Das Schloß
kurz vor der Hochzeit sind kehrst Du wieder in ihn zurück?« »Es wird keine Hochzeit geben«, sagte Frieda. »Weil ich untreu war?« fragte K. Frieda nickte. »Nun sieh, Frieda,« sagte K., »über diese angebliche Untreue haben wir schon öfters gesprochen und immer hast Du schließlich einsehn müssen, daß es ein ungerechter Verdacht war. Seidem aber hat sich auf meiner Seite nichts geändert, alles ist so unschuldig geblieben wie es war und wie es nicht anders werden kann. Also muß sich etwas auf Deiner Seite geändert haben, durch fremde Einflüsterungen oder anderes. Unrecht tust Du mir auf jeden Fall, denn sieh, wie verhält es sich mit diesen zwei Mädchen? Die eine, die dunkle – ich schäme mich fast, mich so im einzelnen verteidigen zu müssen, aber Du forderst es heraus – die dunkle also ist mir wahrscheinlich nicht weniger peinlich als Dir; wenn ich mich nur irgendwie von ihr fernhalten kann, tue ich es und sie erleichtert das ja auch, man kann nicht zurückhaltender sein, als sie es ist.« »Ja«, rief Frieda aus, die Worte kamen ihr wie gegen ihren Willen hervor; K. war froh, sie so abgelenkt zu sehn; sie war anders, als sie sein wollte, »die magst Du für zurückhaltend ansehn, die schamloseste von allen nennst Du zurückhaltend und Du meinst es, so unglaubwürdig es ist, ehrlich, Du verstellst Dich nicht, das weiß ich. Die Brückenhofwirtin sagt von Dir: leiden kann ich ihn nicht, aber verlassen kann ich ihn auch nicht, man kann doch auch beim Anblick eines kleinen Kindes, das noch nicht gut gehen kann und sich weit vorwagt, unmöglich sich beherrschen, man muß eingreifen.« »Nimm diesmal ihre Lehre an«, sagte K. lächelnd, »aber jenes Mädchen, ob es zurückhaltend oder schamlos ist, können wir bei Seite lassen, ich will von ihr nichts wissen.« »Aber warum nennst Du sie zurückhaltend?« fragte Frieda unnachgiebig, K. hielt diese Teilnahme für ein ihm günstiges Zeichen, »hast Du es erprobt oder willst Du andere dadurch herabsetzen?« »Weder das eine noch das andere«, sagte K., »ich nenne sie so aus Dankbarkeit, weil sie es mir leicht macht, sie zu übersehn und weil ich, selbst wenn sie mich nur öfters ansprechen würde, es nicht über mich bringen könnte wieder hinzugehn, was doch ein großer Verlust für mich wäre, denn ich muß hingehn, wegen unserer gemeinsamen Zukunft, wie Du weißt. Und deshalb muß ich auch mit dem andern Mädchen sprechen, das ich zwar wegen seiner Tüchtigkeit, Umsicht und Selbstlosigkeit schätze, von dem aber doch niemand behaupten kann, daß es verführerisch ist.« »Die Knechte sind anderer Meinung«, sagte Frieda. »In dieser wie auch wohl in vieler anderer Hinsicht«, sagte K. »Aus den Gelüsten der Knechte willst Du auf meine Untreue schließen?« Frieda schwieg und duldete es, daß K. ihr die Tasse aus der Hand nahm, auf den Boden stellte, seinen Arm unter den ihren schob und in kleinem Raum langsam mit ihr hin- und herzugehn begann. »Du weißt nicht was Treue ist«, sagte sie, sich ein wenig wehrend gegen seine Nähe, »wie Du Dich auch zu den Mädchen verhalten magst, ist ja nicht das Wichtigste; daß Du in diese Familie überhaupt gehst und zurückkommst, den Geruch ihrer Stube in den Kleidern, ist schon eine unerträgliche Schande für mich. Und Du läufst aus der Schule fort, ohne etwas zu sagen. Und bleibst gar bei ihnen die halbe Nacht. Und läßt, wenn man nach Dir fragt, Dich von den Mädchen verleugnen, leidenschaftlich verleugnen, besonders von der unvergleichlich Zurückhaltenden. Schleichst Dich auf einem geheimen Weg aus dem Haus, vielleicht gar um den Ruf jener Mädchen zu schonen, den Ruf jener Mädchen! Nein, sprechen wir nicht mehr davon!« »Von diesem nicht«, sagte K., »aber von etwas anderem, Frieda. Von diesem ist ja auch nichts zu sagen. Warum ich hingehn muß, weißt Du. Es wird mir nicht leicht, aber ich überwinde mich. Du solltest es mir nicht schwerer machen als es ist. Heute dachte ich nur für einen Augenblick hinzugehn und nachzufragen, ob Barnabas, der eine wichtige Botschaft schon längst hätte bringen sollen, endlich gekommen ist. Er war nicht gekommen, aber er mußte, wie man mir versicherte und wie es auch glaubwürdig war, sehr bald kommen. Ihn mir in die Schule nachkommen lassen, wollte ich nicht, um Dich durch seine Gegenwart nicht zu belästigen. Die Stunden vergingen und er kam leider nicht. Wohl aber kam ein anderer, der mir verhaßt ist. Von ihm mich ausspionieren zu lassen, hatte ich keine
Weitere Kostenlose Bücher