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Das Silmarillion

Das Silmarillion

Titel: Das Silmarillion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien , Christopher Tolkien
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sollst sehen, kein Thema kann gespielt werden, das nicht in mir seinen tiefsten Grund hätte, noch kann das Lied einer ändern, mir zum Trotz. Denn wer dies unternimmt, nur als mein Werkzeug wird er sich erweisen, um Herrlicheres zu schaffen, von dem er selbst nichts geahnt.«
    Da fürchteten sich die Ainur, und sie verstanden noch nicht die Worte, die sie vernommen hatten; und Melkor war von Scham erfüllt, aus der geheimer Zorn wuchs. Ilúvatar aber erhob sich in Herrlichkeit, und er schritt fort von den lichten Gefilden, die er für die Ainur geschaffen hatte, und die Ainur folgten ihm.
    Als sie aber in die Leere gekommen waren, da sagte Ilúvatar zu ihnen: »Sehet, dies ist euer Lied!« Und er zeigte ihnen ein Gesicht und gab ihnen zu sehen, was sie zuvor nur gehört hatten; und sie sahen eine neue Welt, und sie wölbte sich in der Leere und wurde von der Leere getragen, dochwar sie nicht gleich ihr. Und als sie sahen und staunten, da tat diese Welt ihre Geschichte vor ihnen auf, und sie schien zu leben und zu wachsen. Und nachdem die Ainur eine Weile geschaut hatten und schwiegen, da sagte Ilúvatar abermals: »Sehet nun eure Musik! Dies ist euer Gesang, und ein jeder von euch soll hier eingeschlossen finden, in dem Plan, den ich euch vor Augen führe, wovon immer ihn dünken mag, er selbst habe es ersonnen oder hinzugetan. Und du, Melkor, wirst all die heimlichen Gedanken deines Geistes entdecken, und wirst erkennen, nur ein Teil des Ganzen sind sie und ihm untertan.«
    Und vieles andre noch sagte Ilúvatar damals zu den Ainur, und da sie sich seiner Worte erinnern und jeder das Lied kennt, das er selber gespielt, wissen die Ainur vieles von dem, was war, was ist und was sein wird, und wenige Dinge bleiben ihnen verborgen. Manches aber ist da, das können sie nicht sehen, weder allein noch im gemeinsamen Ratschluss; denn nur sich selbst hat Ilúvatar alles vertraut, was er bereithält, und in jedem Zeitalter treten Dinge auf, die neu und nicht geweissagt sind, denn sie kommen nicht aus dem Vergangenen. Und so auch bei diesem Gesicht der Welt: Als es vor den Ainur aufgetan wurde, da sahen sie Dinge, die sie nicht gedacht hatten. Und mit Erstaunen sahen sie die Kinder Ilúvatars kommen und die Wohnung, die ihnen bereitet war, und sie erkannten, dass sie selbst mit ihrer Musik Hand angelegt hatten, ihnen diese Wohnung zu schaffen, ohne doch von einem andern Zweck als dem der Schönheit zu wissen. Denn die Kinder Ilúvatars waren von ihm allein erdacht, und sie kamen mit dem dritten Thema und waren nicht in dem Thema, das Ilúvatar zu Anfang gab, und keiner der Ainur hatte an ihnen mitgeschaffen. Umso besser gefiel ihr Anblick den Ainur, denn anders als sie selbst waren dieseGeschöpfe, fremd und frei, worin sie von neuem den Geist Ilúvatars erkannten und noch ein wenig mehr von seiner Weisheit erfuhren, die sonst auch den Ainur verborgen blieb.
    Die Kinder Ilúvatars aber sind Elben und Menschen, die Erstgeborenen und die Nachkömmlinge. Und inmitten all der Wunder der Welt, ihrer weiten Hallen und Räume und kreisenden Feuer, bestimmte Ilúvatar ihnen eine Stätte in den Tiefen der Zeit und inmitten der unzählbaren Sterne zur Wohnung. Und diese Wohnung mag jenen ein Geringes scheinen, die nur die Größe der Ainur sehen und nicht auch ihre furchtbare Schärfe: Wie wenn einer das ganze Gefilde Ardas zur Grundlage eines Pfeilers nähme und diesen immer höher aufrichtete, so lange, bis der Gipfel spitzer als eine Nadel wäre; oder wer nur an die unermessliche Weite der Welt denkt, an der die Ainur noch immer bauen, und nicht auch an die feine Genauigkeit, mit der sie ein jedes Ding darinnen bilden. Als nun aber die Ainur jene Wohnung im Gesichte erblickt und die Kinder Ilúvatars hatten erwachen sehen, da wandten viele der Mächtigsten unter ihnen all ihr Denken und Trachten jenem Orte zu. Unter diesen ragte Melkor hervor, wie er auch zu Anfang der Größte unter den Ainur gewesen war, die an der Musik teilhatten. Und er gab vor und glaubte es selbst zuerst, dass er dorthin zu gehen begehre, um alles zum Wohl der Kinder Ilúvatars zu richten, und er hielt die Stürme von Hitze und Kälte im Zaum, die in ihm tobten. Was er begehrte, war aber, sich Elben und Menschen zu unterwerfen, denn er neidete ihnen die Gaben, die Ilúvatar ihnen versprach, und er wollte selber Untertanen und Knechte haben und der Herr genannt werden und über andrer Willen gebieten.
    Die anderen Ainur aber blickten auf diese Wohnung in den

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