Das sexuelle Leben der Catherine M.
im Ernst, ob das Sperma, das an die Scheidenwand spritzt, ihr nicht besondere Lust bereite. Ich war verdutzt. Ich spürte ja kaum, wenn er in mir war – wie sollte ich also merken, wann sich eine kleine Lache in meinem Schoß ausbreitete? »Komisch! Wirklich nicht das kleinste besondere Gefühl?« – »Nein, nichts.« Das machte ihm mehr Sorge als mir.
Abends wartete die Clique am Kai am Ende der Straße auf mich. Sie waren immer ausgelassen, und als der Vater des Studenten sie eines Tages sah, sagte er, allerdings in herzlichem Ton, ich müsse es ja faustdick hinter den Ohren haben, dass mir all diese Jungs zu Füßen lägen. Offen gestanden, mit dem Zählen hatte ich aufgehört. Meine kindlichen Fragen nach der angemessenen Zahl der Ehemänner hatte ich völlig vergessen. Ich war keine »Sammlerin«. Mädchen wie Jungs, die bei Partys mit möglichst vielen flirteten – tatschten und sich betatschen ließen und knutschten, bis sie fast keine Luft mehr bekamen, nur um am nächsten Morgen in der Schule damit anzugeben –, sie waren mir ein Gräuel. Ich begnügte mich mit der Entdeckung, dass diese Lust, die ich empfand, wenn ich in der unaussprechlichen Zartheit der Berührung fremder Lippen schwach wurde, oder wenn sich eine Hand auf meine Scham legte –, dass diese Lust sich unendlich oft wiederholen konnte, weil die Welt ja voller Männer war, die darauf auch Lust hatten. Der Rest war mir egal. Ein ziemlich gut aussehender Junge hätte mich fast entjungfert. Er hatte weiche Gesichtszüge, volle Lippen und kohlschwarze Haare. Ich war unter dem hoch geschobenen Pullover eingezwängt, und er zog so heftig am Gummi meiner Unterhose, dass es in meine Leiste schnitt; wahrscheinlich hatte noch nie eine Hand so viel von meiner Haut berührt. So sah das erste Mal aus, als mich die Lust überwältigte. Der Junge fragte mich, ob ich »nicht mehr wolle«? Ich hatte keine Ahnung, was dieses Wollen bedeutete, aber ich sagte nein, weil ich nicht wusste, was ich »mehr« bekommen könnte. Im Übrigen halte ich diesen Flirt daraufhin beendet und wollte nichts mehr mit dem Jungen zu tun haben, auch wenn wir uns in den Ferien immer wieder trafen. Ich hatte nicht einmal mehr Lust, mit jemandem zu »gehen«, auch nicht mit mehreren. Zweimal verliebte ich mich, immer in Männer, mit denen von Anfang an keine körperliche Beziehung möglich war – der Erste war frisch verheiratet und zeigte keinerlei Interesse für mich, der Zweite lebte weit entfernt. Mit meinen Freunden wollte ich keine feste Bindung eingehen. Der Student war mir zu langweilig, André war quasi mit meiner Freundin verlobt, und Ringo lebte mit einer Frau zusammen. Und in Paris hatte ich diesen Freund, mit dem ich das erste Mal geschlafen hatte; Claude aber war in ein Mädchen aus besten Kreisen verliebt, das ihm so poetische Sätze sagen konnte wie: »Berühre meine Brust, sie ist zart heute Abend.« Weiter durfte er aber nicht gehen. Dieses Beispiel hatte mir irgendwie begreiflich gemacht, dass ich nicht zu den Verführerinnen gehörte und dass mein Platz in der Welt folglich nicht bei den Frauen, sondern an der Seite der Männer war. Nichts hinderte mich also daran, wieder und wieder eine Spucke zu kosten, die immer anders schmeckt, und, ohne es anzusehen, ein Ding zu drücken, das mir immer ganz unverhofft in die Hände kam. Claude hatte einen schönen Schwanz, groß, gerade, und unsere ersten Treffen hinterließen bei mir die Erinnerung an eine Art Starre, als hätte mich dieser Schwanz gestreckt und gestopft. Als André vor meinen Augen die Hose aufknöpfte, war ich erstaunt, dass sein Ding kleiner war und beweglicher, weil er im Gegensatz zu Claude nicht beschnitten war. Ein von vornherein nackter Kopf erregt durch seine einheitliche Glätte, doch wenn ich eine Vorhaut vor und zurück schiebe und dabei die Eichel enthülle, die wie eine große Blase im Schaumbad schwimmt, entsteht eine subtilere Lust, die sich in weichen Wellen bis in die Öffnung des anderen Körpers fortpflanzt. Ringos Schwanz war eher wie Claudes Teil, der Schwanz des schüchternen Jungen ähnlich wie Andres, der des Studenten gehörte einer Sorte an, die ich später richtig kennen lernte: Ohne besonders dick zu sein, fühlt er sich in der Hand unmittelbar sehr massiv an, vielleicht weil die Haut, die ihn umgibt, fester ist. Ich machte die Erfahrung, dass jeder Schwanz anders auf mich wirkte und ich unterschiedlich damit umging. Und so, wie ich mich jedes Mal auf eine andere Haut, ein
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