Das Skript
und den schwarzen Überziehschutzwesten erinnerten sie ihn an die Spezialeinheiten in amerikanischen Filmen. Alles ging leise und zügig vonstatten, und innerhalb kürzester Zeit hatten die zehn Männer sich an der Vorderseite des Zauns verteilt und warteten auf den Befehl, in das Gebäude einzudringen.
Matthiessen sprach sich kurz mit dem SEK -Leiter ab und bekam aus dem Kofferraum eines schwarzen A 6 zwei Schutzwesten.
Als sie sie angelegt hatte, zog sie ihre Waffe. Erdmann tat es ihr gleich, dann gab Matthiessen dem SEK -Leiter ein Zeichen. In gebückter Haltung schlüpften sie nacheinander durch die Lücke im Zaun auf das Grundstück. Erdmann spürte seinen Herzschlag, als er zusammen mit seiner Kollegin die Hausfront erreicht hatte und sich mit vorsichtigen Schritten der Tür näherte. Er fragte sich, ob
sie
dort drin war. Und ob sie wieder jemanden getötet hatte.
XVI
Zur gleichen Zeit
Das Monster war schon vor einiger Zeit zurückgekommen. Sie hatte wahrgenommen, dass die Tür sich geöffnet hatte und die Gestalt hereingekommen war. Es war ihr egal. Sie hatte gehört, dass die andere Frau, diese Nina, angefangen hatte zu wimmern und zu weinen. Es war ihr egal. Auch dass das Monster nicht gleich zu ihnen gekommen war, sondern sich mitten im Raum an irgendwelchen Gerätschaften zu schaffen machte, kümmerte sie nicht. Erst als helles Licht sie blendete, hob sie mühsam einige Zentimeter den Kopf und blinzelte in eine grelle Lichtquelle. Es musste eine Taschenlampe sein, die direkt auf sie gerichtet war. Sie kniff die Augen zusammen, doch im gleichen Moment erlosch das Licht wieder. Zuerst sah sie nur einen großen schwarzen Punkt, dann erkannte sie, was das Monster die ganze Zeit über gemacht hatte. Mitten im Raum waren zwei Stative aufgebaut. Auf einem davon war die große Stabtaschenlampe befestigt, die sie gerade geblendet hatte. Sie war noch immer auf sie ausgerichtet. Ihr Blick wanderte hinüber zu dem zweiten Stativ. Es trug eine Videokamera. Ihre Gedanken beschäftigten sich mit dem, was sie da sah. Und plötzlich war ihr nichts mehr egal. Die Erkenntnis, was nun folgen musste, durchfuhr ihren Körper wie ein Stromschlag. Vielleicht ein letztes Mal wurde ihr Selbsterhaltungsmechanismus in Gang gesetzt, ihr Verstand war plötzlich glasklar, so klar, dass sie sich dessen bewusst wurde, was das Monster vorhatte. Und im gleichen Moment bekam sie auch die geflüsterte Bestätigung. »Jetzt wird
Das Skript
verfilmt.«
Das Monster wollte filmen, wie es sie tötete.
37
Entgegen Erdmanns Annahme schloss die Tür nicht mehr ganz. Sie stand einen Spalt offen, die Unterkante war auf dem Boden festgeklemmt. Zwei der SEK -Männer mussten sie anheben, um sie halbwegs geräuschlos öffnen zu können.
Im Inneren herrschte durch die verbarrikadierten Fenster Dunkelheit, die nur durch das Licht, das durch die Spalten in den Brettern hereinfiel, durchbrochen wurde. Erdmann ging als Erster hinein und blieb nach wenigen Schritten einen Moment stehen, damit seine Augen sich an das spärliche Licht gewöhnen konnten. Hinter ihm knirschten die Schritte der schnell nachrückenden SEK -Leute auf dem dreckigen Boden.
Sie befanden sich in einer Art Diele, die in einen größeren Raum mündete. Auf der linken Seite führte eine Treppe nach unten. Hier und da standen alte, teilweise zertrümmerte Möbelstücke herum. Alles war überzogen mit einer dicken Staubschicht. In den dünnen, brettförmigen Lichtstreifen, die von den Spalten aus in den Raum ragten, tanzten aufgewirbelte Staubpartikel einen wilden Reigen.
Ein SEK -Beamter ging an Erdmann vorbei und übernahm die Führung, zwei weitere gingen hinterher, bevor Matthiessen neben ihm auftauchte. Gemeinsam folgten sie den Männern ein Stück in den großen Raum, der vielleicht mal ein Wohnzimmer gewesen war und von dem drei Türen abgingen. Der vordere der SEK -Beamten blieb stehen und verständigte sich mit den anderen per Handzeichen. Sie teilten sich auf die drei Durchgänge auf und verließen nacheinander den Raum. Matthiessen tippte Erdmann gegen den Oberarm und deutete hinter sich. Erdmann konnte sich denken, was sie meinte. Den Keller. Er ging mit Matthiessen zurück. Vor ihnen stiegen zwei der SEK -Männer vorsichtig die Treppe hinab, und sie folgten ihnen.
Die Treppe mündete in einen Gang, zu dem kein Licht mehr vordrang. Die Männer schalteten Stablampen ein, die so weit heruntergedimmt waren, dass man gerade eben die nähere Umgebung erkennen konnte. Der Gang
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