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Das sechste Herz

Das sechste Herz

Titel: Das sechste Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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stundenlang in seinem Zimmer.
    »Ich ahne Schlimmes.« Der gefütterte Umschlag landete auf dem Schreibtisch, und Patrick konnte ihn aus der Nähe betrachten. Er erinnerte sich noch gut an das raue Papier in seiner Hand, genauso wie an seine Angst bei der »Schnitzeljagd« auf dem verlassenen Fabrikgelände.
    »Wenn da drin das ist, was ich glaube, haben wir ein Problem.« Hubert kratzte sich heftig unter dem Kragen seines hellblauen Hemdes, wobei er zur Tür von Tom Fränkels Büro sah. Patrick enthielt sich jeglichen Kommentars. Jetzt setzte sich der Kollege in Bewegung und schlurfte in Richtung des Redaktionsleiterbüros. »Ich geh ihn fragen. Nützt ja nix.« Er klopfte und verschwand. Nur wenige Sekunden später wurde die Tür aufgestoßen, und Tom stürmte, gefolgt von Hubert, heraus.
    »Wo ist es?«
    Patrick zeigte auf seinen Tisch, und der Redaktionsleiter kam heran und betrachtete den Briefumschlag. »Und ihr denkt …?«
    »Für mich sieht es genauso aus wie das erste Schreiben vom Schlachter.« Hubert ließ die Mundwinkel herabhängen. »Schlachter« hatten die Medien den Täter getauft, und wie es mit solcherart Bezeichnungen war – sie blieben hängen wie klebriger Honig. Auch Christin hatte inzwischen bemerkt, dass etwas Spannendes geschah, und sich aus dem Nebenzimmer hereingeschlichen. Jetzt stand sie hinter Hubert und kaute auf ihren Knöcheln herum.
    »Lasst uns nachsehen!« Tom griff nach einer Schere und hob den Umschlag an, wobei er die Schere wie eine Pinzette benutzte. Er betrachtete den Brief von allen Seiten und ließ ihn dann wieder auf den Tisch fallen. »Wenn wir nicht hin-einschauen, können wir nicht wissen, ob unsere Vermutung richtig ist. Mach ein paar Fotos, Hubert, dann schneide ich ihn auf.« Hubert beeilte sich, der Aufforderung nachzukommen.
    »Dann wollen wir mal.« Vorsichtig schob Tom eine Klinge unter die Lasche und schnitt. Das Geräusch hallte überlaut durch die Redaktion, nur unterbrochen von Christins gelegentlichem aufgeregtem Schniefen.
    »Hast du eine Pinzette? Ihr Frauen habt doch so etwas immer in der Handtasche.« Christin schniefte noch einmal, hastete zu ihrem Platz und kam mit dem geforderten Gegenstand zurück.
    »Na bitte. Wir wollen doch keine Fingerabdrücke zerstören, nicht?« Tom zog zwei Blätter aus dem Umschlag und faltete sie mithilfe von Pinzette und Schere auseinander.
    »Ich wusste es. Scheiße.« Hubert stierte auf den Lageplan mit dem roten Kreuz. Tom stieß ein pfeifendes Geräusch aus. Zu viert betrachteten sie die Luftaufnahme und das Schreiben.
    » NEUE INFORMATIONEN !« stand darauf in großen Druckbuchstaben. » SEHEN SIE NACH !«Auf demSatellitenbild war ein kleines Waldareal zu sehen, das am oberen Rand und unten links von zwei Seen eingegrenzt wurde. Die gleichmäßigen Vierecke rechts deuteten auf eine Siedlung hin.
    Hubert sprach als Erster. »Das ist in Markkleeberg. Das hier«, er zeigte auf das kleine graue Oval oben, ohne das Papier zu berühren, »ist der Waldsee Lauer. Und unten beginnt der Cospudener See. Ich weiß das, weil mein Sohn auf die Rudolf-Hildebrand-Schule ging. Die befindet sich jetzt nach dem Neubau in der Mehringstraße.«
    »Das sieht doch aber auf der Kopie aus wie ein Park!« Tom klang verärgert. Dieses Mal hatte der unbekannte Absender die Straßennamen wegretuschiert und ihnen lediglich eine Luftaufnahme in Graustufen geschickt.
    »Das da in der Mitte ist auch ein Park. Und zwar der Kees’sche Park. Bis zum Krieg war das eine neobarocke Anlage mit Wintergarten, Orangerie, Brücken und Pavillons. Heute ist davon nur noch wenig erhalten, ein Teil der Orangerie und der Park natürlich.«
    »Bist du sicher?«
    »Ziemlich.« Hubert war zu seinem Rechner gegangen und tippte. »Schaut mal hier. Das sind die Mehringstraße, der Kees’sche Park und das nordöstliche Ufer des Cospudener Sees von oben. Hier«, er vergrößerte den Ausschnitt, »ist der Park. Für mich sieht das so aus, als befinde sich das Kreuz direkt auf der Orangerie.«
    »Eindeutig. Gut, Hubert.« Tom tätschelte dem Kollegen die Schulter. »Damit wissen wir schon mal, wo sich die ›Informationen‹ befinden.«
    Patrick dachte darüber nach, was sich an der gekennzeichneten Stelle verbergen mochte. Ein weiterer Thermobehälter? Nicht mehr lange, und sie wüssten es. Wahrscheinlich würde Tom Fränkel jetzt gleich die Kripo informieren.
    »Wir könnten das Schreiben geheim halten.« Tom biss sich, kaum dass der Satz seinen Mund verlassen hatte,

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