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Das Schmetterlingsmädchen - Roman

Das Schmetterlingsmädchen - Roman

Titel: Das Schmetterlingsmädchen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Moriarty
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riss im Nachbargarten eine Platane um, die auf ihr Haus stürzte. Aber der Schaden beschränkte sich hauptsächlich auf den zweiten Stock, und niemand wurde verletzt. Selbst wenn es stark regnete und man im obersten Stockwerk opportunistische Eichhörnchen über den Boden trappeln hörte, wusste Cora, dass sie immer noch keinen Grund zur Klage hatten.
    Und dann wurde Alan krank. Zuerst wurde er schneller müde als sonst und ging nur noch vormittags ins Büro. Dann fing er an, beim Abendessen einzuschlafen, und obwohl Cora ihm etwas zu essen warm hielt, stocherte er nur darin herum. Sie sagte ihm, dass sie sich Sorgen machte, aber er versicherte ihr, dass alles in Ordnung wäre und er nur ein bisschen Ruhe brauchte. Es war Raymond, der ihn dazu brachte, zum Arzt zu gehen. Die beiden hatten deswegen einen furchtbaren Streit, den Cora bis nach oben in ihr Zimmer hörte. Die Tatsache, dass Alan sich so heftig widersetzte, war allein schon Grund zur Sorge. Später wurde Cora und Raymond klar, dass er geahnt hatte, wie es um ihn stand. Bauchspeicheldrüsenkrebs im fortgeschrittenen Stadium. Es blieb keine Zeit, entsetzt oder ungläubig zu sein. Der Arzt gab ihm noch zwei Monate und warnte sie, dass es sehr unerfreulich werden würde.
    Innerhalb weniger Wochen bewältigte er nicht einmal mehr die Treppen. Cora brachte ihm die Mahlzeiten auf sein Zimmer, Suppe, die sie ihm in den Mund löffeln konnte. Sie brachte auch für Raymond etwas zu essen. Er hatte im Vorjahr seine Kanzlei aufgegeben und hatte Zeit. Er setzte sich in den grünen Polstersessel neben Alans Bett und las ihm laut mit seiner immer noch eindringlichen Stimme vor, wann immer Alan sich wohl genug fühlte, um ihm zuzuhören. Er verabreichte das Morphium, und er half Alan ins Badezimmer am Ende des Flures. Raymond war siebzig, genau ein Jahr jünger als Alan, aber er war immer noch breitschultrig und kräftig genug, um ihn mühelos in die Wanne zu setzen.
    Während Alans Krankheit war Greta mit ihrem dritten Kind schwanger. Aber sie kam jeden Nachmittag um zwei, wenn Donna im Kindergarten war und Andrea normalerweise in ihrem Kinderwagen schlief. Falls Greta sich Gedanken über Raymonds ständige Anwesenheit machte, äußerte sie sich nicht dazu. Vielleicht wusste sie, vielleicht auch nicht, dass er den ganzen Tag da war, jeden Tag. Auf jeden Fall verließ Raymond nach wie vor um zehn Uhr abends das Haus. Selbst jetzt mussten sie an die Nachbarn denken, daran, was sie erklären konnten und was nicht. Aber nachts war Joseph im Haus, und er konnte Alans Pflege übernehmen, bis Raymond am nächsten Morgen wiederkam.
    Alan war nicht immer bei klarem Bewusstsein. Der Arzt sagte, dass es am Morphium lag. Mehrmals verwechselte er Cora mit seiner Großmutter und fragte sie, ob er ein braver Junge gewesen war und mit Harriet Schlitten fahren durfte. Eine Stunde später nannte er sie wieder Cora. Er sagte ihr, dass er sie mehr liebte, als er je beabsichtigt hatte. Er sagte ihr, wie leid es ihm täte. Sie wusste nicht, ob er sich entschuldigte, weil er krank war oder weil er sie verlassen würde, oder ob er immer noch Schuldgefühle wegen ihrer Heirat hatte, wegen all der Jahre, in denen Cora unglücklich gewesen war.
    »Schon gut«, sagte sie dann. »Mach dir deshalb keine Sorgen. Mach dir bitte keine Sorgen.«
    »Sag den Jungs nichts«, flüsterte er einmal und sah sie so eindringlich an, dass sie wusste, dass er nicht delirierte. Speichel klebte an seinen blassen Lippen, bis sie ihn wegtupfte.
    »Versprich es mir, Cora. Versprich es mir. Sag es nie den Jungs.«
    »Ich verspreche es dir«, sagte sie und nahm seine Hand. »Ich verstehe es.«
    Als das Ende nahte, kamen Howard und Earle nach Hause. Sie schleppten eine Matratze aus Howards altem Zimmer in das Schlafzimmer ihres Vaters und übernachteten abwechselnd am Fußende seines Bettes, falls er nachts aufwachte. Einer von ihnen war immer bei ihm und saß in Raymonds Sessel. Raymond selbst verschwand an dem Tag, als Howard und Earle eintrafen. Da sie ihn als ältesten Freund ihres Vaters kannten, wären ein paar Besuche vermutlich nicht weiter aufgefallen. Aber wenn er weiter an Alans Bett gewacht hätte, wäre es ihnen merkwürdig vorgekommen, und Cora war klar, dass Alan auch Raymond mitgeteilt hatte, was er sich wünschte. Wahrscheinlich hatten sie am letzten Tag, an dem es ihnen möglich war, voneinander Abschied genommen.
    Sie machte sich Sorgen um Raymond. Bei der Beerdigung waren alle nett und fürsorglich, und

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