Das Sterneninferno
Halterungen gelöst und die Verkabelung freigelegt, und anscheinend hatte sie die Leitungen gefunden, die das Terminal mit dem Zentralcomputer verbunden hatten. Henderson stand daneben und reichte hin und wieder eines der elektronischen Werkzeuge an. »Haben Sie das Terminal abkoppeln können?« fragte Charity überrascht. »Ja.« Dubois tippte auf den Bildschirm, der inmitten des freiliegenden Kabelgewirrs hing. »Es funktioniert wieder.« »Nur Fahrkarten können wir keine mehr kaufen«, murmelte Skudder. »Witzbold«, versetzte Charity. »Das bedeutet, daß alle Systeme vom Zentralcomputer aus blockiert worden sind, ganz egal, ob Terminals, Schleusenkontrollen, Zugangstüren oder Sicherheitsschotts.« »Unsere Freunde sind also in der Zentrale«, folgerte Harris. »Oder sind zumindest dort gewesen«, stimmte Charity zu. »Ich frage mich, ob Stone den Moroni diese detaillierten Kenntnisse über die MacDonald-Systeme verschafft hat, in der guten alten Zeit, als er noch exklusiv für sie gearbeitet hat.« Sie registriert beiläufig den Blick, den sich Harris und Dubois zuwarfen. »Achtung«, sagte Estevez in die Pause hinein. »Was ist?« Die Frau runzelte die Stirn. Ihre behandschuhten Finger stellten schwerfällig einen Regler nach. »Ich höre etwas«, sagte sie. »Na endlich«, meinte Skudder erleichtert. »Moment noch.« Sie hob die Hand, starrte durch die Glasscheibe, während sie einen anderen Drehknopf an der Kinnseite ihres Helms benutzte. »Es kommt nicht aus der Röhre«, sagte sie dann. Charity löste ihre Waffe aus der Befestigung hinter der rechten Schulter. Die anderen taten es ihr nach. Je zwei von ihnen blickten in verschiedene Zugangsflure zum Bahnsteig. »Nichts«, sagte Harris von der einen Tür her. Charity stand neben Skudder und versuchte verzweifelt, ein klares Bild zu bekommen. Das Kabel hatte in der Schleusenkammer etwas abbekommen, und ihre Zielanzeige flackerte von Zeit zu Zeit. Sie konnte nur hoffen, daß der Wackelkontakt nicht gerade in den entscheidenden Sekunden auftrat. »Ich sehe nichts«, sagte Skudder nach einer Weile. Er zögerte. Die Biegung war nur sechs Meter von ihnen entfernt, und sie konnten den nachfolgenden Abschnitt nicht einsehen. »Was ist los?« fragte sie. »Ich bin mir nicht sicher«, sagte er. »Ich werfe einen Blick um die Ecke. Gib mir Deckung.« Er warf ihr einen Blick zu und tippte mit dem Zeigefinger auf ihre lädierte Waffe. »Aber paß auf, wohin du zielst.« Er war schon losgegangen, bevor sie einen Einwand erheben konnte. Während er sich der Biegung näherte, schaltete sie versuchsweise ihre Mikrofonanlage um. Seine Schritte dröhnten in ihren Ohren, unterlegt von ihrem eigenen Herzschlag und Atem und dem sirrenden Geräusch von insgesamt fünf Tornisterpumpen, die auf dem Bahnsteig verteilt waren. Es war ihr rätselhaft, wie Estevez trotz aller Filter in diesem Wirrwarr etwas zu erkennen glaubte. Skudder erreichte die Biegung. Er ging in die Hocke und nahm die Waffe eng an den Körper, bevor er regungslos verharrte. Sie fragte sich schon, worauf er wartete, als er plötzlich blitzartig nach vorn schnellte. Die Waffe im Anschlag, sah er in den Gang hinein. Sie erkannte noch, daß sich sein Körper etwas entspannte, dann ging alles sehr schnell. Ein dicker Strahl einer weißlichen Flüssigkeit traf ihn und verklebte seinen Helm. Instinktiv hatte er die Waffe hochgerissen, aber sie entglitt seinen verklebten Fingern. Das Kabel zu seinem Helm spannte sich und riß mit einem hellen Glockenton. Die zähe Masse schäumte auf, sobald sie den Druckanzug berührte, und bildete dampfende Pfützen auf dem Boden. »NEEEIHNNN«, schrie sie und rannte los. Ein dunkler, schwarzer Schatten glitt um die Biegung, und sie hatte einen flüchtigen Eindruck von schlängelnden, zupackenden Armen und einem dicken, wulstigen Körper. Skudder konnte sich losreißen und taumelte in ihre Richtung, wischte mit den Handschuhen hilflos über die geblendete Sichtscheibe seines Helms. Ein schwarzer Arm traf seine rechte Wade, und das Bein knickte unter ihm zusammen. Charity blieb stehen und brachte die Waffe in Anschlag. Ihre Zielanzeige flackerte kurz in allen Farben und weigerte sich dann, von ihrem Gegner Kenntnis zu nehmen. Mit einem erstickten Fluch löste sie eine Hochgeschwindigkeitssalve von kleinen Wuchtgeschossen aus. Die Projektile rissen große Flocken von Schaum aus der weißen, quellenden Masse, und sie sah noch, wie einer der tentakelartigen Arme
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