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Das Siegel der Macht

Das Siegel der Macht

Titel: Das Siegel der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Dettwiler
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eine Versöhnung stattgefunden?« Williges’ Stimme überschlug sich fast. »Eine solche Nachricht hat die Kanzlei niemals erhalten.«
    »Im Frühling des vergangenen Jahres bedrängte Crescentius Nomentanus den Heiligen Vater so arg, dass dieser aus der Stadt fliehen musste. Deshalb schickte Papst Johannes im Sommer seinen Legaten an den Königshof und bat um Hilfe.«
    »Ja, deshalb sind wir ja im späten Winter schon nach Süden gereist«, unterbrach Otto ungeduldig.
    »Crescentius Nomentanus erkannte die Gefahr, die Euer Kommen für ihn bedeutete. Er söhnte sich mit dem Papst aus und ließ diesen wieder in Rom einziehen.« Johannes aber traute dem römischen Machthaber nicht mehr. Wer einmal verrät, steht mit dem Teufel im Bund. Der Papst fühlte sich zu nichts mehr verpflichtet und dachte nicht daran, seinen Hilferuf an Otto zurückzunehmen.
    »Nach dem Tod von Papst Johannes Anfang März hat Crescentius jetzt eigenmächtig einen römischen Priester zum Nachfolger ernennen wollen. Dieser ist aber vom Senat und Volk nicht anerkannt worden.« Entschlossen widersetzten sich die Römer den Wünschen des Crescentius Nomentanus, denn das Heranrücken des Königs mit seinem großen Heer machte ihnen Angst. Senat und Volk von Rom schlugen sich auf die Seite des Stärkeren, baten Otto direkt um die Nominierung eines Kandidaten für die Papstwahl.
    Der König hatte genug gehört. Im Eilschritt durchquerte er die Kanzlei und stieg zu seinem Gemach hinauf. Vor dem Kamin ließ sich der Fünfzehnjährige auf einen Stuhl fallen, stützte den Kopf auf die Hände und bat Gott um Hilfe. Die Erleuchtung kam fast sofort.
    Triumphierend berief Otto am nächsten Tag seine Ratgeber und die Würdenträger des Hofes ein.
    Offensichtlich gelangweilt hörte der Herrscher zu, wie in der Pfalz von Pavia stundenlang beraten wurde. Plötzlich stand er auf, hieß die Versammlung schweigen. Er wartete, bis ein Notar die italienische Delegation in die Halle geführt hatte, und setzte sich auf seinen Thron. Mit knappen Worten gab der König seinen unerschütterlichen Willen bekannt. Er vergab den Stuhl Petri wie irgendein deutsches Bistum.
    Als der Name des künftigen Papstes über Ottos Lippen kam, ging ein Raunen durch die Pfalzhalle. Die deutschen Würdenträger sahen einander ungläubig an, Willigis erstarrte. Alexius, der neben Sergius und anderen Mitgliedern der italienischen Delegation stand, hörte die Römer tuscheln.
    »Das muss ein Albtraum sein! Einen Heiligen Vater aus Sachsen hat es noch nie gegeben«, ereiferte sich ein betagter Senator, zu seiner Linken hörte Alexius einen dickbäuchigen Adligen raunen: »Früher gab es griechische und afrikanische Päpste, aber nie einen deutschen.«
    Der König hörte das Murren der Delegation nicht, aber die Gesichter der Römer sprachen deutlich. Ohne sie zu beachten, zeigte Otto unverhohlen seinen Stolz und lächelte den versteinerten Würdenträgern zu. Er hatte ein gutes Gewissen. Seine Wahl war auf den frömmsten Menschen gefallen, den er kannte. Es spielte für den Herrscher keine Rolle, dass der Auserwählte erst fünfundzwanzig Jahre zählte und weder ein hoher Würdenträger noch Bischof war. Brun von Wormsgau musste seinen Weg nach Rom antreten.

3
    Brun rannte und rannte über die Welt. Die Erde löste sich auf, er schwebte nach oben. In unerreichbarer Höhe ein blendender Strahl und die Donnerstimme. Du musst Jerusalem auf Erden bringen, der Sand der Zeit verrinnt! Bruns Augen ertrugen das gleißende Licht nicht mehr. Sein Blick richtete sich nach unten. Die Erde war glühend rot und zerstob in tausend Funken. Zurück blieb das schwarze, bodenlose Nichts. Grauen und Angst mischten sich mit dem Gefühl unendlicher Einsamkeit.
    Schweißgebadet erwachte Brun von Wormsgau auf dem harten Lager im Lateranpalast in Rom. Sein Körper zitterte, der Atem ging rasselnd. Langsam vertrieb die Wirklichkeit den Schlaf. Brun konnte wieder klare Gedanken fassen. Ich bin auf dem Weg zum Apostolischen Stuhl, es ist vollbracht! Die Erinnerung wirkte beruhigend.
    Brun streckte sich entspannt auf dem Bett aus und dachte an die turbulenten letzten Tage zurück: die dank häufigen Pferdewechseln im Eiltempo bewältigte Reise, seinen Einzug in Rom am ersten Maitag des Jahres 996. Der erste Gang durch den Lateran verschlug Brun fast die Sprache. Von außen hatte er den Komplex schon als Kind gesehen, aber die magische Innenwelt des seit Jahrhunderten von den Päpsten bewohnten Palastes übertraf seine

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