Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)
Kopf von meinem Arm auf dem harten Holztisch hob. Mein Blick fiel auf den Bildschirmschoner mit dem Sternenhimmel, den mein Laptop aktiviert hatte.
Blinzelnd betätigte ich eine Taste, so dass der Text wieder erschien. Ich schreibe nicht besonders schnell; fünfhundert Wörter an einem Tag sind eine ziemlich gute Ausbeute, und tausend stimmen mich euphorisch. Doch nun hatte ich das Doppelte zu Papier gebracht, und zwar mit einer Leichtigkeit, dass es mir vorkam wie ein Traum.
Ungläubig starrte ich den Text an, speicherte ihn ab und machte mich daran, ihn auszudrucken.
Da klopfte es ein zweites Mal. Ich rückte den Stuhl zurück, stand auf und ging zur Tür.
»Ich wollt Sie nicht wecken«, sagte Jimmy Keith verlegen, obwohl dazu kein Anlass bestand, weil es, wie ich nun merkte, bereits Mittag war.
»Kein Problem, Sie haben mich nicht geweckt«, log ich und unterdrückte ein Gähnen. »Kommen Sie doch herein.«
»Ich dachte, vielleicht brauchen Sie Hilfe, mit dem Herd oder so.« Draußen herrschte dichter Nebel, und mit Jimmy wehte die Kälte herein, die in seiner Jacke hing. Er schlüpfte aus seinen schlammverschmierten Stiefeln, stellte sie auf dem Fußabstreifer ab, ging an mir vorbei in die Küche und öffnete die Ofentür, um einen Blick auf das Kohlenfeuer zu werfen. »Ach, es ist fast aus. Sie hätten mich holen sollen.«
Nachdem er die Asche herausgeräumt hatte, füllte er Kohle nach, so schnell und geschickt, dass ich ihn fragte, was sein Beruf gewesen war.
Er hob den Blick. »Ich hab Schieferdächer gemacht.«
Ein Dachdecker. Das erklärte, warum er aussah, als hätte er das ganze Leben an der frischen Luft gearbeitet.
Dann erkundigte er sich mit einem Nicken in Richtung Laptop nach meiner Tätigkeit. »Und Sie?«
»Ich schreibe«, antwortete ich. »Bücher.«
»Oh, aye? Was für welche denn?«
»Historische Romane.«
Er schloss die Tür des Aga-Herds und sah mich ziemlich beeindruckt an.
»Ja, das, an dem ich gerade arbeite, spielt hier, in Slains Castle«, sagte ich. »Deswegen wollte ich dieses Cottage mieten.«
»Oh, aye?«, wiederholte Jimmy interessiert. Da klopfte es erneut an der Tür.
»Na, Sie sind aber heute ganz schön gefragt«, sagte Jimmy, als ich sie öffnete und davor – nicht völlig unerwartet – Stuart erblickte.
»Guten Morgen. Ich dachte mir, ich seh mal nach, wie Sie zurechtkommen«, begrüßte er mich.
»Alles bestens, danke. Treten Sie doch ein; Ihr Vater ist schon da.«
»Mein Vater?«
»Aye«, rief Jimmy von der Küche aus. »So früh bist du aber selten auf. Alles in Ordnung?«
»Es ist nach elf«, konterte Stuart.
»Aye, das weiß ich.«
Ich bedankte mich bei Jimmy dafür, dass er den Herd frisch eingeheizt hatte, und als er und Stuart keine Anstalten machten zu gehen, fragte ich: »Möchte jemand einen Kaffee? Ich wollte mir gerade einen kochen.«
Offenbar hielten beide das für eine gute Idee. Jimmy schlenderte leise vor sich hin pfeifend hinüber in den Wohnraum, während Stuart sich zu mir in die Küche gesellte. »Na, wie war die erste Nacht im Cottage? Ich hätte Sie warnen sollen, dass die Fenster höllisch laut klappern, wenn der Wind von der See kommt. Der Lärm hat Sie hoffentlich nicht um den Schlaf gebracht, oder?«
»Ich war heute Nacht gar nicht im Bett, sondern hab gearbeitet«, gestand ich mit einem Blick auf den Holztisch.
Mit einem Nicken in Richtung meines Computers erklärte Jimmy: »Sie ist Schriftstellerin.«
»Aye, das weiß ich«, sagte Stuart.
»Und sie will über Slains Castle schreiben«, fügte sein Vater hinzu.
Stuart bedachte mich mit einem mitleidigen Blick. »Es war ein großer Fehler, ihm das zu erzählen.«
Ich setzte den Wasserkessel auf. »Warum?«
»Weil er zum Mittagessen rauf ins St. Olaf geht und am Nachmittag noch der Letzte in Cruden Bay weiß, warum Sie hier sind und was Sie machen. Jetzt werden Sie keine Sekunde mehr Ruhe haben.«
»Ach, was der Junge wieder redet«, widersprach Jimmy. »Ich hab keine Zeit für Klatsch.«
»Glauben Sie ihm kein Wort«, ermahnte Stuart mich. »Er erzählt für sein Leben gern Geschichten.«
»Aye, was für ein Glück, dass ich jemanden wie dich hab, der mich mit immer neuen versorgt«, spottete sein Vater.
Nun begann der Kessel zu pfeifen, ich goss das Wasser über den löslichen Kaffee, und wir setzten uns alle an den Tisch, um ihn zu trinken. Nach einer Weile sah Jimmy auf seine Uhr und sagte: »Tja, ich muss allmählich heim.« Mit einem Blick auf seinen Sohn
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