Das Schwert des Königs - Dark City ; 3
drehen beginnen. Es knackte und ächzte, und die beiden gewaltigen Türflügel bewegten sich und klappten nach innen auf. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
Mit zitternden Knien standen die Jugendlichen da, und mit jedem Fingerbreit, um den sich der Torspalt vergrößerte, wuchs auch ihre Furcht vor dem, was ihnen nun bevorstand. Doch obwohl alles in ihnen danach schrie, davonzulaufen, blieben sie standhaft und rührten sich nicht von der Stelle. Dann – es schien eine Ewigkeit vergangen zu sein – rasteten die Türflügel ein. Das Osttor, das vierzig Jahre lang verschlossen gewesen war, stand weit offen.
Und dort war sie, keinen Steinwurf von ihnen entfernt, umspült von grauen Nebelschwaden, in Kampfaufstellung und bewaffnet bis an die Zähne: Drakars Armee. Die Freunde erschauerten bei ihrem Anblick. Es waren so viele Soldaten, dass kein Ende in Sicht war. Die Bögen waren gespannt, die Speere waagrecht nach vorne gerichtet, die Schilde schützend vor die Brust gehoben, die Schwerter griffbereit in der Hand. Die Jugendlichen kämpften gegen die aufsteigende Panik an.
Die Soldaten starrten wie gebannt auf das Tor und warteten auf das Kommando zum Angriff. Es war still, beklemmend still. Es war die berühmte Ruhe vor dem Sturm; einem gewaltigen Sturm, wie jeder wusste. Die Luft knisterte. Ein paar Schritte vor der ersten Schlachtreihe, in eine glänzende Rüstung gekleidet, saß Drakar mit gerecktem Kinn auf seinem prächtigen schwarzen Hengst und musterte Arlo und die fünf Auserwählten wie ein paar zu vernichtende Insekten. Mangol saß auf seiner braunen Stute neben ihm.
«Seht an!», spottete Drakar, laut genug, dass es auch seine Krieger hören konnten. «Ihr seid also der große Arlo! Und das? Diese Kinder? Das ist Eure Armee?»
Er legte seinen Kopf zurück und lachte schallend, drehte sich seinen Soldaten zu, worauf diese ebenfalls anfingen zu lachen. Eine Welle von Hohngelächter zog sich durch das gesamte Heer hindurch, begonnen bei der vordersten Reihe bis hin zur letzten.
Die Jugendlichen neben Arlo spürten, wie ihre Körper taub wurden. Kalter Schweiß stand ihnen auf der Stirn.
Während das Gelächter langsam wieder abklang, sah Aliyah aus den Augenwinkeln, wie von der Seite ein weißer Wolf auf sie zugestürmt kam. Ihr Herz schlug höher, als sie erkannte, dass es Nayati war! Er gesellte sich zu ihnen und blieb dicht neben Aliyah stehen. Sie legte ihm ihre Hand auf den Kopf und war den Tränen nahe.
«Du bist am Leben!», flüsterte sie, ohne jedoch ihre Augen von Drakar und seiner Armee abzuwenden. «Ich dachte, du wärst tot!»
Wie könnte ich dich in dieser schweren Stunde alleine lassen, antwortete ihr Nayati in Gedanken, und Aliyah stellte erstaunt fest, dass sie jedes Wort verstehen konnte, das er dachte. Wenn wir sterben sollten, dann sterben wir zusammen.
Sie krallte ihre Hand in sein Nackenfell.
Dann sterben wir zusammen , dachte sie und blickte dabei voller Furcht in Drakars eisiges Gesicht.
Drakar fuhr mit seiner herablassenden Rede fort. Seine Worte waren erfüllt von Hass, Überheblichkeit und Arroganz. Er wusste, dass er leichtes Spiel haben würde.
«Seht Euch an, Arlo!», blaffte er. «Ihr seid ein alter, verbrauchter Mann! Und Ihr wollt mir mein Königreich entreißen? Mit einer Armee, die aus nichts weiter als einer Handvoll lächerlicher Spielzeugsoldaten besteht? Ich bin enttäuscht von Euch. Ich hätte etwas mehr erwartet von einem Hexer, der einst die Kraft besaß, ein ganzes Land mit einem Fluch zu belegen. Ist das wirklich alles, was Ihr zu bieten habt? Mehr Hexer habt Ihr nicht auftreiben können, um an Eurer Seite zu kämpfen? Ihr seid erbärmlich, Arlo. Ergebt Euch! Gebt mir das Buch und kniet vor mir nieder!»
Arlo nahm das Buch der Prophetie und überreichte es Katara. Katara nahm es verblüfft entgegen.
«Warum gebt Ihr es mir?», flüsterte sie verwirrt. «Ich dachte, Ihr braucht das Buch!»
«Nicht mehr in meinen Händen», antwortete ihr Arlo ruhig und legte ihr die Hand auf die Schulter. «Von nun an trage ich es in meinem Herzen.»
«Katara!», erklang nun Drakars schneidende Stimme. Er sah sie direkt an, und seine Augen funkelten. «Gebt mir das Buch!»
Katara drückte das Buch an sich und blieb stehen.
«Ihr braucht Euch nicht vor mir zu fürchten!», rief Drakar ihr zu und schenkte ihr ein versöhnliches Lächeln. «Ich weiß, Ihr habt die Seiten nur gewechselt, weil Ihr um Euer Leben gefürchtet habt. Aber Ihr seid meine Schwester, Katara. Wir
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