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0196 - Die Mörderklaue

0196 - Die Mörderklaue

Titel: 0196 - Die Mörderklaue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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»Mummy, muß ich jetzt sterben?« fragte die blonde Iris und schaute ihre Mutter verzweifelt an.
    Marga Dexter schüttelte den Kopf, obwohl sie das Gegenteil dachte, aber das konnte sie vor ihrer Tochter nicht zugeben. »Nein, mein Darling, du wirst nicht sterben. Du bist erst sechzehn Jahre. Da stirbt man nicht.«
    Iris schaute ihre Mutter lange an. Beide Gesichter tauchte das Licht der Lampe in einen warmen Schein. Marga hockte auf der Bettkante und hatte die Hände zu Fäusten geballt. In ihrer Kehle saß ein dicker Kloß. In den letzten Tagen war ihre Tochter immer mehr verfallen, jetzt war sie nur noch ein Schatten ihrer selbst. Alles deutete darauf hin, daß der Tod bereits seine knöchernen Klauen nach dem jungen Mädchen ausgestreckt hatte.
    »Warum lügst du, Mutter?«
    »Wieso?« Fast barsch klang das Wort aus dem Munde der Frau.
    »Weil ich sterben muß. Ich spüre es nämlich. Ich merke, wie das Leben aus meinem Körper strömt, wie es von einer fremden Kraft aufgesaugt wird, wie der Tod immer näher kommt. Immer wenn ich die Augen schließe, dann sehe ich ihn. Eine schreckliche Gestalt mit riesigen grünen Händen. Ja, Mutter, der Tod hat grüne Klauen. Und sie kommen näher. Ich sehe die spitzen Nägel, sie wirken wie Messer. Er wird mich packen und in sein kaltes Reich ziehen.«
    »Bitte, rede nicht so!« stöhnte Marga. »Das darfst du nicht sagen, Iris.«
    »Er wird dir schon helfen.«
    »Nein, er kann mir auch nicht helfen. Der andere ist stärker, viel stärker.«
    Nach diesen Worten schwieg das Mädchen und rutschte noch ein Stück tiefer, so daß es fast völlig in dem dicken Kopfkissen verschwand. Nur noch das blasse Gesicht war zu sehen. Ein Gesicht mit großen, dunklen Augen, in denen sich das Jenseits widerspiegelte, denn Iris hatte bereits einen Blick in die andere Welt geworfen. Sie war schon fast gestorben, doch im letzten Moment hatte sich ihr junger Körper gegen den Tod aufgebäumt.
    Die Krankheit war unheilbar, grauenhaft und wie ein gefährliches, schleichendes Gift.
    Es wurde still im Raum. Nur das Ticken der alten Uhr war noch zu hören.
    Sie stand auf einem kleinen Regal. Die Uhr hatte der Vater des Mädchens hinterlassen, als er vor einem Jahr gestorben war. Ein Wagen hatte ihn überfahren.
    Diese Uhr war das letzte Andenken.
    Marga Dexter senkte den Blick. Sie sah, wie rissig und spröde die Lippen des Mädchens waren. Fieber hatte sie so aufgerissen. Starkes Fieber, das zumindest zweimal am Tag kam. Wie angeflogen war es da und schüttelte die Sechzehnjährige durch. Nach jedem Anfall wurde es schlimmer. Es dauerte immer länger, bis sich Iris davon erholt hatte. An diesem Abend hätte sie es fast nicht mehr geschafft. Auch jetzt war ihr Atem kaum zu spüren. Nur schwach drang er über die Lippen des jungen Mädchens.
    Marga hob ihren Arm und strich mit dem Handrücken über die Stirn des Mädchens.
    Da lächelte Iris. »Versprichst du mir eines, Mummy?«
    »Wenn ich kann…«
    »Ja, du kannst. Du mußt mich auf dem alten Friedhof in Glora begraben, ja?«
    »Nein, rede nicht so!«
    »Aber ich sterbe doch, Mummy.« Sie lächelte wieder und faßte nach der Hand ihrer Mutter. Iris’ Finger waren kalt, und Marga erschrak bis ins Mark.
    So kündigte sich der Tod an. Es begann immer an den Fingern oder Zehen, ein sicheres Zeichen. Diese wurden zuerst kalt, und Marga kostete es eine ungeheure Überwindung, nicht aufzuspringen und wegzulaufen. Sie mußte sitzenbleiben, denn sie durfte ihre Tochter jetzt nicht allein lassen.
    »Du hast meine Frage noch nicht beantwortet, Mummy«, flüsterte das Mädchen.
    Marga nickte. Sprechen konnte sie nicht. Ihre Kehle war wie zugeschnürt.
    »Ich danke dir, Mummy, daß du so etwas für mich tun willst. Wirklich, ich bin dir sehr dankbar, denn in Glora hat es mir immer sehr gut gefallen, weißt du?«
    »Ja, du warst ja oft genug dort.«
    »Das stimmt.« In der Erinnerung daran lächelte das Mädchen. »Ich war auch auf dem Friedhof, wo die herrlichen Blumen stehen, Mummy. Das sind Blumen, die nie verwelken. Sie blühen das gesamte Jahr über, sagt man. Ich selbst habe es noch nicht gesehen, aber die Leute, die wissen es. Sie nennen sie auch Teufelsblumen, denn in Wirklichkeit sind es keine Blumen, sondern Hände. Die Hände der Mörder und Seeleute, alle abgeschlagen. Der Teufel hat sie genommen, Mummy. Und er dirigiert sie. Er beschützt sie, denn die Hände lassen sich nichts gefallen. Sie kommen zu jedem, den sie haben wollen. Glaubst

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