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Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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tot.
    Konrad ließ ihn zu Boden sinken und stand auf. Ich sah Tränen in seinen Augen.
    »Konrad …«, begann ich.
    »Warum müsst ihr alles kaputt machen?«, schrie er. »Warum wollt ihr mich wieder in den Dreck ziehen, in dem ihr lebt?«
    Hugo wollte sich auf ihn stürzen. Mühsam hielt ich ihn fest. »Du bist ein verlogenes Schwein!«, schrie er zurück.
    »Na und?« Konrad wurde ruhiger. »Seht mich doch an!« Er zeigte auf seine Schuhe, zupfte an der Samtweste, die er trug. Ich sah, dass er zugenommen hatte.
    »Für das, was ich trage, müsstest du ein Jahr lang arbeiten. Ich esse jeden Tag, trinke guten Wein und lasse mich bedienen. Und was hast du?« Er beantwortete die Frage selbst. »Nichts. Du bist im Dreck geboren und wirst im Dreck verrecken, so wie unser Vater. Aber nicht ich, Hugo.«
    Diego half mir, Hugo festzuhalten.
    »Dein Vater war ein guter Mann«, sagte ich.
    »Das werde ich nicht sein.« Konrad sprach mit der Entschlossenheit eines viel älteren Mannes. »Ich habe gesehen, was mit guten Männern passiert. Niemand respektiert sie. Man respektiert nur das.« Seine Geste schien das ganze Haus einzuschließen. »Und das will ich. Es ist mir egal, was ich dafür essen muss, wen ich töten …« Sein Blick fiel auf Lukas. »Oder dafür begraben muss.« Er drehte sich um und zog die Tür auf. »Verschwindet wieder im Dreck. Ich will euch nie wiedersehen.«
    Er schloss die Tür hinter sich.
    »Komm zurück!«, schrie Hugo. »Du feiges Schwein!«
    Diego und ich hielten ihn fest, bis er zu weinen begann. Ich stand neben ihm, unfähig, ihn in den Arm zu nehmen oder an etwas anderes zu denken als Konrads Worte. Sie brannten in mir.
    Nach einer Weile verließen wir das Zimmer und gingen die Treppe hinunter. Der schwarze Sklave ließ uns hinaus.
    Diego schlich sich in mein Zimmer in dieser Nacht. Wir schliefen im Haus von Al Hakam. Er hatte darauf bestanden.
    Hugo hatten wir eingeschlossen. Zwei Wachen standen vor seiner Tür.
    In meinem ganzen Leben zuvor hatte ich noch nie ein Zimmer für mich allein gehabt, aber daran dachte ich in dieser Nacht nicht, sondern an Konrad.
    Diego stieg durch das offene Fenster ein und setzte sich wortlos neben mich auf das Bett.
    »Es ist nicht deine Schuld«, sagte er nach einer Weile.
    »Wessen denn?« Es war keine wirkliche Frage. Ich hatte Konrad geboren und aufgezogen. Ich trug die Verantwortung für das, was aus ihm geworden war.
    »Vielleicht ist es seine eigene.« Diego nahm meine Hand. »Er hat erlaubt, dass die Welt das aus ihm macht.«
    Ich schüttelte den Kopf. Die Kerze auf dem Nachttisch flackerte. »Gott hat ihn dazu gemacht. Wenn ich nur wüsste, wieso.«
    »Nicht alles ist eine Prüfung, Madlen.«
    Im ersten Moment wollte ich ihm widersprechen, doch dann schwieg ich. Mir fehlten die Worte, um auszudrücken, was ich meinte. Wenn Konrads Verlogenheit keine Prüfung Gottes war, wenn sie nicht die Strafe für ein Vergehen war, das ich nicht kannte, welchen Sinn erfüllte sie dann? Wie konnte ich sie erklären?
    Schweigend saßen wir nebeneinander. Irgendwann zog ich Diego zu mir heran. Wir liebten uns im Morgengrauen. Die Kerze auf dem Nachttisch erlosch.

Kapitel 32
    Wir trafen Al Hakam in dem großen Saal neben dem Atrium. Wir sprachen nicht über das, was nach unserem Aufbruch geschehen war, und er fragte nicht nach. Hugo musste sich auf sein Drängen zu uns an den Tisch setzen. Er schwieg, und das Essen rührte er nicht an.
    »Wie ich gestern schon sagte«, begann Al Hakam, nachdem die Sklaven den Tisch abgeräumt hatten, »hatte sich die Nachricht über den Kreuzzug bis nach Damaskus herumgesprochen. Als der Kalif davon erfuhr, war er zutiefst bewegt. Bevor ich nach Jerusalem zurückkehrte, unterhielten wir uns lange über den tiefen Glauben, der diese Menschen bewegte. Als Jakob mit den Sklaven in die Stadt kam, kaufte ich sie ihm ab.«
    »Sie sind hier?«, fragte Diego überrascht.
    Al Hakam neigte den Kopf. »Einige. Die meisten habe ich dem Kalifen in Damaskus zum Geschenk gemacht. Ihr müsst euch keine Sorgen machen. Sie werden ein gutes Leben haben.«
    Hugo schnaubte.
    Der alte Mann sah ihn an. »Gefällt dir etwas daran nicht, Junge?«
    »Er wollte nicht respektlos sein«, sagte ich schnell. »Entschuldigt, Herr.«
    »Ich spreche mit deinem Sohn.«
    Hugo zögerte, doch als Al Hakam ihn noch einmal aufforderte, sagte er: »Sie sind Sklaven. Wie kann man da von einem guten Leben sprechen?«
    »Was wäre aus ihnen geworden, wenn sie nach Hause

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