CRAZY LOVE - verrückt verliebt (Einführungspreis bis 15.08.12) (German Edition)
Schon wieder umziehen …
Meine Mutter strahlte verdächtig über das ganze Gesicht, während sie mir in unserer kleinen Küche gegenüber saß und ihre Kaffeetasse mit beiden Händen fest umklammert hielt. Sie hatte heute ihren freien Tag und hätte eigentlich unterwegs sein müssen, um Einkäufe oder andere wichtige Dinge zu erledigen, zu denen sie sonst nicht kam. Als Krankenschwester arbeitete sie im Schichtdienst und war nach Dienstschluss für gewöhnlich zu groggy, um noch einen Finger zu rühren.
Ihre hellblauen Augen funkelten rätselhaft. Sie sah richtig glücklich aus. Es war schon eine Weile her, dass ich sie mit solch guter Laune angetroffen hatte.
Ihr ungewöhnliches Verhalten machte mich ganz zappelig. Ich war gerade aus der Schule zurück, hatte einen knurrenden Magen und zerbrach mir zudem noch den Kopf darüber, wie ich die Fünf in der Mathearbeit erklären sollte. Leider hatte ich die Arbeit total in den Sand gesetzt, was meiner Versetzung in die zehnte Klasse zwar nichts anhaben konnte, aber nun war meine schöne Zwei auf dem Zeugnis gefährdet.
„Jetzt mach es nicht so spannend, Mama“, sagte ich ungeduldig und blies demonstrativ die Backen auf. „Was ist denn los? Haben wir im Lotto gewonnen, oder warum kannst du dein Grinsen nicht abstellen?“
„Möchtest du einen Saft, Lexi?“, fragte sie in aller Ruhe.
Ich grummelte leicht genervt. „Nein, ich hab eigentlich ziemlichen Hunger, also, sag doch endlich, was los ist!“
Sie nahm einen tiefen Atemzug, strich mit einer Hand über ihren kurzen, blonden Pagenkopf, klemmte eine Haarsträhne hinters Ohr und sah mir eindringlich in die Augen. „Also, Süße, es ist so …“, begann sie ganz vorsichtig, „… ähm, vor ein paar Wochen hab ich einfach mal ein paar Bewerbungen rausgeschickt … und … also, prompt kamen zwei Einladungen zum Vorstellungsgespräch, und eine … stell dir vor … war aus Berlin …“
Ich starrte meine Mutter mit offenem Mund an und hatte sofort ein alarmierend mulmiges Gefühl. Wollte sie etwa über einen Umzug sprechen? Nein, bitte, das durfte nicht sein, nicht schon wieder. Wir wohnten erst seit knapp über einem Jahr Bählming, einer Kleinstadt in Süddeutschland, und ich hatte mich endlich, nach anfänglichen Schwierigkeiten, gut eingelebt und Freunde gefunden. Ich mochte die meisten meiner Lehrer, unsere Schule und sogar den Sportunterricht.
„An dem Freitag vor drei Wochen, als du bei deiner Freundin Melanie übernachtet hast, erinnerst du dich? Da bin ich doch nach Berlin gefahren … und tja, also, wie soll ich es sagen. Ich hab die Stelle! Ich kann im August anfangen. Wir ziehen in die Großstadt, Lexi, stell dir mal vor!“
Ich verzog absolut keine Miene und musste erstmal schlucken. „Und warum erzählst du mir jetzt erst davon?“
Sie machte ein schuldvolles Gesicht. „Ich wollte nicht die Pferde scheu machen, bevor ich Gewissheit hatte. Ich dachte, ich warte besser, bis die Sache sicher ist.“
Unfassbar! Es würde nun der vierte Umzug sein, seit meine Eltern sich getrennt hatten, als ich zehn Jahre alt war.
„Warum, Mama? Ich dachte, dir gefällt der Job hier. Wir haben eine schöne Wohnung und genug Geld, und ich fühle mich endlich wohl. Warum müssen wir schon wieder wegziehen? Ich möchte nicht woanders hin“, protestierte ich. „Ist dir mal in den Sinn gekommen, dass auch ich ständig neu anfangen muss, nur weil du es nirgendwo aushältst?“
Meine Augen begannen zu brennen und eine Mischung aus Ärger und Enttäuschung packte mich du schnürte mir die Kehle zu. Verstimmt sah ich aus dem Küchenfenster. Draußen schien die Sonne, ein herrlicher Sommertag. Ich hatte mich am Nachmittag mit meiner Freundin Melanie zum Eisessen verabredet, doch jetzt erschien mir alles düster und ungerecht.
„Ach, Lexi“, versuchte meine Mutter mich zu beruhigen und legte ihre Hand auf meine. „Sieh mal, wir werden in Berlin leben, das ist so aufregend! Dort wirst du sicher ganz viele Freunde finden und jede Menge spannender Dinge unternehmen können, die hier gar nicht möglich sind. Sieh das doch mal von der positiven Seite!“
Ich wischte eine Träne weg, die mir spontan entwischt war und riss mich zusammen. Längst war mir klar, dass das Bedürfnis meiner Mutter, nach ein, zwei Jahren an einen anderen Ort zu ziehen, irgendwie merkwürdig war, aber hatte sie einmal den Entschluss gefasst und auch einen Job klar gemacht, schien sie der glücklichste Mensch auf Erden zu sein. Ihr
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