschuldiges und letzten Endes ja auch ohnmächtiges Verteidigungsmittel. Laß also die Fäuste ruhn.« Und K. nahm Friedas Hand in die seine; Frieda wollte sie ihm entziehn, aber lächelnd und nicht mit großer Kraftanstrengung. »Aber ich muß nicht verleumden«, sagte K., »denn Du liebst ihn ja nicht, glaubst es nur und wirst mir dankbar sein, wenn ich Dich von der Täuschung befreie. Sieh, wenn jemand Dich von mir fortbringen wollte, ohne Gewalt, aber mit möglichst sorgfältiger Berechnung, dann müßte er es durch die beiden Gehilfen tun. Scheinbar gute, kindliche, lustige, verantwortungslose, von hoch her, vom Schloß hergeblasene Jungen, ein wenig Kindheitserinnerung auch dabei, das ist doch schon alles sehr liebenswert, besonders wenn ich etwa das Gegenteil von alledem bin, dafür immerfort hinter Geschäften herlaufe, die Dir nicht ganz verständlich, die Dir ärgerlich sind, die mich mit Leuten zusammenbringen, die Dir hassenswert sind und etwas davon bei aller meiner Unschuld auch auf mich übertragen. Das ganze ist nur eine bösartige, allerdings sehr kluge Ausnützung der Mängel unseres Verhältnisses. Jedes Verhältnis hat seine Mängel, gar unseres; wir kamen ja jeder aus einer ganz andern Welt zusammen und seitdem wir einander kennen, nahm das Leben eines jeden von uns einen ganz neuen Weg, wir fühlen uns noch unsicher, es ist doch allzu neu. Ich rede nicht von mir, das ist nicht so wichtig, ich bin ja im Grunde immerfort beschenkt worden, seitdem Du Deine Augen zum erstenmal mir zuwandtest und an das Beschenktwerden sich gewöhnen ist nicht sehr schwer. Du aber, von allem andern abgesehn, wurdest von Klamm losgerissen, ich kann nicht ermessen, was das bedeutet, aber eine Ahnung dessen habe ich doch allmählich schon bekommen, man taumelt, man kann sich nicht zurechtfinden, und wenn ich auch bereit war Dich immer aufzunehmen, so war ich doch nicht immer zugegen und wenn ich zugegen war, hielten Dich manchmal Deine Träumereien fest oder noch Lebendigeres, wie etwa die Wirtin – kurz es gab Zeiten, wo Du von mir wegsahst, Dich irgendwohin ins Halb-Unbestimmte sehntest, armes Kind, und es mußten nur in solchen Zwischenzeiten in der Richtung Deines Blicks passende Leute aufgestellt werden und Du warst an sie verloren, erlagst der Täuschung, daß das, was nur Augenblicke waren, Gespenster, alte Erinnerungen, im Grunde vergangenes und immer mehr vergehendes einstmaliges Leben, daß dieses noch Dein wirkliches jetziges Leben sei. Ein Irrtum, Frieda, nichts als die letzte, richtig angesehn verächtliche Schwierigkeit unserer endlichen Vereinigung. Komme zu Dir, fasse Dich; wenn Du auch dachtest, daß die Gehilfen von Klamm geschickt sind – es ist gar nicht wahr, sie kommen von Galater – und wenn sie Dich auch mit Hilfe dieser Täuschung so bezaubern konnten, daß Du selbst in ihrem Schmutz und ihrer Unzucht Spuren von Klamm zu finden meintest, so wie jemand in einem Misthaufen einen einst verlorenen Edelstein zu sehen glaubt, während er ihn in Wirklichkeit dort gar nicht finden könnte, selbst wenn er dort wirklich wäre – so sind es doch nur Burschen von der Art der Knechte im Stall, nur daß sie nicht ihre Gesundheit haben, ein wenig frische Luft sie krank macht und aufs Bett wirft, das sie sich allerdings mit knechtischer Pfiffigkeit auszusuchen verstehn.« Frieda hatte ihren Kopf an K.’s Schulter gelehnt, die Arme um einander geschlungen giengen sie schweigend auf und ab. »Wären wir doch«, sagte Frieda, langsam, ruhig, fast behaglich, so als wisse sie, daß ihr nur eine ganz kleine Frist der Ruhe an K.’s Schulter gewährt sei, diese aber wolle sie bis zum Letzten genießen, »wären wir doch gleich, noch in jener Nacht ausgewandert, wir könnten irgendwo in Sicherheit sein, immer beisammen, Deine Hand immer nahe genug, sie zu fassen; wie brauche ich Deine Nähe, wie bin ich, seitdem ich Dich kenne, ohne Deine Nähe verlassen;

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