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Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Titel: Das Siegel des Templers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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überspannt. Dahinter ragt in der Dämmerung der hohe Turm auf, der mächtigste der drei Bergfriede, die die Kaiserpfalz beschützen. Die Wächter am Tor grüßen den Dekan und die beiden Edelfrauen und bestätigen, dass der Ritter von Ehrenberg vor nicht allzu langer Zeit die Brücke überschritten hat und noch nicht wieder zurückgekehrt ist.
    Die drei überqueren den Hof. Die Pfalz wirkt fast gespenstisch ausgestorben. Welch Gegensatz zu den Zeiten, da der König hier weilte! Nun wohnen nur die Burgmannen, von denen nur wenige ihre Familie mitgebracht haben, auf dem über dem Neckar aufragenden Felsplateau. Das große Steinhaus – das bei den Festlichkeiten der Königin und ihren Damen als Kemenate dient – steht still zu ihrer Linken. Der Wehrgang über dem Steilhang, der nach Norden zum Fluss abfällt, führt zum Palas mit seinem prächtigen Saal hinüber und dann zur Kapelle der Pfalz, die an die Ostmauer des Palas grenzt. So kann der König, wenn er in Wimpfen weilt, direkt vom großen Saal aus die Empore der kleinen Kirche betreten.
    Wo kann der Vater nur sein?, fragt sich Juliana, als die Mutter gerade vom jüngsten Nachwuchs des Ritters Arnold von Kochendorf zu sprechen beginnt.
    Na, da kann die Familie nur hoffen, dass der Kleine nicht so ein unangenehmer Kerl wird wie Wilhelm!, denkt das Mädchen und zieht eine Grimasse. Es treibt ihr noch immer das Blut in die Wangen, wenn sie an ihre letzte Begegnung mit dem jungen Ritter von Kochendorf denkt. Ihr Blick wandert vom Steinhaus über den Palas, der ebenfalls verlassen wirkt. Weiter hinten, am Fuß des Ostturms, stehen ein paar Männer beisammen. Vielleicht ist der Vater dort bei den Wachleuten. Schließlich ist es als Burgvogt seine Aufgabe, in Abwesenheit des Königs die Bewachung seiner Pfalz sicherzustellen. Sie gehen weiter, als ein Geräusch zu ihrer Linken sie herumfahren lässt.
    »War das eine Schleiereule?«, fragt die Mutter unsicher.
    »Nein, das glaube ich nicht«, widerspricht Gerold von Hauenstein. Seine Hand greift nach der des jungen Mädchens.
    »Ich glaube, es kam aus der Kapelle«, sagt Juliana und wundert sich, dass ihre Stimme zittert. »Seht, ein Lichtschein. Dort muss jemand sein.«
    Sie entzieht dem Dekan ihre Hand, rafft Surkot und Umhang und strebt auf die Tür des Gotteshauses zu. Die Mutter und der Stiftsherr folgen ihr.
    Ahnt Juliana, dass das, was sie gleich sieht, ihr ganzes Leben verändern wird? Zögert deshalb ihre Hand, als sie den Türknauf berührt?
    Nur die beiden Öllampen auf dem Altar erhellen den Raum ein wenig, und dennoch kommt es Juliana so vor, als sei die Szene vor ihr in grelles Sonnenlicht getaucht, so sehr schmerzt der Anblick ihre Augen und ihre Seele.
    Da liegt der Sohn von Mutters Oheim auf dem Rücken vor dem Altar, die Augen starr zur Decke gerichtet. Der rote Fleck auf seinem Mantel wird rasch größer. Aus seiner Mitte ragt ein metallener Griff, von zwei Händen umschlungen. Große, vertraute Hände. Die Hände ihres Vaters!
    Ihre eigene Stimme schrillt fremd in ihren Ohren, und erst nach einigen Augenblicken bemerkt Juliana, dass sie selbst es ist, die den Schrei ausstößt. Sie fühlt die Hand des Stiftsherrn auf ihrer Schulter und verstummt. Ihr Blick trifft den des Vaters. Noch immer kniet er neben dem reglosen Körper, den Dolchgriff umklammert. Was ist es, das in seinen grauen Augen geschrieben steht? Schuld? Trauer? Angst? Hass? Nein, es ist Entsetzen.
    Juliana hat das Gefühl, der Boden würde unter ihren Füßen schwanken, die Welt um sie dreht sich, die Bilder verschwimmen. Nur eines bleibt in ihrem Sinn eingebrannt: Die Hände des Vaters, die den blutigen Dolch umklammern! Sie weiß nicht, wie lange sie schon in der Kapelle steht, als eine Stimme sie aus ihrer Erstarrung reißt.
    »Ist er tot?« Ein weißer Mantel huscht an ihr vorbei. Es ist der Franzose Jean de Folliaco, der sich neben seinen Waffenbruder kniet und seine Hand an dessen Hals legt. Für einen Augenblick ist es ganz still. Juliana hat das Gefühl, dass alle den Atem anhalten. Dann hört sie Schritte hinter sich und Gemurmel. Ein Luftzug bläht ihren Mantel.
    »Herr!«, schreit eine sich überschlagende Stimme und lässt das Mädchen vor Schreck zusammenzucken. Die kleine, untersetzte Gestalt von Bruder Humbert patscht auf Sandalen durch
das Kirchenschiff. »Oh mein geliebter Herr«, jammert er und will sich auf die reglose Gestalt werfen, aber der Franzose versperrt ihm den Weg. Sein Arm schießt nach vorn. Die ihm

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