Das Schwert - Thriller
spürte, dass sie warteten.
»Und das«, sagte er, »ist für alle die Unschuldigen, die du getötet hast. Und wenn du tausend Tode stirbst, reicht es nicht als Sühne. Dieser kleine Tod wird genügen müssen. Dein Tod und die Erkenntnis, es gibt kein Paradies, keine Jungfrauen, und auch einen neuen Kalifen wird es nicht geben.«
Er zwang Raschid auf die Knie, dann nahm er das Messer und führte die scharfe Klinge quer über seine Kehle. Es war ein schneller und tiefer Schnitt. Er ließ den Toten fallen und trat zurück. Fast konnte er sie Lebwohl sagen hören. Emilia, seine Mutter, seinen Vater, die Gilfillans, Marie und ihre Schwester Hannah, Simon ... Er setzte sich hin und weinte.
So fand ihn Samiha eine halbe Stunde später, immer noch weinend. Hinter ihr drangen Soldaten vom Bombenentschärfungskommando in den Raum.
Sie legte ihm den Arm um die Schultern, mit der freien Hand entwand sie seinen blutigen Fingern das Messer. Beim Aufprall auf dem Boden verursachte es kaum ein Geräusch.
Sie führte ihn durch den Vorraum und die Große Galerie hinunter und endlich durch den schmalen Gang, an dessen Ende das Tageslicht wartete.
Den Rest des Weges legten sie schweigend zurück. Sie fragte ihn nie, was in der Königskammer geschehen war. Nicht an diesem Tag und nicht in all den folgenden Jahren.
49
Am Meer
Kairo
Ein bestimmter Bereich in Schubra wurde evakuiert. Eine Stunde später flog ein Jet der ägyptischen Luftwaffe darüber hinweg und warf eine bunkerbrechende Bombe auf al-Masris unterirdisches Versteck, das in sich zusammenstürzte. Das Schwert, um dessentwillen so viele Menschen hatten sterben müssen, tauchte nie wieder auf. Nach zwei Tagen schon gingen in bestimmten Vierteln die ersten Gerüchte um, dass der Kalif noch am Leben wäre, sich aber an einen sicheren Ort zurückgezogen habe, um dort einen günstigeren Zeitpunkt für seine Wiederkehr abzuwarten.
Alle Anklagen gegen Jack wurden fallengelassen. Man nahm dem toten Raschid al-Masri die Fingerabdrücke ab und gab sie den Polizeibeamten, die gekommen waren, um ihn zu verhaften. Die gleichen Abdrücke fanden sich an allen Jack zugeschriebenen Tatorten: im Haus seiner Eltern wie auch in Schottland. Die Beamten flogen nach Hause, die Akte wurde geschlossen.
Jack, Dschamila, Samiha und Georgina wurden zu einem privaten Gespräch mit dem ägyptischen Präsidenten gebeten. Im Rahmen einer kleinen Zeremonie, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, verlieh er Jack das höchste Ehrenabzeichen Ägyptens, den Stern von Sinai, normalerweise verliehen für besondere Tapferkeit im Kampf. Dschamila, Samiha und Georgina empfingen jede den eine Stufe darunter stehenden Orden, den Star of Honour. Später wurde auf Präsident Mubaraks Ersuchen,Georgina in den Buckingham Palast eingeladen, wo die Queen sie mit der Queen’s Gallantry Medal für besonderen Mut auszeichnete.
Einige Wochen darauf konnte man einen ungewöhnlichen Artikel bei ebay ersteigern. Es war ein Herrenmantel aus Vikunjahaar, und der Anbieter behauptete, er habe neu 17 000 Pfund gekostet. Das Mindestgebot lag bei 500 Pfund. Etwa zur gleichen Zeit verschwanden mehrere Namen von der Personalliste des Britischen Außenministeriums. In den besseren Tageszeitungen erschienen Anzeigen, dass der MI6 neue Mitarbeiter suchte. Das Personal der Britischen Botschaft in Kairo wurde fast über Nacht komplett ausgewechselt, was bei einigen anderen Botschaften einen schmerzlichen Mitarbeitermangel verursachte. Und im Vereinigten Königreich wurde ein bereits pensionierter Richter erneut berufen und gebeten, der Krone in einer diskreten Angelegenheit zur Verfügung zu stehen.
Auf Samiha wartete noch eine weit bessere Belohnung. Nachdem der ägyptische Präsident ihre Geschichte gehört hatte, nahm er persönlich mit seinem palästinensischen Amtskollegen Verbindung auf. Samihas Ehemann willigte in die Scheidung ein, und sie erhielt das Sorgerecht für ihre Kinder, die noch am selben Tag in eine Maschine nach Kairo gesetzt wurden. Alle waren da, um sie in Empfang zu nehmen: Samiha, Jack, Dschamila, Georgina und Naomi, deren Wunde nach einer Hauttransplantation endlich verheilte.
In St. Sergius wurde ein Trauergottesdienst für Marie und Hannah abgehalten, an dem alle teilnahmen. Anschließend, in kleinem Kreis, erklärte Jack der Familie die Zusammenhänge und dass ihre Kinder nicht umsonst gestorben waren. Weil sie ihm und Dschamila Zuflucht gewährt hatten, war verhindert worden, dass al-Masri
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