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Das sexuelle Leben der Catherine M.

Das sexuelle Leben der Catherine M.

Titel: Das sexuelle Leben der Catherine M. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Millet
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anderes Karnat, eine andere Behaarung und Muskulatur einstellen musste, so schien das eigene Wesen eines jeden Körpers eigene Stellungen zu verlangen. (Es ist klar, dass man einen Körper, der glatt ist wie ein Stein, nicht nur anders an sich drückt als einen Oberkörper mit muskulöser Brust oder dichter Behaarung, auch der Anblick wirkt sich in der Vorstellung ganz unterschiedlich aus. Rückblickend scheint mir, ich hatte die Tendenz, bei kräftigen oder ein wenig knochigen Körpern gefügiger zu sein – als hätte ich sie als wirklich männlich empfunden –, während ich dickere Körper, egal, wie groß sie waren, weiblicher fand und selbst mehr Initiative zeigte.) Ich erinnere mich voller Wohlgefallen an einen sehr sehnigen Körper, dessen spitz zulaufender Ständer wunderbar in den Arsch passte, den ich ihm entgegenstreckte; andere Stellen meines Körpers berührte er nicht, wenn man davon absieht, dass er mich an den Hüften hielt. Bei dicken Männern hingegen, die mich auch anmachten, fühlte ich mich unwohl, wenn sie sich zu schwer auf mich legten und abknutschten und absabberten, wozu sie ihrer Korpulenz entsprechend neigten; trotzdem habe ich mich ihnen nie entzogen. Kurz, wie damals als Kind in die Geisterbahn stürzte ich mich blind ins Sexleben der Erwachsenen – um der Lust willen, wahllos gepackt und gebumst zu werden, oder besser: um mich wie ein Frosch von der Schlange verschlingen zu lassen. Ein paar Tage nach meiner Rückkehr schrieb mir André sehr feinfühlig nach Paris, dass wir uns alle den Tripper geholt hätten. Meine Mutter hatte den Brief geöffnet, sie schickte mich zum Arzt und gab mir Hausarrest. Doch nachdem sich meine Eltern nun vorstellen konnten, was ich im Bett trieb, ertrug ich aus einer Scham heraus, die extrem hartnäckig geworden war, das Zusammenleben mit ihnen nicht mehr. Ich bin abgehauen, sie haben mich wieder eingefangen. Irgendwann ging ich dann endgültig von zu Hause fort und zog zu Claude. Der Tripper war meine Taufe; danach lebte ich jahrelang in Angst vor diesem Brennen, das mir jedoch nie mehr zu sein schien als ein Erkennungszeichen, das gemeinsame Schicksal all jener, die eben viel vögeln.
»Wie einen Kern aus seiner Schale«
    Bei den größten Sexpartys, an denen ich in den darauf folgenden Jahren teilnahm, machten bis zu 150 Personen mit (nicht alle vögelten, manche sahen auch nur zu); ein Viertel oder Fünftel von ihnen nahm ich, wie es kam – mit den Händen, mit dem Mund, mit der Möse, mit dem Arsch. Ich habe auch mit Frauen gevögelt oder sie gestreichelt, allerdings nicht so häufig. In den Clubs schwankten die Zahlen natürlich je nach Teilnehmern, aber auch je nach Raumnutzung; darauf komme ich noch zu sprechen. Die Zahl der Männer, mit denen ich abends im Bois de Boulogne zugange war, ist noch schwieriger zu schätzen. Müsste ich auch jene hinzuzählen, denen ich mit dem Kopf am Lenkrad einen blies oder bei denen ich mich in der Kabine eines Lastwagens auszog und müsste ich all die Körper ohne Kopf vernachlässigen, die sich hinter der Wagentür abwechselten und ihre unterschiedlich steifen Pimmel mit wilder Hand wichsten, während die andere Hand aus dem offenen Fenster langte und meine Brust knetete? Neunundvierzig Männern, mit denen ich geschlafen habe, kann ich einen Namen zuordnen und in manchen Fällen auch eine Identität. Jene aber, die sich in der Anonymität verlieren, kann ich nicht zählen. Auch wenn auf den Partys Leute waren, die ich kannte oder wieder erkannte, konnte ich im Durcheinander der Berührungen und bei den schnell aufeinander folgenden Ficks vielleicht die Körper erkennen, oder besser gesagt deren charakteristische Merkmale, aber nicht immer die Gesichter. Und selbst wenn ich mich an diese Besonderheiten erinnere, muss ich zugeben, dass ich nicht alle kannte; der Kontakt ist manchmal sehr flüchtig, es konnte sein, dass ich mit geschlossenen Augen eine Frau an Ihren weichen Lippen erkannte, aber nicht notgedrungen an ihren kräftigeren Berührungen. Es kam vor, dass ich erst nach dem Fick gemerkt habe, dass es ein Transvestit war. Ich war einer Hydra ausgeliefert. Das ging so, bis Eric sich aus der Gruppe löste und mich herausschälte »wie einen Kern aus seiner Schale«, um es mit seinen eigenen Worten zu sagen. Eric lernte ich mit einundzwanzig kennen, er wurde mir »angekündigt«. Gemeinsame Freunde hatten mir des Öfteren versichert, dass Eric bei meinen Neigungen genau der Mann wäre, den ich treffen müsse.

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