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Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Brust, wenn wir vorbeimarschierten. Eine Bande abgerissener Krieger war kein Anblick, der Vertrauen erweckte.
    Und schließlich geschah das Unvermeidliche.
    Es war an einem Nachmittag. Wir lagerten in einem kleinen Seitental der Rhone, an einem Bach, der von den Höhen floss. Robert war mit ein paar Männern in ein nahe gelegenes Dorf geritten, um unsere Vorräte aufzufrischen. Ich war mit Feuermachen beschäftigt und hatte nicht bemerkt, dass Gerlaine weiter das Tal hinauf zum Kräutersammeln gegangen war.
    Plötzlich hörte ich sie irgendwo bachaufwärts schreien.
    So schnell ich konnte, rannte ich den Hang hinauf. Weit konnte sie nicht sein, denn ich hatte sie deutlich genug gehört.
    Und dann sah ich sie, halb im Gesträuch versteckt. Osbert hatte sie zu Boden geworfen und zerrte an ihren Kleidern. Sie selbst lag seltsam unbeweglich da, ein Bein ganz nackt. Der Anblick weckte mit einem Schlag tief vergrabene, schreckliche Erinnerungen in mir.
    Später erfuhr ich, dass sie ihn sich eine Weile mit dem Knüppel vom Leib gehalten hatte. Sogar einen deftigen Hieb auf den Kopf hatte sie ihm verpasst. Aber darüber war er nur noch wütender und begieriger geworden, sie zu besteigen. Den Stock hatte er ihr entrissen und sie mit einem gezielten Fausthieb vorübergehend der Sinne beraubt. Für mich aber sah es aus, als läge sie tot im Gras. Wie meine Mutter vor so vielen Jahren. Der Anblick raubte mir jede Beherrschung, und eine Flut puren Wahnsinns überkam mich.
    Osbert, in seiner Gier, hatte mein Nahen nicht bemerkt. Er war zu beschäftigt, seinem Opfer die Beinkleider herunterzureißen. Ohne zu wissen, was ich tat, hatte ich plötzlich mein Messer in der Hand. Ich bekam ihn an den Haaren zu fassen, riss seinen Kopf zurück. Doch bevor ich ihm die Kehle aufschlitzen konnte, hörte ich Gerlaine stöhnen, die sich wieder zu beleben schien.
    Mein kurzes Zögern genügte Osbert, sich aus meinem Griff zu winden und aufzuspringen. Den Lederpanzer hatte er im Lager gelassen. Die Tunika war am Kragen eingerissen, Blut rann ihm von der Stirn, wo Gerlaine ihn mit dem Knüppel erwischt hatte, und mit seinem roten, noch halbsteifen Glied, das ihm aus der Hose hing, sah er ziemlich lächerlich aus. Doch der Eindruck änderte sich rasch, als er sein Schwert zog und sich mir drohend näherte.
    »Kommst mir gerade recht, Bürschchen«, grinste er. »Bist du erst erledigt, schmeckt mir die Hure umso süßer.«
    Blitzschnell holte er aus. Ich konnte gerade rechtzeitig außer Reichweite springen. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, wie Gerlaine, immer noch halbnackt, ihren Stock gepackt hatte, um mir beizustehen.
    »Halt dich raus, Gerlaine«, rief ich ihr zu. »Lauf weg!«
    Aber sie wollte nicht weichen. Ihre Augen waren weit aufgerissen, die Zähne entblößt wie bei einem Raubtier.
    »Wir bringen das Schwein um oder sterben zusammen, das ist mir gleich«, schrie sie und hob den Knüppel höher.
    Osbert trat nun seinerseits ein paar vorsichtige Schritte zurück. »Na komm, mein Täubchen«, lachte er. »Versuch es nur.«
    Die Sache schien ihm Spaß zu machen. Er war sich seiner Überlegenheit gewiss. Mit Recht, denn Gerlaine war nur ein Mädchen. Und ich wohl groß genug für mein Alter, aber Osbert war stark wie ein Ochse und überraschend schnell auf den Beinen, ein erfahrener Kämpfer mit einem langen Schwert in der Faust. Was konnte ich mit meinem armseligen Messer gegen ihn ausrichten?
    »Lauf, Gerlaine!«, rief ich noch einmal. »Hol Hilfe.«
    »Hol Hilfe, Gerlaine«, ahmte Osbert mich johlend vor Vergnügen nach und stopfte sich seinen Schwanz wieder in die Hose. Deshalb achtete ich einen Augenblick lang nicht auf ihn, sondern sah besorgt zu Gerlaine hinüber. Das wusste Osbert zu nutzen. So plötzlich stürmte er auf mich zu, dass ich keine Gelegenheit hatte, mich wegzudrehen.
    Nur der trügerische Boden rettete mich, denn Osbert strauchelte, sein Schwert verfehlte mich, und ehe ich michs versah, steckte mein Messer tief in seinem Leib. Er erstarrte und glotzte mich an wie blöd. So standen wir einen Wimpernschlag lang Auge in Auge, so dicht, dass ich seinen Atem riechen konnte, bis mir einfiel, was sie mir beigebracht hatten. Ich stieß das Messer noch einmal unter sein Brustbein, um sein Herz zu durchbohren, und drehte die Klinge halb um, damit sie sich nicht festsaugen konnte.
    Das Schwert entglitt ihm, er gab ein Ächzen von sich, und das Kinn sackte herunter. Speichel tropfte ihm von der Unterlippe. Dann erzitterte er und

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