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Das stumme Lied

Titel: Das stumme Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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denn er begann zu lächeln, während er seinen Rückzug verlangsamte. Jeden Augenblick würde er wieder auf sie zugehen. Aber er war bereits zu weit gegangen. Bei seinem nächsten langsamen Schritt zurück bewegte sich ein morsches Brett unter ihm und er kam am Klippenrand ins Schwanken. Wie ein Signallotse ruderte er mit den Armen, einen panischen Blick in seinem Gesicht, und beinahe hätte ihm Sue helfend die Hand gereicht. Beinahe. Als er sein Gleichgewicht zurückerlangte, sah sie wieder dieses andere Gesicht, dasjenige, das seine menschliche Maske kaum verbergen konnte. Sie machte einen Schritt vorwärts und trat heftig nach ihm. Ihr Fuß traf ihn an der Leiste und er taumelte mit einem Schrei rückwärts zum Klippenrand.
      Der Zaun war niedrig dort, nur ungefähr dreißig Zentimeter über dem Boden, und der Pfosten stand schief und zeigte hinaus aufs Meer. Während er nach hinten fiel, blieb er mit seiner Kleidung am verrosteten Stacheldraht hängen und schaffte es sich umzudrehen. Er hing halb über dem Klippenrand, doch seine Hände bekamen dicke Grasbüschel zu fassen. Je mehr er kämpfte, desto mehr schien ihn der Draht einzuwickeln, und als sie näher kam, konnte Sue Blut durch seine Kleidung sickern sehen. Er stöhnte und griff nach den Grasbüscheln, während er versuchte, nicht langsam über den Rand zu rutschen. Sue kniete nieder und schlug mit dem Briefbeschwerer auf seine Hände. Der Zaunpfosten zuckte wie eine eintauchende Angelrute, als er brüllte und sich wehrte. Jetzt griff er nach dem Stacheldraht, nach allem, was er mit seinen zerquetschten, aufgerissenen und blutigen Händen packen konnte. Nur sein Kopf und seine Schultern ragten noch über die Kante. Der Draht hatte einen Ärmel von seiner Jacke gerissen, die Stacheln steckten in der Haut darunter. Der Pfosten hatte sich fast aus dem Boden gelöst und zeigte hinaus aufs Meer, und je heftiger Eastcote sich hochzuziehen versuchte, desto weiter rutschte er hinab.
      Schließlich fand er Halt in der Klippenwand direkt unterhalb der Kante, doch seine Hände waren so übel zugerichtet, dass er sich nur mit seinen Füßen hochdrücken und mit den Armen wild um sich schlagen konnte. Der Stacheldraht schnürte ihn an die Kante, doch seine Füße drückten ihn weg. Sue stand auf, holte mit dem Briefbeschwerer aus und schlug ihn auf die Seite seines Kopfes. Der Stoß fuhr ihr den gesamten Arm hinauf. Blut füllte seine Augen. Sie holte erneut aus und traf ihn dieses Mal über dem Ohr. Er schrie und legte eine Hand auf die Wunde. Der Pfosten brach aus der flachen Verankerung, schoss über die Klippe und riss ihn mit sich. Sue kniete sich direkt an die Kante und sah, dass er sich wie ein Tier in der Falle im Draht umherwand, bevor er aus der Umklammerung gerissen wurde und in die Tiefe stürzte.
      Weit unten am Fuß der Klippe klatschte und schäumte das Meer gegen die Felsen und der Körper schlug mit wirbelnden Armen und Beinen auf. Der Knall war lauter als die brechenden Wellen. Sue konnte ihn dort unten sehen, verrenkt und gekrümmt lag er auf den schroffen Felsen und die schäumenden Wellen leckten an ihm wie die Zungen eines Wahnsinnigen.
      Es war getan. Sue schaute zurück zur entfernten Kirche und dachte an die normale, alltägliche Welt darunter in der Stadt. Was sollte sie jetzt tun, wo es vorbei war? Sollte sie ihm folgen? Es wäre so einfach, sich zu entspannen und über den Klippenrand in die Vergessenheit zu gleiten.
      Aber nein. Selbstmord war kein Teil ihres Schicksals. Ihr Leben hatte auf dem Spiel gestanden, sie hatte es riskiert, doch ihr Tod gehörte bei ihrem Sieg nicht zum Geschäft. Sie musste ihr Schicksal akzeptieren, wie auch immer es aussehen mochte: ein Leben mit der Schuld, falls sie diese fühlte, oder die Bestrafung für ihre Verbrechen, wenn sie gefasst wurde. Doch in den Selbstmord würde sie nicht flüchten. Sie hatte sich von ihrer Last befreit, nun konnte kommen, was wollte.
      Sie hatte keine Ahnung, ob die Polizei kurz davor war, ihre Identität zu entdecken. Vielleicht warteten die Beamten bereits bei Mrs Cummings, um sie zu verhaften. Und dann gab es noch Keith McLaren, der weiterhin im Koma lag. Was wäre, wenn er aufwachte und sich an alles erinnerte? Andererseits könnte sein Gehirn geschädigt sein oder er könnte sein Gedächtnis verloren haben. Falls das der Fall war, wäre es dann möglich, dass er eines Tages die Fragmente seiner Erinnerung allein zusammensetzen und, sollte er Erfolg damit

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