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Das sechste Herz

Das sechste Herz

Titel: Das sechste Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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Behälter mit dem ersten identisch zu sein. Der Verschluss klackte, und der Deckel klappte auf, als ob er unter Spannung gestanden hätte. Patrick blickte starr auf das Innenleben. Dann atmete er tief ein und wieder aus, verschloss das Gefäß, schob die Finger unter die Mulde an der Oberseite, wo der Riegel einen Griff bildete, und ging langsam in die Richtung, in der er die dritte Markierung vermutete. Er fror. Das Kribbeln in seinem Nacken verstärkte sich von Minute zu Minute. Er wurde das Gefühl nicht los, etwas starre ihn mit toten Augen aus den Sträuchern hinter dem Betonweg an. Patrick lief schneller. Verrostete Schienen, auf denen seit vielen Jahren kein Zug mehr gefahren war, führten vom Haupthaus in Richtung eines kleinen Wäldchens. Sein rechter Fuß blieb hängen, und er fluchte. Hinter dem toten Gleis vollführte die Betonstraße einen Bogen und führte dann an der Rückseite des Turm-Hauses vorbei zu mehreren kleineren Gebäuden. Wenn er sich die Skizze richtig eingeprägt hatte, musste ihn sein Weg jetzt von den Zementplatten weg zu einem mannshohen Gesträuch führen. Über dieser Stelle war das dritte rote Kreuz eingezeichnet.
    Diesmal war der Behälter nicht so gut versteckt. Patrick erspähte ihn schon aus einigen Metern Entfernung. Entweder waren seine Augen geschärft und wussten schon von vornherein, wonach sie Ausschau halten mussten, oder der Informant hatte sich dieses Mal nicht solche Mühe gegeben, das Ding zu verstecken. Der olivgrüne Zylinder stand unter einem Strauch mit wulstigen Zweigen und war nur notdürftig mit Ästen bedeckt.
    Patrick hielt einen Meter vor der Fundstelle inne und sah sich um. Rechts hinter dem Gebüsch lag ein großer betonierter Platz, links ging das Gelände in eine Brache mit Sträuchern und Bäumen über, hinter der irgendwo die Begrenzungsmauer verborgen sein musste. Zweihundert Meter hinter ihm ragte der Turm des Hauptgebäudes gegen den bleifarbenen Himmel auf. Düster blickten die schwarzen Fensteröffnungen aus dem Schiefergrau der obersten Etage auf ihn herab. Er hatte sich schon fast wieder abgewendet, als er eine Bewegung aus den Augenwinkeln wahrnahm. War da eben etwas an dem linken oberen Fenster vorbeigehuscht?
    Patrick drehte den Oberkörper, fixierte das dunkle Viereck und wartete, doch nichts geschah. Er musste sich geirrt haben. Vorsichtig stellte er den Behälter aus dem Schuppen, dessen Griff er die ganze Zeit umklammert hatte, ab und hob den dritten Thermobehälter unter dem Strauch hervor.
    Mit einem Seufzen sog der Deckel Luft an, bevor er lautlos nach hinten klappte. Patrick betrachtete den Inhalt, schüttelte den Kopf und schloss den Deckel wieder.
    Jetzt gab es also drei alte Thermogefäße mit irgendwelchen Fleischstücken darin. Er würde seinen Ausflug nicht mit allerlei dramatischen Effekten ausschmücken müssen. Es reichte zu erzählen, wie es hier aussah und was er gefunden hatte. Seine Kumpel würden entzückt sein. Nur die Information, um was für Schlachtabfälle es sich in den Thermobehältern handelte, fehlte noch. Während seine rechte Hand in der Anoraktasche herumnestelte, dachte Patrick darüber nach, wie er die drei Behälter mit dem Fahrrad in die Redaktion bringen konnte. Zwei passten vielleicht in den Ablagekorb hinter dem Sitz, aber der dritte würde ein Problem werden. Es war sicher auch keine gute Idee, einen hier stehen zu lassen, um ihn später abzuholen. Tom Fränkel, der Redaktionsleiter, war cholerisch und würde toben, wenn er davon hörte. Vielleicht konnte Hubert schnell mit dem Auto herkommen und die Dinger abholen. Erst jetzt bemerkte Patrick, dass seine Finger seit einer Minute an gefüttertem Stoff herumtasteten, ohne etwas Festes zu finden. Mit gerunzelter Stirn hob er die Hand an den Mund, biss in den Handschuh und zog ihn ab. In der linken Jackentasche steckte die Digitalkamera. Das Handy jedoch fehlte. Er musste es unterwegs verloren haben. Prustend stieß Patrick die Luft aus, während er sich erinnerte, wie er mit dem Licht des Handys in den Schuppen geleuchtet hatte. An der zweiten Fundstelle hatte er es zuletzt in der Hand gehabt. Wahrscheinlich war es ihm aus der Tasche gefallen. Es konnte dort irgendwo oder auch auf dem Weg vom Schuppen hierher liegen.
    Wütend auf seine eigene Ungeschicklichkeit schob er die Finger wieder in die Handschuhe, hob die beiden Behälter hoch und lief los, den Blick starr zu Boden gerichtet, um das Handy nicht zu verfehlen.
    Und so entging Patrick Seiler das

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