Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schloß

Das Schloß

Titel: Das Schloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
Vom Netzwerk:
des Barnabas! Freilich dort bekommt er ein Nachtlager, ach hätte er es doch lieber dort gehabt, als im Herrenhof. Aber wo wart denn Ihr?«
    »Frau Wirtin«, sagte K., noch ehe die Gehilfen antworteten, »es sind meine Gehilfen, Sie aber behandeln sie so, wie wenn es Ihre Gehilfen, aber meine Wächter wären. In allem andern bin ich bereit, höflichst über Ihre Meinungen zumindest zu diskutieren, hinsichtlich meiner Gehilfen aber nicht, denn hier liegt die Sache doch zu klar. Ich bitte Sie daher mit meinen Gehilfen nicht zu sprechen und wenn meine Bitte nicht genügen sollte, verbiete ich meinen Gehilfen Ihnen zu antworten.«
    »Ich darf also nicht mit Euch sprechen«, sagte die Wirtin und alle drei lachten, die Wirtin spöttisch aber viel sanfter als K. erwartet hatte, die Gehilfen in ihrer gewöhnlichen, viel und nichts bedeutenden, jede Verantwortung ablehnenden Art.
    »Werde nur nicht böse«, sagte Frieda, »Du mußt unsere Aufregung richtig verstehn. Wenn man will, verdanken wir es nur Barnabas, daß wir jetzt einander gehören. Als ich Dich zum erstenmal im Ausschank sah – Du kamst herein, eingehängt in Olga – wußte ich zwar schon einiges über Dich, aber im Ganzen warst Du mir doch völlig gleichgültig. Nun nicht nur Du warst mir gleichgültig, fast alles, fast alles war mir gleichgültig. Ich war ja auch damals mit vielem unzufrieden und manches ärgerte mich, aber was war das für eine Unzufriedenheit und was für ein Ärger. Es beleidigte mich z.B. einer der Gäste im Ausschank – sie waren ja immer hinter mir her, Du hast die Burschen dort gesehn, es kamen aber noch viel ärgere, Klamms Dienerschaft war nicht die ärgste – also einer beleidigte mich, was bedeutete mir das? Es war mir als sei es vor vielen Jahren geschehn oder als sei es gar nicht mir geschehn oder als hätte ich es nur erzählen hören oder als hätte ich selbst es schon vergessen. Aber ich kann es nicht beschreiben, ich kann es nicht einmal mir mehr vorstellen, so hat sich alles geändert seitdem Klamm mich verlassen hat. –«
    Und Frieda brach ihre Erzählung ab, traurig senkte sie den Kopf, die Hände hielt sie gefaltet im Schooß.
    »Sehen Sie«, rief die Wirtin und sie tat es so, als spreche sie nicht selbst sondern leihe nur Frieda ihre Stimme, sie rückte auch näher und saß nun knapp neben Frieda, »sehen Sie nun Herr Landvermesser die Folgen Ihrer Taten, und auch Ihre Gehilfen, mit denen ich ja nicht sprechen darf, mögen zu ihrer Belehrung zusehn. Sie haben Frieda aus dem glückseligsten Zustand gerissen, der ihr je beschieden war und es ist Ihnen vor allem deshalb gelungen weil Frieda in ihrem kindlich übertriebenen Mitleid es nicht ertragen konnte, daß Sie an Olgas Arm hingen und so der Barnabas’schen Familie ausgeliefert schienen. Sie hat Sie gerettet und sich dabei geopfert. Und nun da es geschehen ist und Frieda alles was sie hatte eingetauscht hat für das Glück auf Ihrem Knie zu sitzen, nun kommen Sie und spielen es als Ihren großen Trumpf aus, daß Sie einmal die Möglichkeit hatten, bei Barnabas übernachten zu dürfen. Damit wollen Sie wohl beweisen, daß Sie von mir unabhängig sind. Gewiß, wenn Sie wirklich bei Barnabas übernachtet hätten, wären Sie so unabhängig von mir, daß Sie im Nu, aber allerschleunigst, mein Haus verlassen müßten.«
    »Ich kenne die Sünden der Barnabas’schen Familie nicht«, sagte K. während er Frieda, die wie leblos war, vorsichtig aufhob, langsam auf das Bett setzte und selbst aufstand, »vielleicht haben Sie darin recht, aber ganz gewiß hatte ich Recht, als ich Sie ersucht habe, unsere Angelegenheiten, Friedas und meine, uns beiden allein zu überlassen. Sie erwähnten damals etwas von Liebe und Sorge, davon habe ich dann aber weiter nicht viel gemerkt, desto mehr aber von Haß und Hohn und Hausverweisung. Sollten Sie es darauf angelegt haben, Frieda von mir oder mich von Frieda abzubringen, so war es ja recht geschickt gemacht, aber es wird Ihnen doch glaube ich nicht gelingen und wenn es Ihnen gelingen sollte, so werden Sie es – erlauben Sie mir auch einmal eine dunkle Drohung – bitter bereuen. Was die Wohnung betrifft, die Sie mir gewähren – Sie können damit nur dieses abscheuliche Loch meinen – so ist es durchaus nicht gewiß, daß Sie es aus eigenem Willen tun, vielmehr scheint darüber eine Weisung der gräflichen Behörde vorzuliegen. Ich werde nun dort melden, daß mir hier gekündigt worden ist und wenn man mir dann eine andere

Weitere Kostenlose Bücher