Das Schweigen der Tukane
Untersuchungen fertig sind, und ihn zu Noldi bringen sollen. Ist das okay?»
«Bestens. Kannst du etwas zur Tatwaffe sagen?»
«Drei Stiche mit einem Messer. Einer davon war tödlich. Sie hat ganze Arbeit geleistet.»
«He, he! Noch wissen wir nicht, ob es Nora Schüpfer gewesen ist. Und bis dahin gilt die Unschuldsvermutung. Klar?!»
Ferrari wusste, was nun folgte. Nadine und Strub würden sich einige Minuten lang streiten und sich dann mit viel Brimborium versöhnen. Zeit genug, um sich in der Wohnung umzuschauen. Die vier Zimmer waren modern und sehr geschmackvoll eingerichtet. Vermutlich standen einige Designklassiker herum, nur entzog sich dies Ferraris Kenntnis. Monika wüsste das natürlich, ganz bestimmt. Eigentlich viel zu schade für einen Sexspielplatz, dachte der Kommissär und betrat den grossen Balkon mit Sicht ins Grüne und auf exklusive Villen. Erstaunlich und spannend zugleich, es gibt in dieser Stadt immer wieder Neues zu entdecken! Ferrari schloss die Balkontür. Im Wohnzimmer hing ein grosser Fernsehapparat an der Wand, sicher mit HD. Davon verstand er etwas, denn seit Langem wollte er sich ein solches Monstrum, wie es Monika nannte, anschaffen. Vor allem für die Sportsendungen. Ferrari stellte den Fernseher an. Das Bild war sensationell. Wahrscheinlich mit Swisscom-TV, doch ein Empfangsgerät war nirgends zu sehen. Was war das? Neben dem Fernseher schien etwas in die Wand eingelassen zu sein. Der Kommissär drückte auf den Knopf. Langsam öffnete sich eine Klappe und aus der Wand kam der Receiver. Raffiniert! Alles vom Feinsten. Mit leuchtenden Augen drückte er die Off-Taste. Allem Anschein nach war Nora Schüpfer eine Edelprostituierte, die sich einiges leisten konnte. Das Schlafzimmer war im Vergleich schlicht eingerichtet. Ein grosses Doppelbett, ein Tisch mit zwei Stühlen und ein Sideboard, sonst nichts. Eigenartig. Die ganze Wohnung war mit viel Liebe zum Detail ausgestattet, nur das Schlafzimmer liess zu wünschen übrig. Ferrari kehrte zu den Streithähnen zurück.
«Ach hör doch auf, Nadine! Du bist befangen. Noldi ist schliesslich der beste Freund von Koch. Und die Spatzen pfeifens von den Dächern, dass diese Schüpfer Kochs Flamme ist.»
«Was noch lange nicht heissen muss, dass sie die Mörderin ist.»
«Gut, gut! Ich will mich nicht mit dir streiten, Nadine. Sonst hetzt du mir wieder deinen Gorilla auf den Hals.»
Strub machte eine abschätzende Handbewegung und liess Nadine einfach stehen. Ferrari, der nur die letzten Worte hörte, sah sie fragend an.
«Das Urteil ist bereits gesprochen. So viel zur Unvoreingenommenheit und zur Objektivität. Aber er will keinen Streit mit mir, weil du ihm sonst den Hals umdrehst.»
«Ich werde diesem Leichenfledderer zeigen, wo Gott hockt.»
«Lass es, Francesco. Sonst kannst du dich gleich mit dem ganzen Polizeikorps anlegen, denn so wie Peter denken doch alle.»
Ferrari drehte sich um und stiess eine von zwei Holzplastiken von einem Sockel. Nadine konnte sie im letzten Augenblick auffangen.
«Nicht den Tukan kaputt machen, Francesco. Das bringt Unglück.»
«So ein Ding oder etwas Ähnliches steht auch bei uns zu Hause.»
«Und bei mir, nur etwas kleiner. Monika und ich unterstützen damit ‹antoras›.»
«Was ist das?»
«Eine Stiftung, die mit fair produzierten Produkten handelt, mit Kunst, Kunsthandwerk und auch mit Kinderspielzeug.»
«So ähnlich wie Max Havelaar?»
«Ja, so was in der Richtung. Die Max-Havelaar-Stiftung vergibt ein Gütesiegel für fair gehandelte Produkte und verbessert durch fairen Handel die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Kleinbauern und Plantagenarbeitern. Die Gründung vor genau zwanzig Jahren hatte zum Ziel, dass der faire Handel aus einer Nischensituation befreit wird und sich auch bei Grossverteilern durchsetzt.»
«Und ‹antoras›?»
«Eine Basler Stiftung. Sie vergibt zwar kein Gütesiegel wie Max Havelaar, doch faire Produktion wird auch hier grossgeschrieben. Die Einnahmen fliessen direkt zurück und es wird auch kontrolliert, wie die Gelder vor Ort angelegt werden.»
«Wers glaubt.»
«He! Im Stiftungsrat sitzen ziemlich viele Promis. Willst du etwa sagen, die seien korrupt?»
«Hm.» Ferrari nahm Nadine die Holzplastik aus der Hand. «Zum Glück steht der Tukan bei uns bestens geschützt auf dem Bücherregal. An exponierter Stelle würde ich ihn wahrscheinlich immer umstossen. Sieht ziemlich schwer aus, ist aber federleicht.»
Der Kommissär stellte das Kunstwerk auf den
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