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Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Titel: Das Siegel des Templers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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umspannt noch immer den Arm des Servienten. »Komm Bruder Humbert, lassen wir deinen Herrn in der Obhut des Allmächtigen und seines Vertreters.« Widerstrebend lässt sich der Wappner hinausführen. Die Burgmannen folgen den beiden schweigend.
    Juliana fühlt, wie die Mutter an ihrer Hand zieht, doch sie rührt sich nicht von der Stelle. Es ist ihr unmöglich, sich zu bewegen, nicht einmal den Blick kann sie senken.
    »Juliana, liebes Kind, folge deiner Mutter und lass mich mit deinem Vater allein«, sagt der Dekan sanft. Endlich senkt das Mädchen den Kopf und trottet der Mutter hinterher.



3
Roncesuailles
     
    S onnenlicht ließ die dünnen Häute vor den Fenstern golden leuchten. Juliana schlug die Augen auf und sah zu einer hölzernen Balkendecke empor. Die Erinnerung kehrte nur langsam zurück. Dies war weder ihre Kammer im Stadthaus in Wimpfen noch die Kemenate auf Burg Ehrenfels. Sie war im Kloster Roncesuailles im Königreich Navarra, Pilgerspital der Canónigos Regulares de San Agustín – und sie hatte die Pyrenäen überwunden!
    Rasch warf Juliana die Decke ab, zog ihr Hemd über die Knie und angelte nach Beinlingen und Kittel. Während sie sich die knöchelhohen Schuhe band, ließ sie den Blick durch das Pilgerspital schweifen. Falls die Betten in der Nacht alle belegt gewesen waren, dann hatten sich die meisten der Gäste bereits wieder auf den Weg gemacht. Nur noch drei Lager waren besetzt. Auf einer der Matratzen lag ein älterer Mann mit Tonsur. Seine Augen waren geschlossen, die Stirn von Schweißperlen bedeckt. In fiebrigen Träumen gefangen warf er den Kopf hin und her und murmelte unverständliche Worte. Im Bett daneben ragte nur ein schwarzer Haarschopf unter der Decke hervor, und auf dem Lager direkt bei der Tür schwang gerade ein junger Mann seine Beine unter dem Laken hervor und zeigte seine dick verbundenen Füße. Er zog eine Grimasse und seufzte, dann wanderte sein Blick zu Juliana hinüber, und er lächelte. Ein Schwall Wörter einer ihr völlig fremden Sprache schlug ihr entgegen. Juliana zuckte mit den Schultern. Sie griff nach ihrem Bündel und dem Mantel. In Deutsch, Französisch und Latein wünschte sie dem fremden Pilger einen gesegneten Morgen und verließ den Schlafsaal begleitet von einer weiteren Wörterflut.
    Juliana trat auf einen Hof hinaus und blinzelte ins grelle Morgenlicht. Was für ein herrlicher Tag! Wolken und Regen hatten sich verzogen, der Nebel sich aufgelöst. Und nun stand die Sonne am blauen Spätsommerhimmel. Sie ließ den Blick schweifen. Das Kloster war beeindruckend groß und gruppierte sich um zwei Höfe, die durch einen Torbogen miteinander verbunden waren. Kirche, Kreuzgang und Spital lagen um den talwärts gelegenen Hof. Wie die Augustinerstiftsherren die anderen Gebäude nutzten, ließ sich von außen nicht erahnen.
    Der Bruder Infirmarius trat aus dem Kirchenportal und schritt auf den Krankensaal zu. Sein Gehilfe Enneco folgte mit dem schweren Medizinkoffer.
    »Guten Morgen und Gottes Segen, mein Junge. Willst du weiterziehen?«, fragte der Augustinerherr freundlich.
    Juliana verbeugte sich und gab den Morgengruß zurück: »Ja, ich werde weiterwandern. Diesen schönen Sonnentag darf man nicht ungenutzt verstreichen lassen.«
    Die schwarz gekleidete Gestalt lächelte. »Ja, hier oben ist die Sonne ein Segen. Doch warte, bis sie dich auf der Weite der Meseta verbrennt. Dann wirst du Regen und Wolken erflehen – anderseits, soll die Pilgerreise nicht Mühe und Plage sein?«
    Juliana sagte nicht, dass sie darauf gut und gern verzichten konnte und dass sie alles lieber machen würde, als nach Santiago zu ziehen, stattdessen murmelte sie undeutlich etwas, das man als Zustimmung auslegen konnte.
    »Wie geht es deinem Knie?«, erkundigte sich der Infirmarius. »Ich werde es mir noch einmal ansehen. Wenn du möchtest, kannst du noch einen Tag hier ruhen. Der große Strom der Pilger ist diesen Sommer schon vorbei, und ich glaube nicht, dass heute Abend so viele zu uns kommen, dass alle Betten belegt werden.«
    Juliana dankte, lehnte das Angebot zu bleiben jedoch ab. Sie war nicht über die Berge geeilt, um nun müßig darauf zu warten, dass der düstere Bettelmönch sie wieder einholte. Schon wieder hatte sie das Gefühl, seine Augen im Rücken zu spüren.
Hatte Bruder Rupert sie etwa schon erreicht? Das Mädchen fuhr herum, doch sie sah nur einen alten Mann, der sich schwer auf seinen Stock stützte und zur Kirche hinüberhumpelte.
    »Du willst sicher

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