Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
blinkte beim Herumdrehen auf der Klinge und ließ das polierte Metall aussehen, als sei es blutverschmiert – passend zu dem echten Blut auf seiner Hand am Heft.
Die Schatten rings um ihn her begannen, sich um ihn zusammenzuziehen. Was immer es sein mochte, es berührte im Näherkommen die Stämme und Zweige ringsumher und bog das in seinem Weg hängende Blattwerk und Gestrüpp sanft zur Seite. Das leise Zischen, das er gehört hatte, war vermutlich das Geräusch der bei der Berührung versengten Vegetation, was auch den Geruch nach verbranntem Laub erklärte, den er ganz zu Anfang wahrgenommen hatte. Allerdings war ihm nach wie vor schleierhaft, was ihn hervorgerufen haben konnte – oder wie. Er hätte sein Urteil gern in Zweifel gezogen, hätte gern bezweifelt, dass es so etwas tatsächlich geben konnte, wäre da nicht der heftige, brennende Schmerz gewesen, sobald dieses Etwas einen berührte. Das Blut, das seinen Arm herunterrann, war jedenfalls keine Einbildung.
Instinktiv spürte Richard, dass ihm die Zeit davonzulaufen begann.
36
Mit einer schnellen und doch lautlosen Bewegung nahm Richard in Vorbereitung eines Angriffs das Schwert vor seinen Körper – noch war ihm nicht klar, wie dieser Angriff erfolgen würde, aber er war fest entschlossen, gewappnet zu sein. Er presste den kalten Stahl der Klinge an seine schweißnasse Stirn, dann sprach er mit leisem, kaum hörbarem Flüstern die Worte: »Klinge, sei mir treu an diesem Tag«, Worte, mit denen er sich selbst und seine Klinge darauf einschwor, zu tun, was immer nötig war.
Ein paar dicke Regentropfen klatschten auf seine nackte Brust. Der anfangs noch verhaltene Regen nahm nach und nach ein wenig zu, bis das leise Wispern der Regentropfen auf dem dichten Laubdach sich in der Stille des Waldes auszubreiten begann. Immer wieder musste er sich blinzelnd von den sich in seinen Wimpern verfangenden Tropfen befreien.
Er vernahm das Rascheln von sich bewegenden Zweigen und gleich darauf das plötzliche Losstürzen von Schritten in seine Richtung – und erkannte Caras unverwechselbaren Gang. Offenbar hatte sie das Gelände in der unmittelbaren Umgebung ihres Lagerplatzes abgesucht und dieselben Geräusche gehört wie er. Er kannte Cara, daher war er angesichts ihrer angespannten Aufmerksamkeit keineswegs überrascht.
Im Schutz des Geräuschs des ringsum niedergehenden Regens konnte er jetzt Äste und Zweige langsam gegeneinander reiben hören. Da und dort brachen knisternd ein paar dünnere Zweige, so als nähere sich ihm etwas von allen Seiten. Etwas berührte seinen linken Arm. Sofort schnellte er einen Schritt zurück und befreite seinen Arm aus dem zähen, klebrigen Kontakt. Die Brandwunde erzeugte einen pochenden Schmerz, jetzt rann ihm schon aus zwei Wunden warmes Blut am Arm herab. Er spürte, wie sich etwas hinten an seinem Hosenbein verfing, und löste sein Bein mit einem Ruck von dem zähen Kontakt.
Unterdessen tauchte nicht weit entfernt Cara unter lautem Krachen zwischen den Bäumen auf – behutsam ging sie dabei nicht gerade vor. Sie schob ein kleines Türchen an der Blendlaterne zurück, die sie bei sich trug, und richtete den schwachen Lichtstrahl auf ihren Lagerplatz.
Sofort konnte Richard ein Gebilde erkennen, das ihn an eine Art bizarres Netz aus dunklen Fäden erinnerte, die ihn auf allen Seiten kreuz und quer umspannten und sich mit Bäumen, Gestrüpp, Baumstämmen und Büschen verwoben hatten. Das Material erinnerte an eine Art Strick, war aber offenbar von einer zähen, gummiartigen Klebrigkeit. Er hatte nicht den leisesten Schimmer, um was es sich handeln könnte oder wie es ihm gelungen war, ihn von allen Seiten zu umfangen.
»Lord Rahl! Ist alles in Ordnung?«
»Ja. Rührt Euch nicht von der Stelle.«
»Was ist denn los?«
»Das weiß ich selbst noch nicht genau.«
Das Geräusch kam näher, gleichzeitig zogen sich die Fäden rings um ihn her abermals enger zusammen, einer drückte bereits gegen seinen Rücken. Sofort wich er zurück, wirbelte herum und zertrennte ihn mit seinem Schwert.
Doch kaum hatte er ihn durchtrennt, da geriet das Gewirr um ihn herum erneut unter Spannung und zog sich noch enger zusammen.
In der Hoffnung, besser sehen zu können, entfernte Cara die Blende von der Laterne. In diesem Moment erkannte Richard, dass ihn die seidig glänzenden Fäden bereits nahezu vollständig in einen Kokon eingesponnen hatten, sogar über seinem Kopf sah er das Zeug kreuz und quer Fäden ziehen. Es war bereits so
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