Das Skript
wie wir ihn in dem alten Gebäude vorgefunden haben. Der Heizbrenner, die Gegenstände, die in einem Regal liegen, einfach alles. Bis auf dieses Rohr.«
»Ich verstehe nicht … Hat Jahn das in der Buchbeschreibung vergessen?«
»Nein, so etwas würde Christoph Jahn nicht passieren. Dieses Rohr taucht in dem Buch nicht auf, weil es einfach noch nicht da war, als Jahn
Das Skript
geschrieben hat.« Stohrmann sah ihn noch immer verständnislos an. »Als die Kollegin sich in Jahns Keller den Kopf an dem Rohr stieß, hat er uns erklärt, dass es erst im Zuge einer Erweiterung der Heizungsanlage eingebaut worden war«, fuhr Erdmann fort. »Diese hat er aber erst machen lassen, als er schon eine Zeitlang in dem Haus wohnte, doch noch bevor Helga Jäger bei ihm anfing. Hätte Jahn selbst diesen Raum nachgebaut, hätte er sich streng an den Roman gehalten. Helga Jäger aber ist nicht nach der Beschreibung im Roman vorgegangen, sondern hat den Keller aus dem Gedächtnis nachgebaut. Denn sie wusste ja, wie der Keller im Original aussieht. Aber sie kannte ihn eben nur mit dem tiefhängenden Rohr der neuen Heizungsanlage.«
Stohrmann dachte eine Weile nach, dann schürzte er die Unterlippe. »Alle Achtung, Herr Erdmann, das war hervorragende kriminalistische Arbeit. Aber wenn sie das alles doch nur für Jahn getan hat, warum nennt sie ihn dann jetzt einen Betrüger?«
»Deshalb sagte ich eingangs, sie hat Jahn bis vorgestern Abend verehrt«, übernahm Matthiessen wieder. »Da nämlich hat sie erfahren, dass in Wahrheit Werner Lorth große Teile der Bücher, wie sie sie kennt, geschrieben hat.«
»Von wem hat sie das erfahren? Von Ihnen?«
»Nein, wir haben es Miriam Hansen erzählt, die Jahn daraufhin zur Rede stellen wollte, weil sie sich von ihm betrogen fühlte. Als sie bei ihm zu Hause ankam, war er allerdings nicht da, und da sie so enttäuscht war, hat sie seiner Haushälterin erzählt, warum sie ihn sprechen wollte. Für Helga Jäger brach eine Welt zusammen. Der große Autor Christoph Jahn ein Betrüger! Sie muss außer sich gewesen sein vor Enttäuschung und vor Wut. Alles hatte sie nur für ihn getan, und er hatte sie die ganze Zeit über belogen. Sie beschloss, ihm zur Strafe für das, was er ihr angetan hat, diese Morde unterzuschieben. Zuvor wollte sie aber sichergehen, dass das, was sie von Miriam Hansen erfahren hatte, auch stimmte. Also rief sie bei jemandem an, der es wissen musste: Werner Lorth. Und gab sich dabei als Miriam Hansen aus.«
Einen Moment lang herrschte Schweigen, dann sagte Erdmann: »Sie spielte uns die besorgte Haushälterin vor, der aufgefallen war, dass ihr Chef sich in den letzten Tagen verändert hatte. Dann versteckte sie die Pinsel, die sie wie in der Buchvorlage aus dem Haar ihres Opfers in Köln gemacht hatte, in Jahns Öltank. Sie präparierte das Buch, wobei sie kleine, ausgedruckte Namensschildchen benutzte, damit wir nicht merken konnten, dass es nicht Jahns Handschrift war, mit der die Eintragungen gemacht wurden. Natürlich war ihr klar, dass wir auch ihre Wohnung durchsuchen würden. Sie muss diesen Mietvertrag und das Fotoalbum, in dem sie die Zeitungsartikel über ihre Tat in Köln gesammelt hat, irgendwo außerhalb versteckt und erst nach der Durchsuchung wieder zurückgebracht haben. Sie rechnete wohl fest damit, dass wir ihre Wohnung nur einmal durchsuchen würden. Gestern rief sie dann Jahn an und sagte ihm mit verstellter Flüsterstimme, er müsse zu dem Fabrikkeller kommen und würde dort die Frauen finden Dann sollte er die Polizei anrufen und würde schließlich als Held dastehen. Sollte er sich allerdings weigern, würden Heike Kleenkamp und Nina Hartmann sterben. Frau Jäger baute darauf, dass wir ihn verfolgen würden. Dass er bei der Flucht vor der Polizei von einem Lkw erfasst werden würde, konnte sie natürlich nicht ahnen. Aber es kam ihr sehr gelegen.«
Stohrmann nickte abermals und starrte dabei auf einen Punkt vor sich auf dem Schreibtisch. »Ja, gut, das sollte reichen. Die Herrschaften werden zufrieden sein. Wenn ich Ihnen die Fotos von dem anderen Kellerraum zeige, in dem diese Wahnsinnige die Hautstücke der Toten und ihre Gerbutensilien gelagert hat, werden sie sowieso bedient sein.«
»Können wir jetzt gehen?«, fragte Matthiessen.
»Nein, wir haben im Anschluss noch eine gemeinsame Pressekonferenz. Ruhm und Ehre.«
Matthiessen verdrehte die Augen und stand auf. »Wir trinken im Einsatzraum so lange Kaffee, um wach zu bleiben.« Und an
Weitere Kostenlose Bücher