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Das Netz der Chozen

Titel: Das Netz der Chozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack L. Chalker
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    Geister sind immer böse, und man sollte einen weiten Bogen um sie machen.
    Der Geist, von dem hier die Rede ist, war über vier Kilometer lang, ein gigantisches Oval in einem Orbit um einen Planeten, der um eine gelbe Sonne kreiste. Nur ein einziger Raumschiffstyp von diesen Ausmaßen war jemals gebaut worden: das Generationsschiff vergangener Jahrhunderte, aus der Epoche, bevor Igor Kutzmanitov entdeckte, wie man den Raum um die Relativitätsgesetze krümmen konnte. Im einundzwanzigsten Jahrhundert war eine große Zahl solcher Schiffe gebaut worden, um alle die Güter zu transportieren, die man brauchte, um eine neue Kolonie auf erdgleichen Planeten zu gründen, die man irgendwo im Raum zu finden hoffte. Die meisten dieser Schiffe waren von Gruppen politischer oder religiöser Minoritäten bemannt worden, die mit dem Engagement, das nötig war, um den Schritt über Raum und Zeit hinaus zu wagen, nach eigenen Welten suchten, wohl wissend, daß sie das Gelobte Land in ihrer Lebensspanne nicht erreichen, es also selbst nicht mehr sehen würden.
    Ich schaltete die Silhouette auf meinen Identifikations-Computer. Das Gerät bestätigte die Information sofort — überraschenderweise, da diese Aufklärungsschiffe nicht gerade die Generalbibliothek von Lubriana aufweisen — als ein Generationsschiff des Typs IV, erbaut zwischen 2140 und 2165, wahrscheinlich von einer amerikanischen oder westeuropäischen Gruppe, mit einer Startbesatzung von zwei- bis dreihundert, und mindestens fünf Kontrollidentitäten im Kühlschlaf. Was seine wirkliche Identifizierung anging — nun, die Computer informierten sich, daß sieben Schiffe dieses Typs erbaut worden waren, alle von utopischen Gruppen in Auftrag gegeben. Darüber hinaus war nichts bekannt.
    Ich tippte ein paar Ziffern in den Computer, um zu erfahren, seit wann das Schiff schon in dem Park-Orbit hing. Auf dem Bildschirm leuchtete die Antwort auf, die mir sagte, daß es höchstens fünfzehn oder zwanzig Jahre sein konnten, wahrscheinlich weniger.
    Das bedeutete, daß eine reelle Chance bestand, vielleicht alle fünf der eingefrorenen Kontrollidentitäten lebend anzutreffen.
    Ich seufzte und wandte mich dem blau-grünen Planeten zu, der auf meinen Backbord-Schirmen sichtbar war. Ich wurde dafür bezahlt, erdähnliche oder terraformbare Welten zu entdecken. Falls diese bereits in Besitz genommen worden war, konnte Bar Holliday hier keine Lorbeeren mehr ernten. Die Seiglein Corporation hatte keine Verwendung für einen Planeten, auf dem sich ein Haufen Utopisten festgesetzt hatte.
    Trotzdem aber verlangte mein Auftrag einen vollständigen Bericht. In jeder Entdeckung steckte eine kleine Profitchance, selbst in dieser, und wenn ich dafür in diesem Fall auch keinen Orden erhalten würde, würden sie mich kreuzigen, wenn ich es versäumte, alle Möglichkeiten auszuschöpfen.
    Ich schaltete die Kommunikationsbänder ein und versuchte es zunächst mit einer breiten Frequenz, auf die jeder altmodische Kommunikationsapparat des einundzwanzigsten Jahrhunderts ansprechen mußte. Die kleine rote Kontrollampe leuchtete auf, und damit wußte ich, daß ich Kontakt hatte. Ich rief das Schiff an, ohne wirklich mit einer Antwort zu rechnen. Aber es bestand eine winzige Chance, daß noch Menschen an Bord waren, oder eine Relaisstation auf dem Planeten.
    »Hier ist der Seiglein-Aufklärer 2761 XY«, sagte ich so kühl und sachlich, wie ich es gewohnt war. »Generationsschiff, bitte melden! Bitte melden!«
    Als Antwort kam nur rauschende Statik aus dem Lautsprecher.
    Ich wiederholte meinen Anruf mehrere Male, bis ich überzeugt war, daß es niemanden mehr gab, der antworten konnte.
    Der nächste Schritt in der Dienstanweisung bestand darin, an Bord zu gehen und mich selbst vom Stand der Dinge zu überzeugen. Ich hatte keine große Lust dazu, da das Ding größer war als manche Stadt, aber Vorschrift ist Vorschrift, und die Dienstanweisungen von Seiglein waren so heilig wie die zehn Gebote.
    Das Luk der Schleuse paßte natürlich nicht an das meine. Ich hatte es auch nicht erwartet. Es gelang mir jedoch, dicht neben dem Luk magnetisch festzumachen, so daß das Luk nur einen Meter entfernt war und ich mit den Frequenzen spielen konnte, bis ich eine fand, auf die die Verriegelung ansprach. Dreißig Minuten später war ich im Raumanzug, und beide Luken standen offen. Ich betete, daß die Automatik von beiden noch funktionieren würde. Es wäre eine Heidenarbeit gewesen, wenn ich hätte die

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