Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schloß

Das Schloß

Titel: Das Schloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
Vom Netzwerk:
groß, meist größer als eine amtliche Bedeutung jemals sein könnte.«
    »Gut«, sagte K., »angenommen daß sich alles so verhält, dann hätte ich also eine Menge guter Freunde im Schloß; genau besehn war schon damals vor vielen Jahren der Einfall jener Abteilung, man könnte einmal einen Landvermesser kommen lassen, ein Freundschaftsakt mir gegenüber und in der Folgezeit reihte sich dann einer an den andern bis ich dann allerdings zum bösen Ende hergelockt wurde und man mir mit dem Hinauswurf droht.«
    »Es ist eine gewisse Wahrheit in Ihrer Auffassung«, sagte der Vorsteher, »Sie haben darin recht, daß man die Äußerungen des Schlosses nicht wortwörtlich hinnehmen darf. Aber Vorsicht ist doch überall nötig, nicht nur hier, und desto nötiger je wichtiger die Äußerung ist, um die es sich handelt. Was Sie dann aber von Herlocken sagen, ist mir unbegreiflich. Wären Sie meinen Ausführungen besser gefolgt, dann müßten Sie doch wissen daß die Frage Ihrer Hierherberufung viel zu schwierig ist, als daß wir sie hier im Laufe einer kleinen Unterhaltung beantworten könnten.«
    »So bleibt dann als Ergebnis«, sagte K., »daß alles sehr unklar und unlösbar ist bis auf den Hinauswurf.«
    »Wer sollte wagen Sie hinauszuwerfen, Herr Landvermesser«, sagte der Vorsteher, »eben die Unklarheit der Vorfragen verbürgt Ihnen die höflichste Behandlung, nur sind Sie dem Anschein nach zu empfindlich. Niemand hält Sie hier zurück, aber das ist doch noch kein Hinauswurf.«
    »Oh Herr Vorsteher«, sagte K., »nun sind wieder Sie es der manches allzuklar sieht. Ich werde Ihnen einiges davon aufzählen was mich hier zurückhält: die Opfer, die ich brachte, um von zuhause fortzukommen, die lange schwere Reise, die begründeten Hoffnungen, die ich mir wegen der Aufnahme hier machte, meine vollständige Vermögenslosigkeit, die Unmöglichkeit jetzt wieder eine entsprechende Arbeit zuhause zu finden und endlich nicht zum wenigsten meine Braut, die eine Hiesige ist.«
    »Ach Frieda!« sagte der Vorsteher ohne jede Überraschung. »Ich weiß. Aber Frieda würde Ihnen überall hin folgen. Was freilich das Übrige betrifft, so sind hier allerdings gewisse Erwägungen nötig und ich werde darüber ins Schloß berichten. Sollte eine Entscheidung kommen oder sollte es vorher nötig werden, Sie noch einmal zu verhören, werde ich Sie holen lassen. Sind Sie damit einverstanden?«
    »Nein, gar nicht«, sagte K., »ich will keine Gnadengeschenke vom Schloß, sondern mein Recht.«
    »Mizzi«, sagte der Vorsteher zu seiner Frau, die noch immer an ihn gedrückt dasaß und traumverloren mit Klamms Brief spielte, aus dem sie ein Schiffchen geformt hatte, erschrocken nahm es ihr K. jetzt fort, »Mizzi, das Bein fängt mich wieder sehr zu schmerzen an, wir werden den Umschlag erneuern müssen.«
    K. erhob sich, »dann werde ich mich also empfehlen«, sagte er. »Ja«, sagte Mizzi, die schon eine Salbe zurechtmachte, »es zieht auch zu stark.« K. wandte sich um, die Gehilfen hatten in ihrem immer unpassenden Diensteifer, gleich auf K.’s Bemerkung hin, beide Türflügel geöffnet. K. konnte, um das Krankenzimmer vor der mächtig eindringenden Kälte zu bewahren, nur flüchtig vor dem Vorsteher sich verbeugen. Dann lief er, die Gehilfen mit sich reißend, aus dem Zimmer und schloß schnell die Tür.

6 Zweites Gespräch mit der Wirtin
    Vor dem Wirtshaus erwartete ihn der Wirt. Ohne gefragt zu werden, hätte er nicht zu sprechen gewagt, deshalb fragte ihn K., was er wolle. »Hast Du schon eine neue Wohnung?« fragte der Wirt, zu Boden sehend. »Du fragst im Auftrag Deiner Frau«, sagte K., »Du bist wohl sehr abhängig von ihr?« »Nein«, sagte der Wirt, »ich frage nicht in ihrem Auftrag. Aber sie ist sehr aufgeregt und unglücklich Deinetwegen, kann nicht arbeiten, liegt im Bett und seufzt und klagt fortwährend.« »Soll ich zu ihr gehn?« fragte K. »Ich bitte Dich darum«, sagte der Wirt, »ich wollte Dich schon vom Vorsteher holen, horchte dort an der Tür, aber Ihr wart im Gespräch, ich wollte nicht stören, auch hatte ich Sorge wegen meiner Frau, lief wieder zurück, sie ließ mich aber nicht zu sich, so blieb mir nichts übrig als auf Dich zu warten.« »Dann komm also schnell«, sagte K., »ich werde sie bald beruhigen.« »Wenn es nur gelingen wollte«, sagte der Wirt.
    Sie giengen durch die lichte Küche, wo drei oder vier Mägde, jede weit von der andern, bei ihrer zufälligen Arbeit im Anblick K.’s förmlich

Weitere Kostenlose Bücher