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Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Waffen waren ein Kriegshammer, der in seinem Gürtel steckte, und ein mächtiges Schwert, das er auf dem Rücken trug. Er war ein gutmütiger Mensch, bis man ihn reizte, wobei sein riesiger Körper durch schiere Kraft wettmachte, was ihm an Schlauheit fehlte. Er konnte Unmengen saufen. Sein größtes Laster aber war das Würfelspiel, bei dem er leider wenig Geschicklichkeit zeigte, so dass er meistens abgebrannt war.
    Nicht zu vergessen mein neuer Freund Reynard Le-Vieux, der sich aus irgendeinem Grund in den Kopf gesetzt hatte, mich wie einen Sohn zu behandeln. Vielleicht weil er selbst vor vielen Jahren und unter tragischen Umständen seine Familie verloren hatte. Mehr als eine Andeutung darüber war aber nicht aus ihm herauszukriegen. Jedes Mal, wenn ich ihn danach fragte, bekam ich nur ein schmerzliches Lächeln zu sehen. Dann verlor sich für gewöhnlich sein Blick in der Ferne.
    Mit der Zeit fiel uns der Marsch leichter. Die Blasen an den Füßen wichen frischer Hornhaut, die Waden wurden kräftiger, der Atem reichte bald schon wieder zum Grölen zotiger Lieder.
    Abends, nachdem wir das Lager aufgeschlagen hatten, zerrieben wir Korn zu Mehl und buken Fladenbrot auf eisernen Blechen. Gerlaine rührte mit Gemüse, Speck und Kräutern eine dicke Suppe an, die wir heißhungrig hinunterschlangen. Einer blies auf dem Dudelsack. Gesättigt lauschten wir seinen Weisen, sangen oder erzählten uns Geschichten, bis die Feuer niedergebrannt waren. Dann krochen wir unter die Zeltplanen und schliefen bis zum Morgengrauen.
    Gerlaine ließ sich von den Männern nicht einschüchtern. Auf dumme Sprüche wusste sie schlagfertige Antworten und hatte die Lacher meist auf ihrer Seite. Ansonsten verhielt sie sich still und vermied, ihre Weiblichkeit zur Schau zu stellen. Dennoch war sie unmerklich der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, auch wenn die Männer so taten, als würden sie über sie hinwegsehen. Kein Wunder, denn mit ihren dunklen, fast schwarzen Haaren, graugrünen Augen und dem kecken Näschen war sie eine Augenweide. Selbst die rauhe Männerkleidung konnte nicht ganz verbergen, was darunter steckte.
    Dass sie ihr Nachtlager ausgerechnet mit einem Pferdeknecht teilte, das gefiel nicht jedem. Besonders dieser Osbert ließ seinen beißenden Spott an mir aus, wenn Robert nicht in der Nähe war.
    »He, porchon. Wie ist sie so, dein kleines Luder?«, zischte er mir gelegentlich zur Belustigung seiner Kumpane zu. »Willst du sie nicht mit uns teilen? Die hat dich bestimmt schon satt und braucht was Handfesteres.« Dabei stießen sie sich grinsend mit den Ellbogen an und machten zotige Gesten.
    »Nehmt euch vor diesem Kerl in Acht«, raunte mir der alte Reynard zu. »Ich kenne ihn nur zu gut.«
    Gerlaine stellte sich taub, packte nur ihren Knüppel fester und marschierte mit finsterer Miene daher. Als er ihr jedoch wieder einmal aufreizend den Weg versperrte und sie mit anzüglichen Bemerkungen reizte, blieb sie stehen und starrte ihm kalt ins Gesicht.
    »Das Lachen wird dir bald vergehen, Osbert. Ein früher Tod ist dir gewiss.«
    Osbert lachte, aber es klang gezwungen. Offenbar hatten ihre Worte ihn doch getroffen. Jedenfalls hielt er sich für eine Weile zurück.
    Eigentlich hätte ich statt Gerlaine dem Kerl das Maul stopfen sollen, und ich schämte mich, dass mir der Mut dazu gefehlt hatte. Dabei hatten die anderen gar keinen Grund, mich zu beneiden, denn trotz eifrigen Bemühens gelang es mir nicht, die keusche Festung zu nehmen. Nachts, wenn wir unbeobachtet waren, küssten und liebkosten wir uns wie früher, aber mehr ließ sie nicht zu. Ich hätte sie eben heiraten sollen, neckte sie mich. Doch dafür sei es nun zu spät. Dabei schlief sie unbekümmert an meiner Seite, ja sie verlangte sogar, dass ich Wache hielt, wenn sie ihre Notdurft verrichtete oder sich an einem Bächlein wusch. Ihr Vertrauen ehrte mich, doch Nacht für Nacht ihr warmer Leib neben mir, den ich selbst durch die dickste Kleidung nur allzu betörend wahrnahm, das trieb mich oft zu stummer Verzweiflung. Als Verführer war ich wohl nicht der Geschickteste.
    Je weiter wir nach Süden kamen, desto mehr lichteten sich die dunklen Wälder, die Landschaft wurde von Feldern und Wiesen bedeckt, die sich auf sanften Hügeln endlos aneinanderreihten. Wir wanderten nun auf Pilgerstraßen, die nach Rom führten, wie man uns versicherte. Die meisten Leute hielten sich jedoch fern von uns, Bauern trieben ihr Viehzeug in Sicherheit, und Mütter rissen ihre Kinder an die

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