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Das spanische Medaillon

Das spanische Medaillon

Titel: Das spanische Medaillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolf
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einem Spaziergang zurückgekehrt und zu unserer kleinen Gruppe gestoßen war – den Ort, an dem für gewöhnlich die häuslichen Schlachtungen stattfanden. Er war bass erstaunt, den Raum, der seit Tagen unbenutzt war, so vorzufinden, als habe man gestern ein Schwein abgestochen. Ein Eimer voller Blut stand am Boden.
    »Dann ist das hier also ...«
    Das Protokoll war unterzeichnet und den Beamten ausgehändigt worden. Nun saßen sie noch bei einer kleinen Mahlzeit in der Gesindeküche. Ich bat Jérôme, in Anbetracht der neuen Lage, die Polizei bei Tisch zu stören. Just in dem Augenblick, als er und der erstaunte Schlechtendal im Türrahmen des Schlachtraums erschienen, verkündete Heim das exakte Ergebnis seiner Messungen:
    »Zwei Komma sieben Liter Blut! Da kein Schlachttag war, folgere ich, dass es sich um blaues Blut handelt ... Von den Beilen hier war es keines; die haben alle Scharten und dazu ist der Schnitt zu sauber.«
    Schlechtendal fasste sich erstaunlich schnell und verfügte eine Ergänzung des Berichtes in puncto historia inspectionis und corpus delicti , was ein vorderhand letztes Stichwort für mich war:
    »Was die renuntiatio betrifft, mein Herr – unter testis fehlt als Zeuge Nummer 7 der Fährmann Gomms, der zumindest die Gelegenheit gehabt hätte, den Reiter von vorn zu sehen. Unwahrscheinlich zwar, aber doch möglich?«

6
    Die polizeiliche Befragung des Johann Roderich Gomms in seinem Häuschen über dem halb zugefrorenen Havelstrom fand in meinem und Jérômes Beisein statt. Von Schlechtendal hatte es ohne Umstände so bestimmt, denn er schien sich mehr auf mich als auf seine Leute oder gar sein eigenes Gespür zu verlassen, das schon bei der Frage des eigentlichen Tatorts so plump ins Leere gelaufen war.
    Der leicht untersetzte, dabei aber sehr muskulöse Fährmann war noch immer nicht ganz nüchtern, wie man an seiner verschleierten Miene und der täppischen Beklommenheit sehen konnte, mit der er sich bewegte. In der trügerischen Hoffnung auf reichliches Fährgeld bei einer so stattlichen Reisegruppe wie der unsrigen rieb er sich erfreut und etwas schief die Hände, hielt sich dann vor Schmerz den Kopf und konnte es endlich trotz eifrigen Bemühens nicht dahin bringen, sich sitzend die Fellschuhe über die dick umstrickten Füße zu stülpen. Die schmale Holzbank vor der Hütte drohte bei seinen verzweifelten Versuchen umzukippen. Seine Frau, eine großformatige Blondine mit holländischen Holzpantinen, nahm im Hintergrund derweil steif gefrorene Wäschestücke von einer bereiften Leine. Breit und weiß strahlte im jetzt durchbrechenden Sonnenlicht die Havel. Der sich an den Ufern haltende Bodennebel ging nahtlos in das Eis über, das schon gut zwanzig Meter weit trug zu beiden Seiten. In der Fahrrinne trieben Eisschollen.
    »Ist keine leiche Sache, keine leichte ... Muss man höllisch, höllisch ... Pro Nase zehn Kreuzer! Die Herrschaften, meine Dame! Verehrteste!«
    »Werd endlich nüchtern, du! Das sind feine Herrschaften und du bist ein versoffener Stockfisch!«, zischte seine Frau im Vorübergehen.
    Sie zog ihm eins mit dem Wäscheklammerbeutel über, was uns allen überaus spaßhaft anmutete.
    »Bitte bemühen Sie sich nicht!«, beendete der angehende Kriminaldirektor das eines stattlichen Mannes so unwürdige Schauspiel. »Wir sind nur hier, um Ihnen ein paar Fragen zu stellen!«
    Er hielt dem Verdutzten ein Schriftstück vor die Nase.
    »Das ist das Protokoll, welches wir eben in Deetz auf dem Gut der von Kapells aufnahmen. Sie werden darin erwähnt. Bitte antworten Sie uns ohne Umschweife: Was haben Sie am gestrigen Abend getan?«
    »Gesoffen hat er! Zusammen mit seinem Busenfreund, dem Hillse.«
    Ihre Brust wölbte sich bedrohlich, während ihr Gatte einknickte wie ein erfrorener Halm und sich die braune Mütze vom Kopf riss. Sein grau meliertes Haar lichtete sich bereits, was ihm aber ganz gut stand.
    »Ein bisschen was getrunken, sicher. Im Krug. Nach einem harten Tag, wer will einem das verdenken?«, fragte er.
    Er bat förmlich, ihn zu unterstützen. Da wir aber nicht gekommen waren, Partei in einem Ehestreit zu ergreifen, konnten und wollten wir ihm diesen Gefallen nicht tun.
    »Wann kamen Sie aus der Schänke?«, fragte von Schlechtendal und setzte hinzu: »Allein?«
    Es waren zwei Fragen und Gomms, dieser von Schädelweh wie von Bienen gepeinigte Bär, hatte Mühe, sie gemeinsam zu beantworten: »Es muss, wir waren, der Hillse, ich auch ... gegen vielleicht – zu zweien

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