Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das silberne Zeichen (German Edition)

Das silberne Zeichen (German Edition)

Titel: Das silberne Zeichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
Vom Netzwerk:
möglicherweise nicht dazu geführt, dass er seine Untaten gesteht und uns verrät, wo er Frau Marysa versteckt hielt.»
    «Einen Versuch wäre es allemal wert gewesen», grummelte Volmer verstimmt.
    Jacobus schüttelte nachsichtig den Kopf. «Wie lange hättet Ihr es denn versucht, Volmer? Einen Tag, zwei? Uns lief die Zeit davon. Der Mann, von dem wir sprechen, sitzt in diesem Augenblick im Verlies des Marienstifts und heult wie ein kleines Kind, man hätte ihm die Frau gestohlen und überdies verkannt, welch großes Unrecht er von der Stadt Aachen abwenden wollte, indem er tat, was seiner Meinung nach nur rechtens gewesen sei.» Mit verschränkten Armen ging Jacobus vor den Schöffen auf und ab. «Dieser Mann denkt nicht mehr klar. Wahrscheinlich hättet Ihr ihn zu Tode gefoltert, ehe nur ein wahrer, zusammenhängender Satz über seine Lippen gekommen wäre. Er ist entweder besessen von teuflischen Mächten, oder er leidet an einer gefährlichen Verirrung des Geistes. Da, wo er Frau Marysa versteckt hielt, hätten wir sie mit ziemlicher Sicherheit nicht gefunden. Für sie wäre also wahrscheinlich jede Hilfe zu spät gekommen. Unser Glück war, dass Leynhard so sehr von sich eingenommen war, dass er nachlässig wurde. Vermutlich wähnte er sich in vollkommener Sicherheit, als er von seinem Botengang ins St. Adalbertstift zurückkam. Stellt Euch dies nur einmal vor! Vollkommen kaltblütig bringt er ein Reliquiar dorthin, spielt den Besorgten, bietet uns seine Hilfe an, während gleichzeitig sein unschuldiges Opfer gefesselt und ohne Wasser in einem Kellergewölbe auf sein Schicksal harrt. Er hat einen jeden von uns lange Zeit an der Nase herumgeführt; hat es trefflich verstanden, den Verdacht immer wieder auf jemand anderen zu lenken. Es blieb uns keine andere Wahl, als diese Posse, wie Ihr es nennt, aufzuführen. Es war riskant, das gebe ich zu. Aber auf diese Weise und durch die Geistesgegenwart Frau Marysas, die ihn so trefflich ausgefragt hat …», er nickte ihr lächelnd zu, «… konnten wir ihm vor mehreren Zeugen ein vollständiges Geständnis entlocken.»
    «Das ist ja alles schön und gut», befand van Eupen. «Doch sehe ich nicht, wie diese Sache nun zur Entlastung des Schreinemakers beitragen soll. Ihr selbst habt gesagt, dass Leynhard Frau Marysa gezwungen hat, die Urkunden aus Frankfurt zu verbrennen. Das bedeutet, dass sich Eure angeblichen Beweise, so es sich tatsächlich um jene Schriftstücke handelte, in Rauch aufgelöst haben. Abgesehen davon ist mir noch immer schleierhaft, weshalb Ihr ihn unbedingt zu diesem Kellergewölbe mitnehmen musstet.»
    «Ich sehe ein», antwortete Jacobus gelassen, «dass dieser Umstand auf den ersten Blick sonderbar wirkt. Sobald Ihr die Zusammenhänge seht, werdet Ihr begreifen, weshalb wir so gehandelt haben. Wenn man davon ausgeht – und das taten wir –, dass Meister Schreinemaker zu Unrecht inhaftiert worden war, er also unschuldig ist, konnte er als Zeuge fungieren. Ihr wisst selbst, dass ein Prozess gegen Leynhard nur aufgrund eines Geständnisses vor Zeugen geführt werden kann. Zwar müssen wir berücksichtigen, dass die Worte eines Wahnsinnigen, so belastend sie auch sein mögen, vor Gericht nicht viel zählen. Dennoch haben wir uns auf die Zeugen konzentriert. Gewiss hätten zwei städtische Soldaten, zwei Dominikaner sowie meine Wenigkeit hierzu vollkommen ausgereicht. Doch durch den Umstand, dass Meister Schreinemaker die Aussage des Leynhard mit angehört hat, wird er in die Lage versetzt, dies zu gegebener Zeit während des Prozesses öffentlich kundzutun. Auf diese Weise kann sein angeschlagener Ruf in Aachen zumindest teilweise wiederhergestellt werden. Bedenkt, dass er eine Aachener Bürgerin zu ehelichen gedenkt, ihre Werkstatt übernehmen soll und dazu Eintritt in die Zunft erhalten muss. Er kann nunmehr sogar selbst als Kläger gegen Leynhard auftreten, wenn er dies will, was zusätzlich zur Wiederherstellung seines Leumunds beitragen wird. Ob er in diesem Zusammenhang auch gegen Meister Schrenger vorgehen wird, der maßgeblich an seiner unrechtmäßigen Verhaftung beteiligt war, bleibt natürlich ihm überlassen.» Jacobus blickte fragend zu Christoph, der jedoch nur den Kopf schüttelte. «Nun gut, dann eben nicht. Dann also zu Eurer vorherigen Frage, Meister Volmer: Die Schriftstücke, die Leynhard Frau Marysa verbrennen ließ, waren, das konnten wir anhand der Überreste erkennen, tatsächlich Schriftstücke des Frankfurter

Weitere Kostenlose Bücher