Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
werden. Für Kahlan würde sich Kaiser Jagang die unaussprechlichsten Torturen aufsparen.
Plötzlich merkte Richard, dass er, eine Hand voll Tannenzweige in den Händen, am ganzen Körper zitterte und fror. Cara beobachtete ihn schweigend. Er ließ sich abermals auf die Knie hinunter und ging daran, die Zweige an ihren Platz zu stopfen, während er mit aller Gewalt versuchte, diese entsetzlichen Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen. Auch Cara nahm ihre Arbeit wieder auf. Unter Aufbietung aller Kräfte konzentrierte er sich ganz auf die Fertigstellung ihres Unterschlupfes. Je eher sie Schlaf fanden, desto ausgeruhter würden sie beim Aufwachen sein und umso kraftvoller würden sie ausschreiten können.
Obwohl sie sich weitab aller Straßen und ein gutes Stück abseits der Pfade befanden, hatte Richard nach wie vor darauf bestanden, kein Lagerfeuer zu entzünden, da er befürchtete, Soldaten auf Erkundungsgang könnten es erspähen.
Nicci schleppte einen Arm voll Balsamzweige herbei, während Richard noch immer damit beschäftigt war, diese zu verarbeiten. Auch Victor schleppte eine schwere Ladung Balsamzweige heran und legte sie zu Richards Füßen ab. »Braucht Ihr noch mehr?«
Richard tippte den Haufen mit der Stiefelspitze an, um anhand seiner Dichte abzuschätzen, wie weit er reichen und wie dicht er das noch verbliebene Gestänge bedecken würde. »Nein, ich denke, mit diesen hier und denen, die Nicci gerade bringt, sollten wir auskommen.«
Nicci ließ eine weitere Ladung neben der von Victor auf den Boden fallen. Es erschien ihm sonderbar, Nicci eine solche Arbeit verrichten zu sehen; selbst mit einem Büschel Tannenzweigen in den Armen hatte ihre Erscheinung etwas Stattliches. Gewiss, auch Cara war eine auffallend schöne Frau, doch wegen ihres üblicherweise dreisten Auftretens wirkte die Errichtung eines Unterschlupfes oder das Herstellen eines dornenbewehrten Dreschflegels zum Töten irgendwelcher Eindringlinge bei ihr ganz natürlich. Bei Nicci dagegen wirkte diese Schufterei im Wald unnatürlich, so als wollte sie sich darüber beklagen, sich die Hände schmutzig zu machen, wenngleich sie es nie tat. Nicht dass sie sich jemals gesträubt hätte zu tun, was er von ihr verlangte, nur wirkte sie dabei einfach völlig fehl am Platz. Wegen ihres vornehmen Auftretens schien es einfach unter ihrer Würde, Zweige für einen Unterschlupf im Wald herbeizuschaffen.
Nachdem sie einen ausreichend großen Vorrat an Zweigen für Richard herbeigeschleppt hatte, stand sie, die Arme zitternd um den Körper geschlungen, schweigend unter den tröpfelnden Bäumen, während er mit von der Kälte tauben Fingern rasch die restlichen Zweige einflocht. Beim Befestigen der Zweige sah er Cara gelegentlich ihre Hände unter die Achselhöhlen schieben. Nur Victor war äußerlich nicht anzumerken, ob er fror. Vermutlich, überlegte Richard, genügte ihm meist schon sein glutvoller Blick, um sich zu wärmen.
»Warum legt ihr drei euch nicht ein wenig schlafen?«, schlug Victor vor, während Richard den letzten Zweig am Unterschlupf befestigte. »Wenn keiner was dagegen hat, übernehme ich erst einmal die Wache. Ich bin nicht sehr müde.«
Dem übellaunigen Unterton in seiner Stimme entnahm Richard, dass er vermutlich noch eine ganze Weile nicht müde werden würde. Er konnte Victors Verbitterung durchaus verstehen, bestimmt würde der arme Kerl seine ganze Wache damit verbringen, darüber nachzugrübeln, was er Ferrans Mutter und den Angehörigen der anderen Männer erzählen sollte.
Verständnisvoll legte ihm Richard eine Hand auf die Schulter. »Wir wissen nicht, womit wir es zu tun haben. Zögere also nicht, uns zu wecken, sobald du etwas auch nur im Entferntesten Ungewöhnliches hörst oder siehst. Und vergiss nicht, in den Unterschlupf zu kriechen und dir deinen Anteil an der Nachtruhe zu gönnen; der Reisetag morgen wird lang. Wir müssen alle bei Kräften sein.«
Victor nickte. Richard sah zu, wie der Schmied seinen Umhang aufnahm und ihn sich um die Schultern warf, ehe er in die Wurzeln und festsitzenden Schlingpflanzen griff, um über den Felsen oberhalb des Unterschlupfes bis zu jener Stelle hinaufzuklettern, von wo aus er über sie wachen würde.
Nicci legte Richard eine Hand an die Stirn, um zu prüfen, ob er fieberte. »Du brauchst dringend Ruhe und wirst heute Nacht keine Wache übernehmen. Wir werden uns zu dritt abwechseln.« Er wollte schon widersprechen, wusste aber, dass sie Recht hatte. Es war eine
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