Das Schloß
getan?« sagte er vor sich hin. »Wir beide sind verloren.« »Nein«, sagte Frieda, »nur ich bin verloren, doch ich habe Dich gewonnen. Sei ruhig. Sieh aber, wie die zwei lachen.« »Wer?« fragte K. und wandte sich um. Auf dem Pult saßen seine beiden Gehilfen, ein wenig übernächtig, aber fröhlich, es war die Fröhlichkeit, welche treue Pflichterfüllung gibt. »Was wollt Ihr hier«, schrie K. als seien sie an allem schuld, er suchte ringsherum die Peitsche, die Frieda abend gehabt hatte. »Wir mußten Dich doch suchen«, sagten die Gehilfen, »da Du nicht herunter zu uns in die Wirtsstube kamst, wir suchten Dich dann bei Barnabas und fanden Dich endlich hier, hier sitzen wir die ganze Nacht. Leicht ist ja der Dienst nicht.« »Ich brauche Euch bei Tag, nicht in der Nacht«, sagte K., »fort mit Euch!« »Jetzt ist ja Tag«, sagten sie und rührten sich nicht. Es war wirklich Tag, die Hoftüre wurde geöffnet, die Bauern mit Olga, die K. ganz vergessen hatte, strömten herein, Olga war lebendig wie am Abend, so übel auch ihre Kleider und Haare zugerichtet waren, schon in der Tür suchten ihre Augen K. »Warum bist Du nicht mit mir nachhause gegangen?« sagte sie fast unter Tränen. »Wegen eines solchen Frauenzimmers!« sagte sie dann und wiederholte das einige Male. Frieda, die für einen Augenblick verschwunden war, kam mit einem kleinen Wäschebündel zurück, Olga trat traurig beiseite. »Nun können wir gehn«, sagte Frieda, es war selbstverständlich, daß sie das Wirtshaus zur Brücke meinte, in das sie gehen sollten. K. mit Frieda, hinter ihnen die Gehilfen, das war der Zug, die Bauern zeigten viel Verachtung für Frieda, es war verständlich weil sie sie bisher streng beherrscht hatte, einer nahm sogar einen Stock und tat so, als wolle er sie nicht fortlassen, ehe sie über den Stock springe, aber ihr Blick genügte, um ihn zu vertreiben. Draußen im Schnee atmete K. ein wenig auf, das Glück im Freien zu sein war so groß, daß es diesmal die Schwierigkeit des Weges erträglich machte, wäre K. allein gewesen, wäre es noch besser gegangen. Im Wirtshaus ging er gleich in sein Zimmer und legte sich aufs Bett, Frieda machte sich daneben auf dem Boden ein Lager zurecht, die Gehilfen waren miteingedrungen, wurden vertrieben, kamen dann aber durchs Fenster wieder herein. K. war zu müde, um sie nochmals zu vertreiben. Die Wirtin kam eigens hinauf, um Frieda zu begrüßen, wurde von Frieda Mütterchen genannt, es gab eine unverständlich herzliche Begrüßung mit Küssen und langem Aneinanderdrücken. Ruhe war in dem Zimmerchen überhaupt wenig, öfters kamen auch die Mägde in ihren Männerstiefeln hereingepoltert, um irgendetwas zu bringen oder zu holen. Brauchten sie etwas aus dem mit verschiedenen Dingen vollgestopften Bett, zogen sie es rücksichtslos unter K. hervor. Frieda begrüßten sie als ihresgleichen. Trotz dieser Unruhe blieb doch K. im Bett den ganzen Tag und die ganze Nacht. Kleine Handreichungen besorgte ihm Frieda. Als er am nächsten Morgen sehr erfrischt endlich aufstand, war es schon der vierte Tag seines Aufenthaltes im Dorf.
4 Erstes Gespräch mit der Wirtin
Er hätte gern mit Frieda vertraulich gesprochen aber die Gehilfen, mit denen übrigens Frieda hie und da auch scherzte und lachte, hinderten ihn daran durch ihre bloße aufdringliche Gegenwart. Anspruchsvoll waren sie allerdings nicht, sie hatten sich in einer Ecke auf dem Boden auf zwei alten Frauenröcken eingerichtet, es war, wie sie mit Frieda öfters besprachen, ihr Ehrgeiz den Herrn Landvermesser nicht zu stören und möglichst wenig Raum zu brauchen, sie machten in dieser Hinsicht, immer freilich unter Lispeln und Kichern, verschiedene Versuche, verschränkten Arme und Beine, kauerten sich gemeinsam zusammen, in der Dämmerung sah man in ihrer Ecke nur ein großes Knäuel. Trotzdem aber wußte man leider aus den Erfahrungen bei Tageslicht, daß es sehr aufmerksame Beobachter waren, immer zu K. herüberstarrten, sei es auch daß sie in scheinbar kindlichem Spiel etwa ihre Hände als Fernrohre verwendeten und ähnlichen Unsinn trieben oder auch nur herüberblinzelten und hauptsächlich mit der Pflege ihrer Bärte beschäftigt schienen, an denen ihnen sehr viel gelegen war und die sie unzähligemal der Länge und Fülle nach miteinander verglichen und von Frieda beurteilen ließen. Oft sah K. von seinem Bett aus dem Treiben der Drei in völliger Gleichgültigkeit zu.
Als er nun sich kräftig genug fühlte, das Bett zu
Weitere Kostenlose Bücher