Das Siegel der Macht
blonden Haars harmonierte mit dem Ansatz eines glitzernden Seidenkleids.
»Sie ist schon achtzehn Jahre alt. Wird ihr ein jüngerer Ehemann gefallen?« Otto richtete die Frage mehr an sich selbst. Leise sagte er zu Alexius: »Dieses Bild muss unser Geheimnis bleiben. Niemand am Hof weiß, dass dein Großonkel Rotbertus es dir durch Eilboten aus Byzanz geschickt hat.«
»Weshalb ein Geheimnis? Was gibt es Natürlicheres als einen König, der mit Sehnsucht an seine Braut denkt?«
»Das ist es ja, Alexius. Zoe ist mehr als irgendeine Verlobte. Doch reden wir nicht von ihrem kaiserlichen Blut. Was hat Rotbertus von ihrer vornehmen Art erzählt? Zoe soll nicht nur hübsch sein, sondern auch stolz und leidenschaftlich. Erzähl, Alexius. Ich will es wieder und wieder hören.«
Der Höfling lächelte: »Onkel Rotbertus hat mit uns beiden gesprochen. Erinnert Ihr Euch nicht? Was könnte ich mehr wissen als Ihr?«
»Erzähle trotzdem! Deine Geschichten sind halbe Wirklichkeit.«
Freudig begann Alexius zu fabulieren: »Man sagt, dass Zoe längst Bescheid weiß über die Schönheit und Bildung ihres künftigen Mannes. Sie ist gelehrt und soll sich sogar im Zubereiten von Düften aus speziellen Kräutern und Hölzern auskennen.«
Otto hing an den Lippen seines Königsboten. Dann wich das euphorische Strahlen den Zweifeln. »Wird man einwilligen, mir Zoe als Gattin zu schicken? Sie ist eine kaiserliche Prinzessin.«
Alexius gab keine Antwort. Nur nicht die königlichen Hoffnungen zerstören! Vor zwei Jahren war die Brautwerbung am Hof verhandelt worden. Die treusten griechischen Gefolgsmänner der Ottonen rief man zur Diskussion herbei. Auch Alexius’ Großonkel Rotbertus und sein Vater Leon wurden eingeladen und nahmen ihn als Sechzehnjährigen auf die Reise mit. Das gemeinsame byzantinische Blut, ihre für Nichtgeistliche unübliche hohe Bildung führte zu einer spontanen Sympathie zwischen Otto und Alexius. Seither lebte der junge Grieche am Königshof.
Lebhaft waren die animierten Sitzungen in Alexius’ Erinnerung geblieben. Nach monatelangen Verhandlungen trat im Frühsommer 995 eine Gesandtschaft unter Erzbischof Johannes Philagathos die beschwerliche Reise nach Osten an. Sie musste für den König um eine byzantinische Prinzessin werben. Im Innersten zweifelte Alexius am Erfolg der Botschafter. Er kannte die byzantinischen Verhältnisse und wusste, dass für jenen Kaiser zu viel auf dem Spiel stand. Basileios II. selber war kinderlos, sein Bruder und Mitkaiser hatte nur zwei Töchter. Die Zukunft des byzantinischen Reiches war in Gefahr, wenn die erstgeborene Prinzessin den Ottonenherrscher heiratete. Was, wenn der zum Kaiser gekrönte Otto die Verbindung beider Reiche und vielleicht gar die Verlegung der Hauptstadt nach Rom verlangte? Nein, in Byzanz würde man sich hüten, Zoe in den Westen zu schicken. Und Theodora, die zweite Tochter des Mitkaisers, war erst sieben Jahre alt.
»… auf das Leben in Byzanz verzichten.« Otto sprach weiter. Seine Augen leuchteten. Das Byzantinische Reich war für ihn eine mystische Welt, der Traum seiner Kindheit. Von seiner Mutter Theofanu kannte er die oströmische Geschichte besser als jeder andere Sachse. Wie oft hatte sie ihm von Kaiser Theodosius erzählt, nach dessen Tod es im Jahre 395 zur Reichsteilung gekommen war. Ein Sohn erhielt den Osten. Der andere regierte den Westen, aber dessen Nachfolger verloren Italien an die Goten. Nach dem Untergang des Weströmischen Reiches erlebte der Osten seine Glanzzeit. Unter Kaiser Justinian gelang es Byzanz sogar, Italien mit Rom für zwei Jahrhunderte zurückzuerobern. In Konstantinopel, das wusste Otto von seiner Mutter, gab es immer noch prunkvolle Paläste und Parkanlagen, vor allem aber einen mächtigen Kaiser. Obwohl Ottos sächsischer Großvater und auch sein Vater vom Papst in Rom feierlich zu Kaisern gekrönt worden waren, beeindruckte den Fünfzehnjährigen das Herrschertum im fernen Byzanz viel stärker. Am liebsten schwärmte Otto vor Alexius von Griechenland, denn der Höfling teilte seine Begeisterung. Das Große, ewig Geheimnisvolle um Byzanz faszinierte beide und stärkte ihre Freundschaft.
»Du hörst mir nicht zu, Alexius. Wenn dein Onkel wieder bei uns ist, wollen wir uns alles noch viel ausführlicher erzählen lassen. Ich werde einen Hof schaffen nach dem Beispiel Konstantinopels. Seidene Stoffe, Bildhauerarbeiten, Gold …«
Ein Klopfen unterbrach die königlichen Träume. Durch einen jungen Notar bat
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